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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Erste inductive Versuche und Eröffnung neuer Gesichtspuncte etc.
vielfach citirt und theoretisch ausgebeutet wurde. Er brachte in
einen Topf ein Quantum Erde, welches scharf getrocknet 200
Pfund wog; ein Weidenzweig von 5 Pfund Gewicht wurde
hineingepflanzt, der Topf durch einen Deckel vor Staub geschützt
und täglich mit Regenwasser begossen. Nach fünf Jahren fand
sich, daß die Weide groß und stark geworden war und um
164 Pfund an Gewicht zugenommen hatte, obgleich die Erde im
Topf wieder getrocknet nur einen Verlust von zwei Unzen ergab.
Aus dem Erfolg dieses Versuches schloß van Helmont, daß die
beträchtliche Gewichtszunahme der Pflanze ganz auf Kosten des
Wassers erfolgt sei, daß also auch die vom Wasser ganz ver-
schiedenen Pflanzenstoffe aus diesem entstanden seien.

Die von Jungius und van Helmont gegen die aristotelische
Lehre erhobenen Einwürfe blieben indessen zunächst vereinzelt
und unfruchtbar. Von ganz anderer Seite her erhielt jedoch
die Pflanzenphysiologie einen Anstoß zu neuen Forschungen, der
noch bis tief in das 18. Jahrhundert hinein nachwirkte. Diesen
Anstoß gab die Aufstellung des Satzes, daß in den Pflanzen
nicht bloß ein von den Wurzeln aufgenommener Nahrungssaft
zu den Blättern und Früchten emporsteige, sondern daß auch eine
entgegengesetzte Bewegung desselben in der Rinde stattfinde.
Dieser Gedanke trat jedoch von vornherein in zwei Modificationen
auf. Die einen nahmen, offenbar gestützt auf die Analogie des
Blutkreislaufs in den Thieren an, daß auch in den Pflanzen ein
wirklicher Kreislauf des Saftes stattfinde; andere dagegen be-
gnügten sich mit der Annahme, daß, während im Holz der von
den Wurzeln aufgenommene wässrige Saft emporsteigt, in der
Rinde, den Milchsaftgefäßen und Harzgängen ein zubereiteter
wachsthumsfähiger Saft sich bewege. Beide Ansichten wurden
später vielfach verwechselt und indem man die erstere widerlegte,
glaubte man auch die andere beseitigt zu haben. Es scheint, daß
der aus Breslau stammende Arzt Johann Daniel Major 1),

1) J. D. Major geb. zu Breslau 1639, gest. zu Stockholm 1693,
wird sowohl von Christian Wolff wie von Reichel (De vasis plantarum

Erſte inductive Verſuche und Eröffnung neuer Geſichtspuncte etc.
vielfach citirt und theoretiſch ausgebeutet wurde. Er brachte in
einen Topf ein Quantum Erde, welches ſcharf getrocknet 200
Pfund wog; ein Weidenzweig von 5 Pfund Gewicht wurde
hineingepflanzt, der Topf durch einen Deckel vor Staub geſchützt
und täglich mit Regenwaſſer begoſſen. Nach fünf Jahren fand
ſich, daß die Weide groß und ſtark geworden war und um
164 Pfund an Gewicht zugenommen hatte, obgleich die Erde im
Topf wieder getrocknet nur einen Verluſt von zwei Unzen ergab.
Aus dem Erfolg dieſes Verſuches ſchloß van Helmont, daß die
beträchtliche Gewichtszunahme der Pflanze ganz auf Koſten des
Waſſers erfolgt ſei, daß alſo auch die vom Waſſer ganz ver-
ſchiedenen Pflanzenſtoffe aus dieſem entſtanden ſeien.

Die von Jungius und van Helmont gegen die ariſtoteliſche
Lehre erhobenen Einwürfe blieben indeſſen zunächſt vereinzelt
und unfruchtbar. Von ganz anderer Seite her erhielt jedoch
die Pflanzenphyſiologie einen Anſtoß zu neuen Forſchungen, der
noch bis tief in das 18. Jahrhundert hinein nachwirkte. Dieſen
Anſtoß gab die Aufſtellung des Satzes, daß in den Pflanzen
nicht bloß ein von den Wurzeln aufgenommener Nahrungsſaft
zu den Blättern und Früchten emporſteige, ſondern daß auch eine
entgegengeſetzte Bewegung desſelben in der Rinde ſtattfinde.
Dieſer Gedanke trat jedoch von vornherein in zwei Modificationen
auf. Die einen nahmen, offenbar geſtützt auf die Analogie des
Blutkreislaufs in den Thieren an, daß auch in den Pflanzen ein
wirklicher Kreislauf des Saftes ſtattfinde; andere dagegen be-
gnügten ſich mit der Annahme, daß, während im Holz der von
den Wurzeln aufgenommene wäſſrige Saft emporſteigt, in der
Rinde, den Milchſaftgefäßen und Harzgängen ein zubereiteter
wachsthumsfähiger Saft ſich bewege. Beide Anſichten wurden
ſpäter vielfach verwechſelt und indem man die erſtere widerlegte,
glaubte man auch die andere beſeitigt zu haben. Es ſcheint, daß
der aus Breslau ſtammende Arzt Johann Daniel Major 1),

1) J. D. Major geb. zu Breslau 1639, geſt. zu Stockholm 1693,
wird ſowohl von Chriſtian Wolff wie von Reichel (De vasis plantarum
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[493/0505] Erſte inductive Verſuche und Eröffnung neuer Geſichtspuncte etc. vielfach citirt und theoretiſch ausgebeutet wurde. Er brachte in einen Topf ein Quantum Erde, welches ſcharf getrocknet 200 Pfund wog; ein Weidenzweig von 5 Pfund Gewicht wurde hineingepflanzt, der Topf durch einen Deckel vor Staub geſchützt und täglich mit Regenwaſſer begoſſen. Nach fünf Jahren fand ſich, daß die Weide groß und ſtark geworden war und um 164 Pfund an Gewicht zugenommen hatte, obgleich die Erde im Topf wieder getrocknet nur einen Verluſt von zwei Unzen ergab. Aus dem Erfolg dieſes Verſuches ſchloß van Helmont, daß die beträchtliche Gewichtszunahme der Pflanze ganz auf Koſten des Waſſers erfolgt ſei, daß alſo auch die vom Waſſer ganz ver- ſchiedenen Pflanzenſtoffe aus dieſem entſtanden ſeien. Die von Jungius und van Helmont gegen die ariſtoteliſche Lehre erhobenen Einwürfe blieben indeſſen zunächſt vereinzelt und unfruchtbar. Von ganz anderer Seite her erhielt jedoch die Pflanzenphyſiologie einen Anſtoß zu neuen Forſchungen, der noch bis tief in das 18. Jahrhundert hinein nachwirkte. Dieſen Anſtoß gab die Aufſtellung des Satzes, daß in den Pflanzen nicht bloß ein von den Wurzeln aufgenommener Nahrungsſaft zu den Blättern und Früchten emporſteige, ſondern daß auch eine entgegengeſetzte Bewegung desſelben in der Rinde ſtattfinde. Dieſer Gedanke trat jedoch von vornherein in zwei Modificationen auf. Die einen nahmen, offenbar geſtützt auf die Analogie des Blutkreislaufs in den Thieren an, daß auch in den Pflanzen ein wirklicher Kreislauf des Saftes ſtattfinde; andere dagegen be- gnügten ſich mit der Annahme, daß, während im Holz der von den Wurzeln aufgenommene wäſſrige Saft emporſteigt, in der Rinde, den Milchſaftgefäßen und Harzgängen ein zubereiteter wachsthumsfähiger Saft ſich bewege. Beide Anſichten wurden ſpäter vielfach verwechſelt und indem man die erſtere widerlegte, glaubte man auch die andere beſeitigt zu haben. Es ſcheint, daß der aus Breslau ſtammende Arzt Johann Daniel Major 1), 1) J. D. Major geb. zu Breslau 1639, geſt. zu Stockholm 1693, wird ſowohl von Chriſtian Wolff wie von Reichel (De vasis plantarum

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/505>, abgerufen am 25.11.2024.