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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Begründung der neuen Ernährungslehre etc.
Frage nach der Bedeutung der Salze in der Pflanze behandelt
er sehr ausführlich und für uns ist lehrreich zu sehen, wie er
darüber Anskunft zu geben sucht, ob salpetersaure, schwefelsaure
Salze und Ammoniak, die man im Saft der Pflanzen finde,
von außen in diese eingeführt seien, oder ob sie erst in dieser
selbst aus ihren Bestandtheilen entstehen; schließlich hält er jedoch
ersteres für wahrscheinlich. Daß der Kohlenstoff der Pflanzen,
wenigstens zum allergrößten Theil aus der Atmosphäre abstammt,
konnte nach Ingen-Houß kaum noch zweifelhaft sein; Sene-
bier widmete aber gerade dieser Frage besondere Aufmerksamkeit
und ließ es sich angelegen sein, alle hier mitwirkenden Factoren
in Rechnung zu ziehen, namentlich suchte er von Neuem zu be-
weisen, daß der von der Pflanze am Licht entbundene Sauerstoff
von eingesogener Kohlensäure herrührt, daß nur die grünen und
keine anderen Organe im Stande sind, diese Zersetzung zu be-
wirken, und daß sich in der Natur hinreichende Quantitäten von
Kohlensäure vorfinden, um die Ernährung der Pflanzen zu unter-
halten. Obwohl er sich jedoch überzeugte, daß grüne Blätter
die sie umgebende gasförmige Kohlensäure zersetzen, nahm er an,
daß diese letztere vorwiegend durch die Wurzeln mit dem auf-
steigenden Saft den Blättern zugeführt werde, eine Ansicht, die
bei späteren Schriftstellern vielfach zu weiteren Irrthümern Anlaß
gegeben hat.

Es war nicht nur die ermüdende Weitschweifigkeit, welche
Senebier's Werk zu keiner rechten Anerkennung und Wirkung
kommen ließ, vielmehr trat dem das Erscheinen eines Werkes
entgegen, welches durch seine glänzenden Vorzüge, durch die
enorme Wichtigkeit seines Inhalts, die knappe Sprache und
Durchsichtigkeit des Gedankengangs Senebier's verwässerte
Stilübungen tief in den Schatten stellte. Dieses Werk war
Theodore de Saussure's recherches chimiques sur la vege-
tation
1804. Das Neue an diesem Werk 1) waren nicht bloß

1) Nicolas Theodore de Saussure geb. zu Genf 1767, gest. da-
selbst 1845; er war der Sohn des berühmten Alpenforschers, dem er bei

Begründung der neuen Ernährungslehre etc.
Frage nach der Bedeutung der Salze in der Pflanze behandelt
er ſehr ausführlich und für uns iſt lehrreich zu ſehen, wie er
darüber Anskunft zu geben ſucht, ob ſalpeterſaure, ſchwefelſaure
Salze und Ammoniak, die man im Saft der Pflanzen finde,
von außen in dieſe eingeführt ſeien, oder ob ſie erſt in dieſer
ſelbſt aus ihren Beſtandtheilen entſtehen; ſchließlich hält er jedoch
erſteres für wahrſcheinlich. Daß der Kohlenſtoff der Pflanzen,
wenigſtens zum allergrößten Theil aus der Atmoſphäre abſtammt,
konnte nach Ingen-Houß kaum noch zweifelhaft ſein; Sene-
bier widmete aber gerade dieſer Frage beſondere Aufmerkſamkeit
und ließ es ſich angelegen ſein, alle hier mitwirkenden Factoren
in Rechnung zu ziehen, namentlich ſuchte er von Neuem zu be-
weiſen, daß der von der Pflanze am Licht entbundene Sauerſtoff
von eingeſogener Kohlenſäure herrührt, daß nur die grünen und
keine anderen Organe im Stande ſind, dieſe Zerſetzung zu be-
wirken, und daß ſich in der Natur hinreichende Quantitäten von
Kohlenſäure vorfinden, um die Ernährung der Pflanzen zu unter-
halten. Obwohl er ſich jedoch überzeugte, daß grüne Blätter
die ſie umgebende gasförmige Kohlenſäure zerſetzen, nahm er an,
daß dieſe letztere vorwiegend durch die Wurzeln mit dem auf-
ſteigenden Saft den Blättern zugeführt werde, eine Anſicht, die
bei ſpäteren Schriftſtellern vielfach zu weiteren Irrthümern Anlaß
gegeben hat.

Es war nicht nur die ermüdende Weitſchweifigkeit, welche
Senebier's Werk zu keiner rechten Anerkennung und Wirkung
kommen ließ, vielmehr trat dem das Erſcheinen eines Werkes
entgegen, welches durch ſeine glänzenden Vorzüge, durch die
enorme Wichtigkeit ſeines Inhalts, die knappe Sprache und
Durchſichtigkeit des Gedankengangs Senebier's verwäſſerte
Stilübungen tief in den Schatten ſtellte. Dieſes Werk war
Théodore de Sauſſure's recherches chimiques sur la végé-
tation
1804. Das Neue an dieſem Werk 1) waren nicht bloß

1) Nicolas Theodore de Sauſſure geb. zu Genf 1767, geſt. da-
ſelbſt 1845; er war der Sohn des berühmten Alpenforſchers, dem er bei
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[537/0549] Begründung der neuen Ernährungslehre etc. Frage nach der Bedeutung der Salze in der Pflanze behandelt er ſehr ausführlich und für uns iſt lehrreich zu ſehen, wie er darüber Anskunft zu geben ſucht, ob ſalpeterſaure, ſchwefelſaure Salze und Ammoniak, die man im Saft der Pflanzen finde, von außen in dieſe eingeführt ſeien, oder ob ſie erſt in dieſer ſelbſt aus ihren Beſtandtheilen entſtehen; ſchließlich hält er jedoch erſteres für wahrſcheinlich. Daß der Kohlenſtoff der Pflanzen, wenigſtens zum allergrößten Theil aus der Atmoſphäre abſtammt, konnte nach Ingen-Houß kaum noch zweifelhaft ſein; Sene- bier widmete aber gerade dieſer Frage beſondere Aufmerkſamkeit und ließ es ſich angelegen ſein, alle hier mitwirkenden Factoren in Rechnung zu ziehen, namentlich ſuchte er von Neuem zu be- weiſen, daß der von der Pflanze am Licht entbundene Sauerſtoff von eingeſogener Kohlenſäure herrührt, daß nur die grünen und keine anderen Organe im Stande ſind, dieſe Zerſetzung zu be- wirken, und daß ſich in der Natur hinreichende Quantitäten von Kohlenſäure vorfinden, um die Ernährung der Pflanzen zu unter- halten. Obwohl er ſich jedoch überzeugte, daß grüne Blätter die ſie umgebende gasförmige Kohlenſäure zerſetzen, nahm er an, daß dieſe letztere vorwiegend durch die Wurzeln mit dem auf- ſteigenden Saft den Blättern zugeführt werde, eine Anſicht, die bei ſpäteren Schriftſtellern vielfach zu weiteren Irrthümern Anlaß gegeben hat. Es war nicht nur die ermüdende Weitſchweifigkeit, welche Senebier's Werk zu keiner rechten Anerkennung und Wirkung kommen ließ, vielmehr trat dem das Erſcheinen eines Werkes entgegen, welches durch ſeine glänzenden Vorzüge, durch die enorme Wichtigkeit ſeines Inhalts, die knappe Sprache und Durchſichtigkeit des Gedankengangs Senebier's verwäſſerte Stilübungen tief in den Schatten ſtellte. Dieſes Werk war Théodore de Sauſſure's recherches chimiques sur la végé- tation 1804. Das Neue an dieſem Werk 1) waren nicht bloß 1) Nicolas Theodore de Sauſſure geb. zu Genf 1767, geſt. da- ſelbſt 1845; er war der Sohn des berühmten Alpenforſchers, dem er bei

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/549>, abgerufen am 22.11.2024.