Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. die neuen Untersuchungen und Resultate, sondern noch viel mehrdie neue Methode, die Ernährungsfragen vorwiegend quanti- tativ zu behandeln; dem entsprechend war natürlich schon die Fragestellung eine bestimmtere und da seine Vegetationsversuche mit souverainer Meisterschaft durchgeführt waren, so wurden die bestimmt gestellten Fragen auch bestimmt beantwortet. Saus- sure wußte seine Versuche so einzuleiten, daß das Resultat noth- wendig deutlich werden mußte; er hatte nicht nöthig, dasselbe aus kleinlichen, sogenannten Genauigkeiten, durch welche unge- schickte Experimentatoren ihre Unsicherheit vertuschen, mühsam herauszurechnen. Diese Geradheit und kurz angebundene Art, mit durchschlagender Sicherheit quantitative Resultate zu Tage zu fördern, die Consequenz und durchsichtige Klarheit des Ge- dankenganges sind es vorwiegend, die uns bei der Lectüre dieses Werkes, sowie auch bei Saussure's späteren Schriften, ein Gefühl von Vertrauen und Sicherheit einflößen, wie kaum ein anderes Werk seit Hales bis auf die neueste Zeit. Mit den statical essays von Hales haben die recherches chimiques auch das gemein, daß die thatsächlichen Angaben darin noch später hundertfältig von Anderen theoretisch ausgebeutet worden sind, während man gerade so wie bei Hales vielfach den theo- retischen Zusammenhang derselben verlor, wie wir zur Genüge im folgenden Abschnitt sehen werden. Es ist nicht Jedermann's Sache ein Werk wie dieses zu lesen und zu verstehen; denn es ist keine didaktisch zusammenhängende Darstellung der Ernähr- ungstheorie, sondern eine Reihe von Versuchsergebnissen, welche seinen Beobachtungen auf dem Mont-Blanc und Col du Geant half. Schon
1797 schrieb er eine Abhandlung über die Bedeutung der Kohlensäure für die Vegetation, als Vorläufer seiner recherches chimiques, die großes Auf- sehen machten und ihm die Ernennung zum corresp. Mitglied des franz. Instituts eintrugen. Er hatte Geschmack für Literatur und nahm an öffent- lichen Angelegenheiten Theil, er war wiederholt Mitglied des Rathes von Genf. Seine Vorliebe für die Einsamkeit soll ihn vom Lehramt fern ge- halten haben. (Vergl. Biogr. universelle, Supplement und Poggendorff's biographisch litter. Handwörterbuch.) Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. die neuen Unterſuchungen und Reſultate, ſondern noch viel mehrdie neue Methode, die Ernährungsfragen vorwiegend quanti- tativ zu behandeln; dem entſprechend war natürlich ſchon die Frageſtellung eine beſtimmtere und da ſeine Vegetationsverſuche mit ſouverainer Meiſterſchaft durchgeführt waren, ſo wurden die beſtimmt geſtellten Fragen auch beſtimmt beantwortet. Sauſ- ſure wußte ſeine Verſuche ſo einzuleiten, daß das Reſultat noth- wendig deutlich werden mußte; er hatte nicht nöthig, dasſelbe aus kleinlichen, ſogenannten Genauigkeiten, durch welche unge- ſchickte Experimentatoren ihre Unſicherheit vertuſchen, mühſam herauszurechnen. Dieſe Geradheit und kurz angebundene Art, mit durchſchlagender Sicherheit quantitative Reſultate zu Tage zu fördern, die Conſequenz und durchſichtige Klarheit des Ge- dankenganges ſind es vorwiegend, die uns bei der Lectüre dieſes Werkes, ſowie auch bei Sauſſure's ſpäteren Schriften, ein Gefühl von Vertrauen und Sicherheit einflößen, wie kaum ein anderes Werk ſeit Hales bis auf die neueſte Zeit. Mit den statical essays von Hales haben die recherches chimiques auch das gemein, daß die thatſächlichen Angaben darin noch ſpäter hundertfältig von Anderen theoretiſch ausgebeutet worden ſind, während man gerade ſo wie bei Hales vielfach den theo- retiſchen Zuſammenhang derſelben verlor, wie wir zur Genüge im folgenden Abſchnitt ſehen werden. Es iſt nicht Jedermann's Sache ein Werk wie dieſes zu leſen und zu verſtehen; denn es iſt keine didaktiſch zuſammenhängende Darſtellung der Ernähr- ungstheorie, ſondern eine Reihe von Verſuchsergebniſſen, welche ſeinen Beobachtungen auf dem Mont-Blanc und Col du Géant half. Schon
1797 ſchrieb er eine Abhandlung über die Bedeutung der Kohlenſäure für die Vegetation, als Vorläufer ſeiner récherches chimiques, die großes Auf- ſehen machten und ihm die Ernennung zum correſp. Mitglied des franz. Inſtituts eintrugen. Er hatte Geſchmack für Literatur und nahm an öffent- lichen Angelegenheiten Theil, er war wiederholt Mitglied des Rathes von Genf. Seine Vorliebe für die Einſamkeit ſoll ihn vom Lehramt fern ge- halten haben. (Vergl. Biogr. universelle, Supplement und Poggendorff's biographiſch litter. Handwörterbuch.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0550" n="538"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.</fw><lb/> die neuen Unterſuchungen und Reſultate, ſondern noch viel mehr<lb/> die neue Methode, die Ernährungsfragen vorwiegend quanti-<lb/> tativ zu behandeln; dem entſprechend war natürlich ſchon die<lb/> Frageſtellung eine beſtimmtere und da ſeine Vegetationsverſuche<lb/> mit ſouverainer Meiſterſchaft durchgeführt waren, ſo wurden die<lb/> beſtimmt geſtellten Fragen auch beſtimmt beantwortet. <hi rendition="#g">Sauſ</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ſure</hi> wußte ſeine Verſuche ſo einzuleiten, daß das Reſultat noth-<lb/> wendig deutlich werden mußte; er hatte nicht nöthig, dasſelbe<lb/> aus kleinlichen, ſogenannten Genauigkeiten, durch welche unge-<lb/> ſchickte Experimentatoren ihre Unſicherheit vertuſchen, mühſam<lb/> herauszurechnen. Dieſe Geradheit und kurz angebundene Art,<lb/> mit durchſchlagender Sicherheit quantitative Reſultate zu Tage<lb/> zu fördern, die Conſequenz und durchſichtige Klarheit des Ge-<lb/> dankenganges ſind es vorwiegend, die uns bei der Lectüre dieſes<lb/> Werkes, ſowie auch bei <hi rendition="#g">Sauſſure</hi>'s ſpäteren Schriften, ein<lb/> Gefühl von Vertrauen und Sicherheit einflößen, wie kaum ein<lb/> anderes Werk ſeit <hi rendition="#g">Hales</hi> bis auf die neueſte Zeit. Mit den<lb/><hi rendition="#aq">statical essays</hi> von <hi rendition="#g">Hales</hi> haben die <hi rendition="#aq">recherches chimiques</hi><lb/> auch das gemein, daß die thatſächlichen Angaben darin noch<lb/> ſpäter hundertfältig von Anderen theoretiſch ausgebeutet worden<lb/> ſind, während man gerade ſo wie bei <hi rendition="#g">Hales</hi> vielfach den theo-<lb/> retiſchen Zuſammenhang derſelben verlor, wie wir zur Genüge<lb/> im folgenden Abſchnitt ſehen werden. Es iſt nicht Jedermann's<lb/> Sache ein Werk wie dieſes zu leſen und zu verſtehen; denn es<lb/> iſt keine didaktiſch zuſammenhängende Darſtellung der Ernähr-<lb/> ungstheorie, ſondern eine Reihe von Verſuchsergebniſſen, welche<lb/><note xml:id="seg2pn_13_2" prev="#seg2pn_13_1" place="foot" n="1)">ſeinen Beobachtungen auf dem Mont-Blanc und Col du Géant half. Schon<lb/> 1797 ſchrieb er eine Abhandlung über die Bedeutung der Kohlenſäure für<lb/> die Vegetation, als Vorläufer ſeiner <hi rendition="#aq">récherches chimiques,</hi> die großes Auf-<lb/> ſehen machten und ihm die Ernennung zum correſp. Mitglied des franz.<lb/> Inſtituts eintrugen. Er hatte Geſchmack für Literatur und nahm an öffent-<lb/> lichen Angelegenheiten Theil, er war wiederholt Mitglied des Rathes von<lb/> Genf. Seine Vorliebe für die Einſamkeit ſoll ihn vom Lehramt fern ge-<lb/> halten haben. (Vergl. <hi rendition="#aq">Biogr. universelle</hi>, Supplement und Poggendorff's<lb/> biographiſch litter. Handwörterbuch.)</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [538/0550]
Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
die neuen Unterſuchungen und Reſultate, ſondern noch viel mehr
die neue Methode, die Ernährungsfragen vorwiegend quanti-
tativ zu behandeln; dem entſprechend war natürlich ſchon die
Frageſtellung eine beſtimmtere und da ſeine Vegetationsverſuche
mit ſouverainer Meiſterſchaft durchgeführt waren, ſo wurden die
beſtimmt geſtellten Fragen auch beſtimmt beantwortet. Sauſ-
ſure wußte ſeine Verſuche ſo einzuleiten, daß das Reſultat noth-
wendig deutlich werden mußte; er hatte nicht nöthig, dasſelbe
aus kleinlichen, ſogenannten Genauigkeiten, durch welche unge-
ſchickte Experimentatoren ihre Unſicherheit vertuſchen, mühſam
herauszurechnen. Dieſe Geradheit und kurz angebundene Art,
mit durchſchlagender Sicherheit quantitative Reſultate zu Tage
zu fördern, die Conſequenz und durchſichtige Klarheit des Ge-
dankenganges ſind es vorwiegend, die uns bei der Lectüre dieſes
Werkes, ſowie auch bei Sauſſure's ſpäteren Schriften, ein
Gefühl von Vertrauen und Sicherheit einflößen, wie kaum ein
anderes Werk ſeit Hales bis auf die neueſte Zeit. Mit den
statical essays von Hales haben die recherches chimiques
auch das gemein, daß die thatſächlichen Angaben darin noch
ſpäter hundertfältig von Anderen theoretiſch ausgebeutet worden
ſind, während man gerade ſo wie bei Hales vielfach den theo-
retiſchen Zuſammenhang derſelben verlor, wie wir zur Genüge
im folgenden Abſchnitt ſehen werden. Es iſt nicht Jedermann's
Sache ein Werk wie dieſes zu leſen und zu verſtehen; denn es
iſt keine didaktiſch zuſammenhängende Darſtellung der Ernähr-
ungstheorie, ſondern eine Reihe von Verſuchsergebniſſen, welche
1)
1) ſeinen Beobachtungen auf dem Mont-Blanc und Col du Géant half. Schon
1797 ſchrieb er eine Abhandlung über die Bedeutung der Kohlenſäure für
die Vegetation, als Vorläufer ſeiner récherches chimiques, die großes Auf-
ſehen machten und ihm die Ernennung zum correſp. Mitglied des franz.
Inſtituts eintrugen. Er hatte Geſchmack für Literatur und nahm an öffent-
lichen Angelegenheiten Theil, er war wiederholt Mitglied des Rathes von
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