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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Einleitung.
stellungen, die man mit dem Worte Polarität verband, mußten
die Richtung des Wachsthums und vieles Andere erklären. Nicht
minder richtete sich der jede gesunde Logik vernichtende Einfluß
der Naturphilosophie gegen die bisher gewonnenen Resultate der
Sexualtheorie; abermals wurde selbst nach den Untersuchungen
Koelreuters die Sexualität der Pflanzen geradezu geleugnet. Das
dauerte so bis in die zwanziger Jahre hinein, dann aber be-
gann es sich abermals zu bessern. L. C. Treviranus wies die
Verirrungen von Schelwer und Henschel durch sorgfältige Kritik
1822 zurück, in England lieferte Herbert 1837 neue sehr werth-
volle Untersuchungen über die Hybridation und schon in dieser
Periode machte Carl Friedrich Gärtner seine mehr als zwanzig
Jahre fortgesetzten Studien und Experimente über die normale
Befruchtung und Bastardbildung, welche allerdings erst 1844
und 1849 in umfangreichen Werken publicirt wurden und die
wichtigeren Fragen auf dem Gebiet der Sexualtheorie gerade
um die Zeit zu einem gewissen Abschluß auf dem Wege des
Experiments führten, wo auch die mikroskopische Embryologie
der Phanerogamen durch Hofmeister zuerst ein festes Fundament
erhielt.

Auch andere Theile der Pflanzenphysiologie erfuhren manche
bedeutende Förderung, schon lange vor 1840: Theodore de
Saußure
beobachtete 1822 die Selbsterwärmung der Blüthen
und die Abhängigkeit derselben von der Athmung; zehn Jahre
später constatirte Göppert die Selbsterwärmung keimender und
vegetirender Pflanzen. In den verschiedensten Richtungen an-
regend wirkte in den zwanziger und dreißiger Jahren Dutro-
chet, namentlich aber war es die von ihm zuerst versuchte An-
wendung der diosmotischen Erscheinungen zur Erklärung der
Saftbewegung in den Pflanzen, welche nachhaltig auf die fer-
neren Fortschritte der Pflanzenphysiologie einwirkte. Weniger
erfolgreich waren die chemischen Untersuchungen, durch welche
jedoch ein namhaftes Material von Einzelkenntnissen sich anhäufte,
die später theoretisch verwerthet werden konnten.

Den Schluß dieser mit unfruchtbaren Zweifeln beginnenden

Einleitung.
ſtellungen, die man mit dem Worte Polarität verband, mußten
die Richtung des Wachsthums und vieles Andere erklären. Nicht
minder richtete ſich der jede geſunde Logik vernichtende Einfluß
der Naturphiloſophie gegen die bisher gewonnenen Reſultate der
Sexualtheorie; abermals wurde ſelbſt nach den Unterſuchungen
Koelreuters die Sexualität der Pflanzen geradezu geleugnet. Das
dauerte ſo bis in die zwanziger Jahre hinein, dann aber be-
gann es ſich abermals zu beſſern. L. C. Treviranus wies die
Verirrungen von Schelwer und Henſchel durch ſorgfältige Kritik
1822 zurück, in England lieferte Herbert 1837 neue ſehr werth-
volle Unterſuchungen über die Hybridation und ſchon in dieſer
Periode machte Carl Friedrich Gärtner ſeine mehr als zwanzig
Jahre fortgeſetzten Studien und Experimente über die normale
Befruchtung und Baſtardbildung, welche allerdings erſt 1844
und 1849 in umfangreichen Werken publicirt wurden und die
wichtigeren Fragen auf dem Gebiet der Sexualtheorie gerade
um die Zeit zu einem gewiſſen Abſchluß auf dem Wege des
Experiments führten, wo auch die mikroſkopiſche Embryologie
der Phanerogamen durch Hofmeiſter zuerſt ein feſtes Fundament
erhielt.

Auch andere Theile der Pflanzenphyſiologie erfuhren manche
bedeutende Förderung, ſchon lange vor 1840: Theodore de
Saußure
beobachtete 1822 die Selbſterwärmung der Blüthen
und die Abhängigkeit derſelben von der Athmung; zehn Jahre
ſpäter conſtatirte Göppert die Selbſterwärmung keimender und
vegetirender Pflanzen. In den verſchiedenſten Richtungen an-
regend wirkte in den zwanziger und dreißiger Jahren Dutro-
chet, namentlich aber war es die von ihm zuerſt verſuchte An-
wendung der diosmotiſchen Erſcheinungen zur Erklärung der
Saftbewegung in den Pflanzen, welche nachhaltig auf die fer-
neren Fortſchritte der Pflanzenphyſiologie einwirkte. Weniger
erfolgreich waren die chemiſchen Unterſuchungen, durch welche
jedoch ein namhaftes Material von Einzelkenntniſſen ſich anhäufte,
die ſpäter theoretiſch verwerthet werden konnten.

Den Schluß dieſer mit unfruchtbaren Zweifeln beginnenden

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[399/0411] Einleitung. ſtellungen, die man mit dem Worte Polarität verband, mußten die Richtung des Wachsthums und vieles Andere erklären. Nicht minder richtete ſich der jede geſunde Logik vernichtende Einfluß der Naturphiloſophie gegen die bisher gewonnenen Reſultate der Sexualtheorie; abermals wurde ſelbſt nach den Unterſuchungen Koelreuters die Sexualität der Pflanzen geradezu geleugnet. Das dauerte ſo bis in die zwanziger Jahre hinein, dann aber be- gann es ſich abermals zu beſſern. L. C. Treviranus wies die Verirrungen von Schelwer und Henſchel durch ſorgfältige Kritik 1822 zurück, in England lieferte Herbert 1837 neue ſehr werth- volle Unterſuchungen über die Hybridation und ſchon in dieſer Periode machte Carl Friedrich Gärtner ſeine mehr als zwanzig Jahre fortgeſetzten Studien und Experimente über die normale Befruchtung und Baſtardbildung, welche allerdings erſt 1844 und 1849 in umfangreichen Werken publicirt wurden und die wichtigeren Fragen auf dem Gebiet der Sexualtheorie gerade um die Zeit zu einem gewiſſen Abſchluß auf dem Wege des Experiments führten, wo auch die mikroſkopiſche Embryologie der Phanerogamen durch Hofmeiſter zuerſt ein feſtes Fundament erhielt. Auch andere Theile der Pflanzenphyſiologie erfuhren manche bedeutende Förderung, ſchon lange vor 1840: Theodore de Saußure beobachtete 1822 die Selbſterwärmung der Blüthen und die Abhängigkeit derſelben von der Athmung; zehn Jahre ſpäter conſtatirte Göppert die Selbſterwärmung keimender und vegetirender Pflanzen. In den verſchiedenſten Richtungen an- regend wirkte in den zwanziger und dreißiger Jahren Dutro- chet, namentlich aber war es die von ihm zuerſt verſuchte An- wendung der diosmotiſchen Erſcheinungen zur Erklärung der Saftbewegung in den Pflanzen, welche nachhaltig auf die fer- neren Fortſchritte der Pflanzenphyſiologie einwirkte. Weniger erfolgreich waren die chemiſchen Unterſuchungen, durch welche jedoch ein namhaftes Material von Einzelkenntniſſen ſich anhäufte, die ſpäter theoretiſch verwerthet werden konnten. Den Schluß dieſer mit unfruchtbaren Zweifeln beginnenden

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/411>, abgerufen am 25.11.2024.