servationes das Bestreben, die Pflanzen nach ihren Gestalt- ähnlichkeiten zusammenzuordnen und zwar geschieht dies nicht mehr ganz instinktiv nach dem Gesammt-Habitus, er läßt sich vielmehr vorwiegend und offenbar absichtlich von der Form der Blätter leiten, so zwar, daß er von den Gräsern mit schmalen, langen und einfachen Blättern beginnend zu den mehr breit- blättrigen Liliaceen und Orchideen fortschreitet, dann zu den Dikotylen übergehend, die Hauptgruppen vielfach in ziemlich geschlossenen Massen auftreten läßt. Doch erscheinen mitten unter den Dikotylen der Blattform wegen auch die Farnkräuter; wo- gegen die Cruciferen, Umbelliferen, Papilionaceen und Labiaten nur wenig durch Nebenrücksichten gestört in ihrer Continität sich erhalten.
Den Abschluß dieser ganzen Entwicklungsreihe finden wir, wie schon hervorgehoben wurde, in den Leistungen des Caspar Bauhin1), sowohl Betreffs der Namengebung und Einzel- beschreibung als auch bezüglich der Anordnung nach habituellen Aehnlichkeiten. Bei Bauhin sind endlich alle Nebenrücksichten geschwunden, seine Werke können im streng wissenschaftlichen Sinne als botanische gelten und zeigen, wie weit man es in einer beschreibenden Wissenschaft bringen kann, ohne daß eine allgemeine vergleichende Formenlehre dieselbe unterstützt und wie weit die bloße Wahrnehmung der habituellen Aehnlichkeiten im Stande ist, eine natürliche Anordnung der Pflanzen zu begründen; weiter konnte man auf dem von den deutschen und niederländi- schen Botanikern eingeschlagenen Wege nicht wohl gelangen.
Was zunächst Bauhin's Beschreibungen betrifft, so zeigt sein Prodromus Theatri Botanici 1620, daß bei ihm die Be- schreibung der einzelnen Art in möglichster Kürze und in bestimmter
1)Caspar Bauhin wurde 1550 zu Basel geboren und studirte gleich seinem ältern Bruder Johannes bei Fuchs; sammelte in der Schweiz, Deutschland, Italien, Frankreich Pflanzen, ward Professor in Basel und starb 1624. Ueber ihn und seinen Bruder berichtet Haller in der Vorrede seiner hist. stirp. Helvetiae 1768 und Kurt Sprengel Gesch. der Bot. 1818 I. p. 364.
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von Brunfels bis auf Caspar Bauhin.
servationes das Beſtreben, die Pflanzen nach ihren Geſtalt- ähnlichkeiten zuſammenzuordnen und zwar geſchieht dies nicht mehr ganz inſtinktiv nach dem Geſammt-Habitus, er läßt ſich vielmehr vorwiegend und offenbar abſichtlich von der Form der Blätter leiten, ſo zwar, daß er von den Gräſern mit ſchmalen, langen und einfachen Blättern beginnend zu den mehr breit- blättrigen Liliaceen und Orchideen fortſchreitet, dann zu den Dikotylen übergehend, die Hauptgruppen vielfach in ziemlich geſchloſſenen Maſſen auftreten läßt. Doch erſcheinen mitten unter den Dikotylen der Blattform wegen auch die Farnkräuter; wo- gegen die Cruciferen, Umbelliferen, Papilionaceen und Labiaten nur wenig durch Nebenrückſichten geſtört in ihrer Continität ſich erhalten.
Den Abſchluß dieſer ganzen Entwicklungsreihe finden wir, wie ſchon hervorgehoben wurde, in den Leiſtungen des Caspar Bauhin1), ſowohl Betreffs der Namengebung und Einzel- beſchreibung als auch bezüglich der Anordnung nach habituellen Aehnlichkeiten. Bei Bauhin ſind endlich alle Nebenrückſichten geſchwunden, ſeine Werke können im ſtreng wiſſenſchaftlichen Sinne als botaniſche gelten und zeigen, wie weit man es in einer beſchreibenden Wiſſenſchaft bringen kann, ohne daß eine allgemeine vergleichende Formenlehre dieſelbe unterſtützt und wie weit die bloße Wahrnehmung der habituellen Aehnlichkeiten im Stande iſt, eine natürliche Anordnung der Pflanzen zu begründen; weiter konnte man auf dem von den deutſchen und niederländi- ſchen Botanikern eingeſchlagenen Wege nicht wohl gelangen.
Was zunächſt Bauhin's Beſchreibungen betrifft, ſo zeigt ſein Prodromus Theatri Botanici 1620, daß bei ihm die Be- ſchreibung der einzelnen Art in möglichſter Kürze und in beſtimmter
1)Caspar Bauhin wurde 1550 zu Baſel geboren und ſtudirte gleich ſeinem ältern Bruder Johannes bei Fuchs; ſammelte in der Schweiz, Deutſchland, Italien, Frankreich Pflanzen, ward Profeſſor in Baſel und ſtarb 1624. Ueber ihn und ſeinen Bruder berichtet Haller in der Vorrede ſeiner hist. stirp. Helvetiae 1768 und Kurt Sprengel Geſch. der Bot. 1818 I. p. 364.
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[35/0047]
von Brunfels bis auf Caspar Bauhin.
servationes das Beſtreben, die Pflanzen nach ihren Geſtalt-
ähnlichkeiten zuſammenzuordnen und zwar geſchieht dies nicht
mehr ganz inſtinktiv nach dem Geſammt-Habitus, er läßt ſich
vielmehr vorwiegend und offenbar abſichtlich von der Form der
Blätter leiten, ſo zwar, daß er von den Gräſern mit ſchmalen,
langen und einfachen Blättern beginnend zu den mehr breit-
blättrigen Liliaceen und Orchideen fortſchreitet, dann zu den
Dikotylen übergehend, die Hauptgruppen vielfach in ziemlich
geſchloſſenen Maſſen auftreten läßt. Doch erſcheinen mitten unter
den Dikotylen der Blattform wegen auch die Farnkräuter; wo-
gegen die Cruciferen, Umbelliferen, Papilionaceen und Labiaten
nur wenig durch Nebenrückſichten geſtört in ihrer Continität ſich
erhalten.
Den Abſchluß dieſer ganzen Entwicklungsreihe finden wir,
wie ſchon hervorgehoben wurde, in den Leiſtungen des Caspar
Bauhin 1), ſowohl Betreffs der Namengebung und Einzel-
beſchreibung als auch bezüglich der Anordnung nach habituellen
Aehnlichkeiten. Bei Bauhin ſind endlich alle Nebenrückſichten
geſchwunden, ſeine Werke können im ſtreng wiſſenſchaftlichen
Sinne als botaniſche gelten und zeigen, wie weit man es in
einer beſchreibenden Wiſſenſchaft bringen kann, ohne daß eine
allgemeine vergleichende Formenlehre dieſelbe unterſtützt und wie
weit die bloße Wahrnehmung der habituellen Aehnlichkeiten im
Stande iſt, eine natürliche Anordnung der Pflanzen zu begründen;
weiter konnte man auf dem von den deutſchen und niederländi-
ſchen Botanikern eingeſchlagenen Wege nicht wohl gelangen.
Was zunächſt Bauhin's Beſchreibungen betrifft, ſo zeigt
ſein Prodromus Theatri Botanici 1620, daß bei ihm die Be-
ſchreibung der einzelnen Art in möglichſter Kürze und in beſtimmter
1) Caspar Bauhin wurde 1550 zu Baſel geboren und ſtudirte gleich
ſeinem ältern Bruder Johannes bei Fuchs; ſammelte in der Schweiz,
Deutſchland, Italien, Frankreich Pflanzen, ward Profeſſor in Baſel
und ſtarb 1624. Ueber ihn und ſeinen Bruder berichtet Haller in der
Vorrede ſeiner hist. stirp. Helvetiae 1768 und Kurt Sprengel Geſch. der Bot.
1818 I. p. 364.
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/47>, abgerufen am 24.11.2024.
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