schied; zahlreiche weitere Beobachtungen lehrten ihn, daß dieß nur unter dem Einfluß des Sonnenlichts geschieht; von der vegetabilischen Natur dieser Substanz, welche später als Priest- ley'sche Materie bezeichnet und aus Algen bestehend erkannt wurde, hatte Priestley selbst indessen keine Ahnung.
In demselben Jahr (1779) erschien auch die erste ausführ- lichere Arbeit von Ingen-Houß1) über denselben Gegenstand Experiments upon vegetables, discovering their great power of purifying the common air in the sunshine and of injouring it in the shade and at night, die sogleich in's Deutsche, Holländische und Französische übersetzt wurde. Schon der Titel zeigt, daß der Verfasser mehr und richtiger beobachtet hatte, als Priestley. Der innere Zusammenhang der That- sachen aber wurde ihm erst später verständlich, nachdem La- voisier seine neue antiphlogistische Theorie entwickelt hatte. In seiner 1796 erschienenen, 1798 auch deutsch (von Fischer) herausgegebenen, von A. v. Humboldt eingeleiteten Schrift: "Ueber die Ernährung der Pflanzen und Fruchtbarkeit des Bodens" sagt Ingen-Houß selbst, als er 1779 seine Entdeckungen ge- macht habe, sei das neue System der Chemie noch nicht öffent- lich vorgetragen, und unbekannt mit dessen Vorzügen, sei er nicht im Stande gewesen, aus den Thatsachen die wahre Theorie ab- zuleiten; seitdem man jedoch die Analyse des Wassers und der Luft kenne, sei es weit leichter geworden, die Vegetationser- scheinungen zu erklären. Um aber seine Priorität festzustellen, hebt er (p. 56) hervor, er sei glücklich genug gewesen, die wahre Ursache zu entdecken, warum Pflanzen die umgebende Luft zu einer Zeit schlechter machen, eine Ursache, welche von Priestley und Scheele auch nicht einmal geahnt wurde. Er habe im Sommer 1779 entdeckt, daß alle Vegetabilien unaufhörlich kohlen- saures Gas ausgeben, daß aber die grünen Blätter und Schöß-
1)Jan Ingen-Houß war Arzt in Breda, dann in London, Kais. österr. Leibarzt; geb. zu Breda in Holland 1730, gest. zu Boward bei London 1799.
Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
ſchied; zahlreiche weitere Beobachtungen lehrten ihn, daß dieß nur unter dem Einfluß des Sonnenlichts geſchieht; von der vegetabiliſchen Natur dieſer Subſtanz, welche ſpäter als Prieſt- ley'ſche Materie bezeichnet und aus Algen beſtehend erkannt wurde, hatte Prieſtley ſelbſt indeſſen keine Ahnung.
In demſelben Jahr (1779) erſchien auch die erſte ausführ- lichere Arbeit von Ingen-Houß1) über denſelben Gegenſtand Experiments upon vegetables, discovering their great power of purifying the common air in the sunshine and of injouring it in the shade and at night, die ſogleich in's Deutſche, Holländiſche und Franzöſiſche überſetzt wurde. Schon der Titel zeigt, daß der Verfaſſer mehr und richtiger beobachtet hatte, als Prieſtley. Der innere Zuſammenhang der That- ſachen aber wurde ihm erſt ſpäter verſtändlich, nachdem La- voiſier ſeine neue antiphlogiſtiſche Theorie entwickelt hatte. In ſeiner 1796 erſchienenen, 1798 auch deutſch (von Fiſcher) herausgegebenen, von A. v. Humboldt eingeleiteten Schrift: „Ueber die Ernährung der Pflanzen und Fruchtbarkeit des Bodens“ ſagt Ingen-Houß ſelbſt, als er 1779 ſeine Entdeckungen ge- macht habe, ſei das neue Syſtem der Chemie noch nicht öffent- lich vorgetragen, und unbekannt mit deſſen Vorzügen, ſei er nicht im Stande geweſen, aus den Thatſachen die wahre Theorie ab- zuleiten; ſeitdem man jedoch die Analyſe des Waſſers und der Luft kenne, ſei es weit leichter geworden, die Vegetationser- ſcheinungen zu erklären. Um aber ſeine Priorität feſtzuſtellen, hebt er (p. 56) hervor, er ſei glücklich genug geweſen, die wahre Urſache zu entdecken, warum Pflanzen die umgebende Luft zu einer Zeit ſchlechter machen, eine Urſache, welche von Prieſtley und Scheele auch nicht einmal geahnt wurde. Er habe im Sommer 1779 entdeckt, daß alle Vegetabilien unaufhörlich kohlen- ſaures Gas ausgeben, daß aber die grünen Blätter und Schöß-
1)Jan Ingen-Houß war Arzt in Breda, dann in London, Kaiſ. öſterr. Leibarzt; geb. zu Breda in Holland 1730, geſt. zu Boward bei London 1799.
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Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
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ley'ſche Materie bezeichnet und aus Algen beſtehend erkannt
wurde, hatte Prieſtley ſelbſt indeſſen keine Ahnung.
In demſelben Jahr (1779) erſchien auch die erſte ausführ-
lichere Arbeit von Ingen-Houß 1) über denſelben Gegenſtand
Experiments upon vegetables, discovering their great
power of purifying the common air in the sunshine and
of injouring it in the shade and at night, die ſogleich in's
Deutſche, Holländiſche und Franzöſiſche überſetzt wurde. Schon
der Titel zeigt, daß der Verfaſſer mehr und richtiger beobachtet
hatte, als Prieſtley. Der innere Zuſammenhang der That-
ſachen aber wurde ihm erſt ſpäter verſtändlich, nachdem La-
voiſier ſeine neue antiphlogiſtiſche Theorie entwickelt hatte.
In ſeiner 1796 erſchienenen, 1798 auch deutſch (von Fiſcher)
herausgegebenen, von A. v. Humboldt eingeleiteten Schrift:
„Ueber die Ernährung der Pflanzen und Fruchtbarkeit des Bodens“
ſagt Ingen-Houß ſelbſt, als er 1779 ſeine Entdeckungen ge-
macht habe, ſei das neue Syſtem der Chemie noch nicht öffent-
lich vorgetragen, und unbekannt mit deſſen Vorzügen, ſei er nicht
im Stande geweſen, aus den Thatſachen die wahre Theorie ab-
zuleiten; ſeitdem man jedoch die Analyſe des Waſſers und der
Luft kenne, ſei es weit leichter geworden, die Vegetationser-
ſcheinungen zu erklären. Um aber ſeine Priorität feſtzuſtellen,
hebt er (p. 56) hervor, er ſei glücklich genug geweſen, die wahre
Urſache zu entdecken, warum Pflanzen die umgebende Luft zu
einer Zeit ſchlechter machen, eine Urſache, welche von Prieſtley
und Scheele auch nicht einmal geahnt wurde. Er habe im
Sommer 1779 entdeckt, daß alle Vegetabilien unaufhörlich kohlen-
ſaures Gas ausgeben, daß aber die grünen Blätter und Schöß-
1) Jan Ingen-Houß war Arzt in Breda, dann in London, Kaiſ.
öſterr. Leibarzt; geb. zu Breda in Holland 1730, geſt. zu Boward bei
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/546>, abgerufen am 25.11.2024.
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