schrieb, waren viel mehr werth, als Bonnet's ganzes Buch über den Nutzen der Blätter; jener hatte aus einfachen Ueber- legungen und Analogieschlüssen den wahren Nutzen der Blätter wirklich erkannt, Bonnet aus zahlreichen sinnlosen Experimenten ihnen eine ganz andere Function als die richtige zugeschrieben.
Nicht viel günstiger lautet unser Urtheil über die Ernähr- ungslehre eines um die Pflanzenphysiologie sonst viel verdienten Mannes, auf dessen wirkliche Verdienste wir im letzten Capitel noch zurückkommen werden. Zwar war auch Du Hamel1), um den es sich hier handelt, kein Naturforscher, der sich mit einem Malpighi, Mariotte oder Hales hätte vergleichen können; jenen Denkern gegenüber war er wesentlich nur Compilator und zwar ein ziemlich kritikloser. Vor Bonnet aber hatte Du Hamel voraus, daß er kein Dilettant war, sondern ein ernster Fachmann, der sich mit der Pflanzenwelt viel beschäftigt hatte und die Ergebnisse seiner physiologischen Studien praktisch zu verwerthen suchte. Seine langjährige Beschäftigung mit der Pflanzenwelt hatte in ihm einen gewissen Instinkt für das Rich- tige bei der Behandlung der Pflanzen ausgebildet und seine Art, zu beobachten und Experimente anzustellen, giebt Zeugniß davon; viele seiner Experimente und Beobachtungen sind noch jetzt lehr- reich; was ihm jedoch fehlte, das war die Combinationsgabe, welche gerade bei pflanzenphysiologischen Untersuchungen aus Beobachtungen und Experimenten erst einen Sinn zu Tage fördern muß, und die Fähigkeit, das principiell Wichtige von Neben- dingen zu unterscheiden. Dieser Meinung war auch sein Biograph Du Petit-Thouars.
Die hier genannten Vorzüge und Fehler vereinigen sich
1)Henry Louis Du Hamel du Monceau geb. 1700 zu Paris, starb 1781. Er war Grundbesitzer im Gatinais und verwerthete seine phy- sikalischen, chemischen, zoologischen und botanischen Studien vorwiegend in einer langen Reihe von Werken, welche der Land- und Forstwirthschaft, dem Seewesen und der Fischerei gewidmet sind. Seit 1728 war er Mitglied der Akademie, nachdem er dieser eine Abhandlung über eine damals herr- schende, von einem Pilz bewirkte Krankheit der Safranpflanzungen vorgelegt hatte (Biogr. univers.).
Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
ſchrieb, waren viel mehr werth, als Bonnet's ganzes Buch über den Nutzen der Blätter; jener hatte aus einfachen Ueber- legungen und Analogieſchlüſſen den wahren Nutzen der Blätter wirklich erkannt, Bonnet aus zahlreichen ſinnloſen Experimenten ihnen eine ganz andere Function als die richtige zugeſchrieben.
Nicht viel günſtiger lautet unſer Urtheil über die Ernähr- ungslehre eines um die Pflanzenphyſiologie ſonſt viel verdienten Mannes, auf deſſen wirkliche Verdienſte wir im letzten Capitel noch zurückkommen werden. Zwar war auch Du Hamel1), um den es ſich hier handelt, kein Naturforſcher, der ſich mit einem Malpighi, Mariotte oder Hales hätte vergleichen können; jenen Denkern gegenüber war er weſentlich nur Compilator und zwar ein ziemlich kritikloſer. Vor Bonnet aber hatte Du Hamel voraus, daß er kein Dilettant war, ſondern ein ernſter Fachmann, der ſich mit der Pflanzenwelt viel beſchäftigt hatte und die Ergebniſſe ſeiner phyſiologiſchen Studien praktiſch zu verwerthen ſuchte. Seine langjährige Beſchäftigung mit der Pflanzenwelt hatte in ihm einen gewiſſen Inſtinkt für das Rich- tige bei der Behandlung der Pflanzen ausgebildet und ſeine Art, zu beobachten und Experimente anzuſtellen, giebt Zeugniß davon; viele ſeiner Experimente und Beobachtungen ſind noch jetzt lehr- reich; was ihm jedoch fehlte, das war die Combinationsgabe, welche gerade bei pflanzenphyſiologiſchen Unterſuchungen aus Beobachtungen und Experimenten erſt einen Sinn zu Tage fördern muß, und die Fähigkeit, das principiell Wichtige von Neben- dingen zu unterſcheiden. Dieſer Meinung war auch ſein Biograph Du Petit-Thouars.
Die hier genannten Vorzüge und Fehler vereinigen ſich
1)Henry Louis Du Hamel du Monceau geb. 1700 zu Paris, ſtarb 1781. Er war Grundbeſitzer im Gatinais und verwerthete ſeine phy- ſikaliſchen, chemiſchen, zoologiſchen und botaniſchen Studien vorwiegend in einer langen Reihe von Werken, welche der Land- und Forſtwirthſchaft, dem Seeweſen und der Fiſcherei gewidmet ſind. Seit 1728 war er Mitglied der Akademie, nachdem er dieſer eine Abhandlung über eine damals herr- ſchende, von einem Pilz bewirkte Krankheit der Safranpflanzungen vorgelegt hatte (Biogr. univers.).
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Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
ſchrieb, waren viel mehr werth, als Bonnet's ganzes Buch
über den Nutzen der Blätter; jener hatte aus einfachen Ueber-
legungen und Analogieſchlüſſen den wahren Nutzen der Blätter
wirklich erkannt, Bonnet aus zahlreichen ſinnloſen Experimenten
ihnen eine ganz andere Function als die richtige zugeſchrieben.
Nicht viel günſtiger lautet unſer Urtheil über die Ernähr-
ungslehre eines um die Pflanzenphyſiologie ſonſt viel verdienten
Mannes, auf deſſen wirkliche Verdienſte wir im letzten Capitel
noch zurückkommen werden. Zwar war auch Du Hamel 1), um
den es ſich hier handelt, kein Naturforſcher, der ſich mit einem
Malpighi, Mariotte oder Hales hätte vergleichen können;
jenen Denkern gegenüber war er weſentlich nur Compilator und
zwar ein ziemlich kritikloſer. Vor Bonnet aber hatte Du
Hamel voraus, daß er kein Dilettant war, ſondern ein ernſter
Fachmann, der ſich mit der Pflanzenwelt viel beſchäftigt hatte
und die Ergebniſſe ſeiner phyſiologiſchen Studien praktiſch zu
verwerthen ſuchte. Seine langjährige Beſchäftigung mit der
Pflanzenwelt hatte in ihm einen gewiſſen Inſtinkt für das Rich-
tige bei der Behandlung der Pflanzen ausgebildet und ſeine Art,
zu beobachten und Experimente anzuſtellen, giebt Zeugniß davon;
viele ſeiner Experimente und Beobachtungen ſind noch jetzt lehr-
reich; was ihm jedoch fehlte, das war die Combinationsgabe,
welche gerade bei pflanzenphyſiologiſchen Unterſuchungen aus
Beobachtungen und Experimenten erſt einen Sinn zu Tage fördern
muß, und die Fähigkeit, das principiell Wichtige von Neben-
dingen zu unterſcheiden. Dieſer Meinung war auch ſein Biograph
Du Petit-Thouars.
Die hier genannten Vorzüge und Fehler vereinigen ſich
1) Henry Louis Du Hamel du Monceau geb. 1700 zu Paris,
ſtarb 1781. Er war Grundbeſitzer im Gatinais und verwerthete ſeine phy-
ſikaliſchen, chemiſchen, zoologiſchen und botaniſchen Studien vorwiegend in
einer langen Reihe von Werken, welche der Land- und Forſtwirthſchaft, dem
Seeweſen und der Fiſcherei gewidmet ſind. Seit 1728 war er Mitglied
der Akademie, nachdem er dieſer eine Abhandlung über eine damals herr-
ſchende, von einem Pilz bewirkte Krankheit der Safranpflanzungen vorgelegt
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/540>, abgerufen am 16.02.2025.
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