sein scheinen, von besonderem Werth, wie sich erst im Verfolg zeigte, wo man noch eine Reihe anderer Befruchtungsformen kennen lernte, die eine noch stärkere Erweiterung des Begriffes der Sexualität nöthig machten. Noch 1858 entdeckte Prings- heim bei einer anderen Algengruppe, den Saprolegnieen, Befruchtungsapparate, welche wenigstens in ihrem äußeren An- sehen von den bisher bei niederen Pflanzen bekannten weit abwichen.
So waren in den fünfziger Jahren eine Reihe grundlegender Thatsachen gewonnen, an welche sich im Verlauf der nächsten Jahre zahlreiche andere bestätigend und erweiternd anschlossen. Es gehört nicht mehr zu der hier verfolgten Aufgabe, die zahl- reichen, nach 1860 auf diesem Gebiet gemachten Entdeckungen vorzuführen; nur darauf sei hingewiesen, daß im Lauf der sechziger Jahre die Befruchtungsvorgänge auch bei den Florideen von Thuret und Bornet, vor Allem aber auch bei den Pilzen von De Bary und seinen Schülern in zum Theil sehr sonder- baren Formen beobachtet worden sind. So daß nunmehr über die allgemeine Verbreitung der Sexualität auch bei den Thal- lophyten kein Zweifel mehr herrscht, wenn auch immerhin die Frage noch offen bleibt, ob nicht doch vielleicht einige der aller- einfachsten und kleinsten Gewächse derselben entbehren.
Eines der wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchungen liegt offenbar in der auffallenden Aehnlichkeit vieler Befruchtungsvor- gänge bei Kryptogamen mit denen der niederen Thiere; auch hier bestätigte sich wieder, was die neueren zoologischen und botanischen Forschungen vielfach anderweitig ergeben haben, daß die Aehnlichkeiten zwischen Pflanzen- und Thierreich um so deut- licher hervortreten, je mehr man beide in ihren einfachsten Bil- dungsstufen vergleicht, ein deutlicher Hinweis darauf, daß beide Reiche im Sinne der Descendenztheorie sich aus gemeinsamen gleichartigen Anfängen hervorgebildet haben. Was aber die wahre Natur der Befruchtung selbst betrifft, welche bei Thieren und Pflanzen offenbar in der Hauptsache übereinstimmt, so läßt sich auch jetzt noch nicht mehr sagen, als daß es auf alle Fälle
Entdeckung der Sexualität der Kryptogamen.
ſein ſcheinen, von beſonderem Werth, wie ſich erſt im Verfolg zeigte, wo man noch eine Reihe anderer Befruchtungsformen kennen lernte, die eine noch ſtärkere Erweiterung des Begriffes der Sexualität nöthig machten. Noch 1858 entdeckte Prings- heim bei einer anderen Algengruppe, den Saprolegnieen, Befruchtungsapparate, welche wenigſtens in ihrem äußeren An- ſehen von den bisher bei niederen Pflanzen bekannten weit abwichen.
So waren in den fünfziger Jahren eine Reihe grundlegender Thatſachen gewonnen, an welche ſich im Verlauf der nächſten Jahre zahlreiche andere beſtätigend und erweiternd anſchloſſen. Es gehört nicht mehr zu der hier verfolgten Aufgabe, die zahl- reichen, nach 1860 auf dieſem Gebiet gemachten Entdeckungen vorzuführen; nur darauf ſei hingewieſen, daß im Lauf der ſechziger Jahre die Befruchtungsvorgänge auch bei den Florideen von Thuret und Bornet, vor Allem aber auch bei den Pilzen von De Bary und ſeinen Schülern in zum Theil ſehr ſonder- baren Formen beobachtet worden ſind. So daß nunmehr über die allgemeine Verbreitung der Sexualität auch bei den Thal- lophyten kein Zweifel mehr herrſcht, wenn auch immerhin die Frage noch offen bleibt, ob nicht doch vielleicht einige der aller- einfachſten und kleinſten Gewächſe derſelben entbehren.
Eines der wichtigſten Ergebniſſe dieſer Unterſuchungen liegt offenbar in der auffallenden Aehnlichkeit vieler Befruchtungsvor- gänge bei Kryptogamen mit denen der niederen Thiere; auch hier beſtätigte ſich wieder, was die neueren zoologiſchen und botaniſchen Forſchungen vielfach anderweitig ergeben haben, daß die Aehnlichkeiten zwiſchen Pflanzen- und Thierreich um ſo deut- licher hervortreten, je mehr man beide in ihren einfachſten Bil- dungsſtufen vergleicht, ein deutlicher Hinweis darauf, daß beide Reiche im Sinne der Deſcendenztheorie ſich aus gemeinſamen gleichartigen Anfängen hervorgebildet haben. Was aber die wahre Natur der Befruchtung ſelbſt betrifft, welche bei Thieren und Pflanzen offenbar in der Hauptſache übereinſtimmt, ſo läßt ſich auch jetzt noch nicht mehr ſagen, als daß es auf alle Fälle
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Entdeckung der Sexualität der Kryptogamen.
ſein ſcheinen, von beſonderem Werth, wie ſich erſt im Verfolg
zeigte, wo man noch eine Reihe anderer Befruchtungsformen
kennen lernte, die eine noch ſtärkere Erweiterung des Begriffes
der Sexualität nöthig machten. Noch 1858 entdeckte Prings-
heim bei einer anderen Algengruppe, den Saprolegnieen,
Befruchtungsapparate, welche wenigſtens in ihrem äußeren An-
ſehen von den bisher bei niederen Pflanzen bekannten weit
abwichen.
So waren in den fünfziger Jahren eine Reihe grundlegender
Thatſachen gewonnen, an welche ſich im Verlauf der nächſten
Jahre zahlreiche andere beſtätigend und erweiternd anſchloſſen.
Es gehört nicht mehr zu der hier verfolgten Aufgabe, die zahl-
reichen, nach 1860 auf dieſem Gebiet gemachten Entdeckungen
vorzuführen; nur darauf ſei hingewieſen, daß im Lauf der
ſechziger Jahre die Befruchtungsvorgänge auch bei den Florideen
von Thuret und Bornet, vor Allem aber auch bei den Pilzen
von De Bary und ſeinen Schülern in zum Theil ſehr ſonder-
baren Formen beobachtet worden ſind. So daß nunmehr über
die allgemeine Verbreitung der Sexualität auch bei den Thal-
lophyten kein Zweifel mehr herrſcht, wenn auch immerhin die
Frage noch offen bleibt, ob nicht doch vielleicht einige der aller-
einfachſten und kleinſten Gewächſe derſelben entbehren.
Eines der wichtigſten Ergebniſſe dieſer Unterſuchungen liegt
offenbar in der auffallenden Aehnlichkeit vieler Befruchtungsvor-
gänge bei Kryptogamen mit denen der niederen Thiere; auch
hier beſtätigte ſich wieder, was die neueren zoologiſchen und
botaniſchen Forſchungen vielfach anderweitig ergeben haben, daß
die Aehnlichkeiten zwiſchen Pflanzen- und Thierreich um ſo deut-
licher hervortreten, je mehr man beide in ihren einfachſten Bil-
dungsſtufen vergleicht, ein deutlicher Hinweis darauf, daß beide
Reiche im Sinne der Deſcendenztheorie ſich aus gemeinſamen
gleichartigen Anfängen hervorgebildet haben. Was aber die
wahre Natur der Befruchtung ſelbſt betrifft, welche bei Thieren
und Pflanzen offenbar in der Hauptſache übereinſtimmt, ſo läßt
ſich auch jetzt noch nicht mehr ſagen, als daß es auf alle Fälle
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/491>, abgerufen am 25.11.2024.
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