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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Einleitung.
den Kohlenstoff gewinnen, den die Pflanzen in Form organischer
Verbindung in sich anhäufen; daß aber auch alle Pflanzentheile
zu jeder Zeit kleinere Quantitäten von Sauerstoff aufnehmen,
Kohlensäure aushauchen und so einen Athmungsproceß voll-
bringen, der dem thierischen durchaus entspricht. Ihm folgte
bald Theodore de Saussure mit viel gründlicheren Unter-
suchungen derselben Vorgänge und mit dem Nachweis, daß die
Aschenbestandtheile des Pflanzenkörpers nicht zufällige oder be-
deutungslose Beimengungen ihrer Nahrung sind, wie man bis
dahin vielfach geglaubt hatte (1804). Auch die Einwirkung der
allgemeinen physischen Kräfte auf die Vegetation wurde in einigen
Hauptpuncten constatirt, wenn auch noch nicht eingehend unter-
sucht. So zeigte Senebier in den achtziger Jahren, welch'
großen Einfluß das Licht auf das Wachsthum und die grüne
Färbung der Pflanzen ausübt, und später erkannte De Can-
dolle die Einwirkung desselben auf die periodisch beweglichen
Blätter und Blüthen. Noch viel bedeutungsvoller war Knight's
1806 gemachte Entdeckung, daß der aufrechte Wuchs der Stämme
ebenso wie der abwärts gerichtete der Hauptwurzeln durch die
Schwerkraft bestimmt wird.

3) Auch auf diese zweite Periode wichtiger Entdeckungen
folgte wieder ein Rückschlag; auch dießmal wieder regten sich
Zweifel an der Richtigkeit gerade der am besten constatirten
Thatsachen; es waren vorgefaßte Meinungen, denen zu Liebe
man wohl constatirte Thatsachen zu entkräften oder zu ignoriren
suchte, um an ihre Stelle scheinbar philosophische Theorieen zu
setzen; die sogenannte Naturphilosophie, die auch der Morphologie
sich lange als großes Hinderniß entgegenstellte, verfehlte nicht,
der Pflanzenphysiologie in gleicher Weise zu schadeu; namentlich
war es die Lehre von der Lebenskraft, welche jedem Versuch,
die Lebenserscheinungen in ihre elementaren Vorgänge aufzulösen,
sie als eine Kette von Ursachen und Wirkungen zu erkennen,
hindernd in den Weg trat. Man ließ sogar die Aschenbestand-
theile der Pflanzen, ja selbst den Kohlenstoff derselben durch die
Lebenskraft in den Pflanzen selbst entstehen, verschwommene Vor-

Einleitung.
den Kohlenſtoff gewinnen, den die Pflanzen in Form organiſcher
Verbindung in ſich anhäufen; daß aber auch alle Pflanzentheile
zu jeder Zeit kleinere Quantitäten von Sauerſtoff aufnehmen,
Kohlenſäure aushauchen und ſo einen Athmungsproceß voll-
bringen, der dem thieriſchen durchaus entſpricht. Ihm folgte
bald Theodore de Sauſſure mit viel gründlicheren Unter-
ſuchungen derſelben Vorgänge und mit dem Nachweis, daß die
Aſchenbeſtandtheile des Pflanzenkörpers nicht zufällige oder be-
deutungsloſe Beimengungen ihrer Nahrung ſind, wie man bis
dahin vielfach geglaubt hatte (1804). Auch die Einwirkung der
allgemeinen phyſiſchen Kräfte auf die Vegetation wurde in einigen
Hauptpuncten conſtatirt, wenn auch noch nicht eingehend unter-
ſucht. So zeigte Senebier in den achtziger Jahren, welch'
großen Einfluß das Licht auf das Wachsthum und die grüne
Färbung der Pflanzen ausübt, und ſpäter erkannte De Can-
dolle die Einwirkung desſelben auf die periodiſch beweglichen
Blätter und Blüthen. Noch viel bedeutungsvoller war Knight's
1806 gemachte Entdeckung, daß der aufrechte Wuchs der Stämme
ebenſo wie der abwärts gerichtete der Hauptwurzeln durch die
Schwerkraft beſtimmt wird.

3) Auch auf dieſe zweite Periode wichtiger Entdeckungen
folgte wieder ein Rückſchlag; auch dießmal wieder regten ſich
Zweifel an der Richtigkeit gerade der am beſten conſtatirten
Thatſachen; es waren vorgefaßte Meinungen, denen zu Liebe
man wohl conſtatirte Thatſachen zu entkräften oder zu ignoriren
ſuchte, um an ihre Stelle ſcheinbar philoſophiſche Theorieen zu
ſetzen; die ſogenannte Naturphiloſophie, die auch der Morphologie
ſich lange als großes Hinderniß entgegenſtellte, verfehlte nicht,
der Pflanzenphyſiologie in gleicher Weiſe zu ſchadeu; namentlich
war es die Lehre von der Lebenskraft, welche jedem Verſuch,
die Lebenserſcheinungen in ihre elementaren Vorgänge aufzulöſen,
ſie als eine Kette von Urſachen und Wirkungen zu erkennen,
hindernd in den Weg trat. Man ließ ſogar die Aſchenbeſtand-
theile der Pflanzen, ja ſelbſt den Kohlenſtoff derſelben durch die
Lebenskraft in den Pflanzen ſelbſt entſtehen, verſchwommene Vor-

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[398/0410] Einleitung. den Kohlenſtoff gewinnen, den die Pflanzen in Form organiſcher Verbindung in ſich anhäufen; daß aber auch alle Pflanzentheile zu jeder Zeit kleinere Quantitäten von Sauerſtoff aufnehmen, Kohlenſäure aushauchen und ſo einen Athmungsproceß voll- bringen, der dem thieriſchen durchaus entſpricht. Ihm folgte bald Theodore de Sauſſure mit viel gründlicheren Unter- ſuchungen derſelben Vorgänge und mit dem Nachweis, daß die Aſchenbeſtandtheile des Pflanzenkörpers nicht zufällige oder be- deutungsloſe Beimengungen ihrer Nahrung ſind, wie man bis dahin vielfach geglaubt hatte (1804). Auch die Einwirkung der allgemeinen phyſiſchen Kräfte auf die Vegetation wurde in einigen Hauptpuncten conſtatirt, wenn auch noch nicht eingehend unter- ſucht. So zeigte Senebier in den achtziger Jahren, welch' großen Einfluß das Licht auf das Wachsthum und die grüne Färbung der Pflanzen ausübt, und ſpäter erkannte De Can- dolle die Einwirkung desſelben auf die periodiſch beweglichen Blätter und Blüthen. Noch viel bedeutungsvoller war Knight's 1806 gemachte Entdeckung, daß der aufrechte Wuchs der Stämme ebenſo wie der abwärts gerichtete der Hauptwurzeln durch die Schwerkraft beſtimmt wird. 3) Auch auf dieſe zweite Periode wichtiger Entdeckungen folgte wieder ein Rückſchlag; auch dießmal wieder regten ſich Zweifel an der Richtigkeit gerade der am beſten conſtatirten Thatſachen; es waren vorgefaßte Meinungen, denen zu Liebe man wohl conſtatirte Thatſachen zu entkräften oder zu ignoriren ſuchte, um an ihre Stelle ſcheinbar philoſophiſche Theorieen zu ſetzen; die ſogenannte Naturphiloſophie, die auch der Morphologie ſich lange als großes Hinderniß entgegenſtellte, verfehlte nicht, der Pflanzenphyſiologie in gleicher Weiſe zu ſchadeu; namentlich war es die Lehre von der Lebenskraft, welche jedem Verſuch, die Lebenserſcheinungen in ihre elementaren Vorgänge aufzulöſen, ſie als eine Kette von Urſachen und Wirkungen zu erkennen, hindernd in den Weg trat. Man ließ ſogar die Aſchenbeſtand- theile der Pflanzen, ja ſelbſt den Kohlenſtoff derſelben durch die Lebenskraft in den Pflanzen ſelbſt entſtehen, verſchwommene Vor-

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/410>, abgerufen am 25.11.2024.