Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Sexualtheorie. erläuterte, obgleich auch Tulasne als Gegner der Schleiden'-schen Theorie auftrat, insofern er sich auf das Bestimmteste davon überzeugte, daß ein Zusammenhang zwischen dem befruch- teten Keimbläschen und dem Pollenschlauch nicht besteht (wobei er aber die Existenz des Keimbläschen vor der Befruchtung leugnete); so entspann sich doch jetzt erst der heftigste Kampf um die Schleiden'sche Theorie: das niederländische Institut in Am- sterdam krönte eine Preisschrift Schacht's, die 1850 herauskam; hier wurde Schleiden's Theorie von Neuem vertheidigt und durch sehr zahlreiche Abbildungen erläutert, welche in ganz unbegreif- licher Weise überall die entscheidenden Momente unrichtig und im Sinn der Theorie darstellten. Mohl sagt bei dieser Gelegen- heit sehr treffend (Bot. Ztg. 1863 Beilage p. 7):"Es ist jetzt nachdem wir wissen, daß die Schleiden'sche Lehre ein Irrlicht war, lehrreich, wenn auch betrübend zu sehen, mit welcher Leicht- gläubigkeit das Unrichtige für wahr gehalten wurde, wie die einen auf eigene Untersuchungen vollkommen verzichtend mit theoretischen Gründen das Phantom herausputzten, die andern, welche das Mikroskop zur Hand nahmen, durch ihre vorgefaßte Meinung geblendet zu sehen glaubten, was sie gar nicht sehen konnten, und durch Hunderte von Zeichnungen, welchen Nichts als die Wahrheit fehlte, die Richtigkeit der Schleiden'schen Lehre als über jeden Zweifel erhaben darzustellen suchten, und wie eine Akademie durch Krönung einer solchen Arbeit einen neuen Beweis für die alte, namentlich in unserer Wissenschaft seit einigen Decennien wiederholt so glänzend gemachte Erfahrung lieferte, wie wenig Preisaufgaben geeignet sind, die Lösung einer zweifelhaften, wissenschaftlichen Frage herbeizuführen." In diesem Falle war noch dazu die gekrönte Preisschrift schon im Voraus durch Mohl, Hofmeister, Tulasne widerlegt. Schacht hielt natürlich nun erst desto mehr an Schleiden's Theorie fest: nach einigen polemischen Schriften, in welche auch andere, minder Berufene sich einmengten, erschien aber 1856 eine ausführlichere Schrift Radlkofer's, welche Hofmeister's Beobachtungen in allen Puncten bestätigte und beiläufig auch eine Darlegung der nun Geſchichte der Sexualtheorie. erläuterte, obgleich auch Tulasne als Gegner der Schleiden'-ſchen Theorie auftrat, inſofern er ſich auf das Beſtimmteſte davon überzeugte, daß ein Zuſammenhang zwiſchen dem befruch- teten Keimbläschen und dem Pollenſchlauch nicht beſteht (wobei er aber die Exiſtenz des Keimbläschen vor der Befruchtung leugnete); ſo entſpann ſich doch jetzt erſt der heftigſte Kampf um die Schleiden'ſche Theorie: das niederländiſche Inſtitut in Am- ſterdam krönte eine Preisſchrift Schacht's, die 1850 herauskam; hier wurde Schleiden's Theorie von Neuem vertheidigt und durch ſehr zahlreiche Abbildungen erläutert, welche in ganz unbegreif- licher Weiſe überall die entſcheidenden Momente unrichtig und im Sinn der Theorie darſtellten. Mohl ſagt bei dieſer Gelegen- heit ſehr treffend (Bot. Ztg. 1863 Beilage p. 7):„Es iſt jetzt nachdem wir wiſſen, daß die Schleiden'ſche Lehre ein Irrlicht war, lehrreich, wenn auch betrübend zu ſehen, mit welcher Leicht- gläubigkeit das Unrichtige für wahr gehalten wurde, wie die einen auf eigene Unterſuchungen vollkommen verzichtend mit theoretiſchen Gründen das Phantom herausputzten, die andern, welche das Mikroſkop zur Hand nahmen, durch ihre vorgefaßte Meinung geblendet zu ſehen glaubten, was ſie gar nicht ſehen konnten, und durch Hunderte von Zeichnungen, welchen Nichts als die Wahrheit fehlte, die Richtigkeit der Schleiden'ſchen Lehre als über jeden Zweifel erhaben darzuſtellen ſuchten, und wie eine Akademie durch Krönung einer ſolchen Arbeit einen neuen Beweis für die alte, namentlich in unſerer Wiſſenſchaft ſeit einigen Decennien wiederholt ſo glänzend gemachte Erfahrung lieferte, wie wenig Preisaufgaben geeignet ſind, die Löſung einer zweifelhaften, wiſſenſchaftlichen Frage herbeizuführen.“ In dieſem Falle war noch dazu die gekrönte Preisſchrift ſchon im Voraus durch Mohl, Hofmeiſter, Tulasne widerlegt. Schacht hielt natürlich nun erſt deſto mehr an Schleiden's Theorie feſt: nach einigen polemiſchen Schriften, in welche auch andere, minder Berufene ſich einmengten, erſchien aber 1856 eine ausführlichere Schrift Radlkofer's, welche Hofmeiſter's Beobachtungen in allen Puncten beſtätigte und beiläufig auch eine Darlegung der nun <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0482" n="470"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Sexualtheorie.</fw><lb/> erläuterte, obgleich auch <hi rendition="#g">Tulasne</hi> als Gegner der Schleiden'-<lb/> ſchen Theorie auftrat, inſofern er ſich auf das Beſtimmteſte<lb/> davon überzeugte, daß ein Zuſammenhang zwiſchen dem befruch-<lb/> teten Keimbläschen und dem Pollenſchlauch nicht beſteht (wobei<lb/> er aber die Exiſtenz des Keimbläschen vor der Befruchtung<lb/> leugnete); ſo entſpann ſich doch jetzt erſt der heftigſte Kampf um<lb/> die Schleiden'ſche Theorie: das niederländiſche Inſtitut in Am-<lb/> ſterdam krönte eine Preisſchrift Schacht's, die 1850 herauskam;<lb/> hier wurde Schleiden's Theorie von Neuem vertheidigt und durch<lb/> ſehr zahlreiche Abbildungen erläutert, welche in ganz unbegreif-<lb/> licher Weiſe überall die entſcheidenden Momente unrichtig und<lb/> im Sinn der Theorie darſtellten. Mohl ſagt bei dieſer Gelegen-<lb/> heit ſehr treffend (Bot. Ztg. 1863 Beilage <hi rendition="#aq">p.</hi> 7):„Es iſt jetzt<lb/> nachdem wir wiſſen, daß die Schleiden'ſche Lehre ein Irrlicht<lb/> war, lehrreich, wenn auch betrübend zu ſehen, mit welcher Leicht-<lb/> gläubigkeit das Unrichtige für wahr gehalten wurde, wie die<lb/> einen auf eigene Unterſuchungen vollkommen verzichtend mit<lb/> theoretiſchen Gründen das Phantom herausputzten, die andern,<lb/> welche das Mikroſkop zur Hand nahmen, durch ihre vorgefaßte<lb/> Meinung geblendet zu ſehen glaubten, was ſie gar nicht ſehen<lb/> konnten, und durch Hunderte von Zeichnungen, welchen Nichts<lb/> als die Wahrheit fehlte, die Richtigkeit der Schleiden'ſchen Lehre<lb/> als über jeden Zweifel erhaben darzuſtellen ſuchten, und wie<lb/> eine Akademie durch Krönung einer ſolchen Arbeit einen neuen<lb/> Beweis für die alte, namentlich in unſerer Wiſſenſchaft ſeit<lb/> einigen Decennien wiederholt ſo glänzend gemachte Erfahrung<lb/> lieferte, wie wenig Preisaufgaben geeignet ſind, die Löſung einer<lb/> zweifelhaften, wiſſenſchaftlichen Frage herbeizuführen.“ In dieſem<lb/> Falle war noch dazu die gekrönte Preisſchrift ſchon im Voraus<lb/> durch Mohl, Hofmeiſter, <hi rendition="#g">Tulasne</hi> widerlegt. Schacht hielt<lb/> natürlich nun erſt deſto mehr an Schleiden's Theorie feſt: nach<lb/> einigen polemiſchen Schriften, in welche auch andere, minder<lb/> Berufene ſich einmengten, erſchien aber 1856 eine ausführlichere<lb/> Schrift <hi rendition="#g">Radlkofer</hi>'s, welche Hofmeiſter's Beobachtungen in allen<lb/> Puncten beſtätigte und beiläufig auch eine Darlegung der nun<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [470/0482]
Geſchichte der Sexualtheorie.
erläuterte, obgleich auch Tulasne als Gegner der Schleiden'-
ſchen Theorie auftrat, inſofern er ſich auf das Beſtimmteſte
davon überzeugte, daß ein Zuſammenhang zwiſchen dem befruch-
teten Keimbläschen und dem Pollenſchlauch nicht beſteht (wobei
er aber die Exiſtenz des Keimbläschen vor der Befruchtung
leugnete); ſo entſpann ſich doch jetzt erſt der heftigſte Kampf um
die Schleiden'ſche Theorie: das niederländiſche Inſtitut in Am-
ſterdam krönte eine Preisſchrift Schacht's, die 1850 herauskam;
hier wurde Schleiden's Theorie von Neuem vertheidigt und durch
ſehr zahlreiche Abbildungen erläutert, welche in ganz unbegreif-
licher Weiſe überall die entſcheidenden Momente unrichtig und
im Sinn der Theorie darſtellten. Mohl ſagt bei dieſer Gelegen-
heit ſehr treffend (Bot. Ztg. 1863 Beilage p. 7):„Es iſt jetzt
nachdem wir wiſſen, daß die Schleiden'ſche Lehre ein Irrlicht
war, lehrreich, wenn auch betrübend zu ſehen, mit welcher Leicht-
gläubigkeit das Unrichtige für wahr gehalten wurde, wie die
einen auf eigene Unterſuchungen vollkommen verzichtend mit
theoretiſchen Gründen das Phantom herausputzten, die andern,
welche das Mikroſkop zur Hand nahmen, durch ihre vorgefaßte
Meinung geblendet zu ſehen glaubten, was ſie gar nicht ſehen
konnten, und durch Hunderte von Zeichnungen, welchen Nichts
als die Wahrheit fehlte, die Richtigkeit der Schleiden'ſchen Lehre
als über jeden Zweifel erhaben darzuſtellen ſuchten, und wie
eine Akademie durch Krönung einer ſolchen Arbeit einen neuen
Beweis für die alte, namentlich in unſerer Wiſſenſchaft ſeit
einigen Decennien wiederholt ſo glänzend gemachte Erfahrung
lieferte, wie wenig Preisaufgaben geeignet ſind, die Löſung einer
zweifelhaften, wiſſenſchaftlichen Frage herbeizuführen.“ In dieſem
Falle war noch dazu die gekrönte Preisſchrift ſchon im Voraus
durch Mohl, Hofmeiſter, Tulasne widerlegt. Schacht hielt
natürlich nun erſt deſto mehr an Schleiden's Theorie feſt: nach
einigen polemiſchen Schriften, in welche auch andere, minder
Berufene ſich einmengten, erſchien aber 1856 eine ausführlichere
Schrift Radlkofer's, welche Hofmeiſter's Beobachtungen in allen
Puncten beſtätigte und beiläufig auch eine Darlegung der nun
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |