Erste inductive Versuche und Eröffnung neuer Gesichtspuncte etc.
mentator; denn an lebenden Körpern lassen sich nicht, wie an Metallen und Gasen Constanten aufsuchen, die man allgemeinen Rechnungsformeln einschalten könnte, und bei deren Aufstellung daher die äußerste Genauigkeit geboten ist; vielmehr handelt es sich bei Messungen an Pflanzen immer um individuelle Einzel- fälle, aus denen durch richtige Deutung die allgemeinen Gesetze der Vegetation zu gewinnen sind.
Um zu zeigen, daß die in der Pflanze thätigen Saug- und Druckkräfte nicht sui generis sind, sondern auch von lebloser Ma- terie geltend gemacht werden, daß hier ein Fall der allgemeinen Anziehung der Materie vorliege, worauf man damals besonders achtete, ließ Hales Wasser auch von feinporigen Körpern auf- saugen, und maß er die Kraft, womit dieß geschieht. Diese Vorgänge aber verglich er mit der Kraft, welche quellende Erbsen auf Widerstände ausüben und so gewann er ein richtigeres Bild der bei der Wasserbewegung in der Pflanze thätigen Kräfte, als die Capillarität von Glasröhren gewährte, die Mariotte und Ray zur Versinnlichung derselben benutzten.
Indem Hales den Werth von Malpighi's Betrachtungen über die Bedeutung der Blätter unterschätzte, und sich durch die Ausgiebigkeit der Wasserverdunstung verführen ließ, dieser eine zu große physiologische Wichtigkeit beizumessen, sah er in den Blättern wesentlich nur Transspirationsorgane, die wie Saugpumpen den Saft aus den Wurzeln durch den Stamm emporziehen. Dem entsprechend läugnete er auch die Existenz eines in der Rinde absteigenden Saftes und nur insofern ließ er eine rückläufige Bewegung zu, als Nachts in Folge der Ab- kühlung der aufsteigende Saft des Holzes sinken könne, wie das Quecksilber in einem Thermometer. Das war der schwache Punct bei Hales.
Eine seiner bedeutendsten Leistungen ist auch in neuerer Zeit überall übersehen worden; wohl deshalb, weil sie von seinen Nachfolgern im 18. Jahrhundert gänzlich vernachlässigt wurde; es ist der von ihm zuerst bewiesene Satz, daß zum Aufbau des Pflanzenkörpers, zur Bildung seiner festen Sub-
Erſte inductive Verſuche und Eröffnung neuer Geſichtspuncte etc.
mentator; denn an lebenden Körpern laſſen ſich nicht, wie an Metallen und Gaſen Conſtanten aufſuchen, die man allgemeinen Rechnungsformeln einſchalten könnte, und bei deren Aufſtellung daher die äußerſte Genauigkeit geboten iſt; vielmehr handelt es ſich bei Meſſungen an Pflanzen immer um individuelle Einzel- fälle, aus denen durch richtige Deutung die allgemeinen Geſetze der Vegetation zu gewinnen ſind.
Um zu zeigen, daß die in der Pflanze thätigen Saug- und Druckkräfte nicht sui generis ſind, ſondern auch von lebloſer Ma- terie geltend gemacht werden, daß hier ein Fall der allgemeinen Anziehung der Materie vorliege, worauf man damals beſonders achtete, ließ Hales Waſſer auch von feinporigen Körpern auf- ſaugen, und maß er die Kraft, womit dieß geſchieht. Dieſe Vorgänge aber verglich er mit der Kraft, welche quellende Erbſen auf Widerſtände ausüben und ſo gewann er ein richtigeres Bild der bei der Waſſerbewegung in der Pflanze thätigen Kräfte, als die Capillarität von Glasröhren gewährte, die Mariotte und Ray zur Verſinnlichung derſelben benutzten.
Indem Hales den Werth von Malpighi's Betrachtungen über die Bedeutung der Blätter unterſchätzte, und ſich durch die Ausgiebigkeit der Waſſerverdunſtung verführen ließ, dieſer eine zu große phyſiologiſche Wichtigkeit beizumeſſen, ſah er in den Blättern weſentlich nur Transſpirationsorgane, die wie Saugpumpen den Saft aus den Wurzeln durch den Stamm emporziehen. Dem entſprechend läugnete er auch die Exiſtenz eines in der Rinde abſteigenden Saftes und nur inſofern ließ er eine rückläufige Bewegung zu, als Nachts in Folge der Ab- kühlung der aufſteigende Saft des Holzes ſinken könne, wie das Queckſilber in einem Thermometer. Das war der ſchwache Punct bei Hales.
Eine ſeiner bedeutendſten Leiſtungen iſt auch in neuerer Zeit überall überſehen worden; wohl deshalb, weil ſie von ſeinen Nachfolgern im 18. Jahrhundert gänzlich vernachläſſigt wurde; es iſt der von ihm zuerſt bewieſene Satz, daß zum Aufbau des Pflanzenkörpers, zur Bildung ſeiner feſten Sub-
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Erſte inductive Verſuche und Eröffnung neuer Geſichtspuncte etc.
mentator; denn an lebenden Körpern laſſen ſich nicht, wie an
Metallen und Gaſen Conſtanten aufſuchen, die man allgemeinen
Rechnungsformeln einſchalten könnte, und bei deren Aufſtellung
daher die äußerſte Genauigkeit geboten iſt; vielmehr handelt es
ſich bei Meſſungen an Pflanzen immer um individuelle Einzel-
fälle, aus denen durch richtige Deutung die allgemeinen Geſetze
der Vegetation zu gewinnen ſind.
Um zu zeigen, daß die in der Pflanze thätigen Saug- und
Druckkräfte nicht sui generis ſind, ſondern auch von lebloſer Ma-
terie geltend gemacht werden, daß hier ein Fall der allgemeinen
Anziehung der Materie vorliege, worauf man damals beſonders
achtete, ließ Hales Waſſer auch von feinporigen Körpern auf-
ſaugen, und maß er die Kraft, womit dieß geſchieht. Dieſe
Vorgänge aber verglich er mit der Kraft, welche quellende Erbſen
auf Widerſtände ausüben und ſo gewann er ein richtigeres Bild
der bei der Waſſerbewegung in der Pflanze thätigen Kräfte, als
die Capillarität von Glasröhren gewährte, die Mariotte und
Ray zur Verſinnlichung derſelben benutzten.
Indem Hales den Werth von Malpighi's Betrachtungen
über die Bedeutung der Blätter unterſchätzte, und ſich durch
die Ausgiebigkeit der Waſſerverdunſtung verführen ließ, dieſer
eine zu große phyſiologiſche Wichtigkeit beizumeſſen, ſah er in
den Blättern weſentlich nur Transſpirationsorgane, die wie
Saugpumpen den Saft aus den Wurzeln durch den Stamm
emporziehen. Dem entſprechend läugnete er auch die Exiſtenz
eines in der Rinde abſteigenden Saftes und nur inſofern ließ
er eine rückläufige Bewegung zu, als Nachts in Folge der Ab-
kühlung der aufſteigende Saft des Holzes ſinken könne, wie das
Queckſilber in einem Thermometer. Das war der ſchwache
Punct bei Hales.
Eine ſeiner bedeutendſten Leiſtungen iſt auch in neuerer
Zeit überall überſehen worden; wohl deshalb, weil ſie von
ſeinen Nachfolgern im 18. Jahrhundert gänzlich vernachläſſigt
wurde; es iſt der von ihm zuerſt bewieſene Satz, daß zum
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/529>, abgerufen am 22.11.2024.
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