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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Gewebeform, Molecularstruktur der organischen Gewebe.
und Pflanzen aus der Erblichkeit und Veriabilität unter dem
zerstörenden oder begünstigenden Einfluß äußerer Umstände ur-
sachlich zu erklären, so steckt sich Nägeli's Theorie das Ziel,
das Wachsthum und die innere Struktur organisirter Körper
auf physikalisch chemische und mechanische Vorgänge zurückzuführen.
Die Zukunft wird zeigen, ob die von Nägeli gewonnenen An-
schauungen in ihrer weiteren Ausbildung nicht dazu beitragen werden
auch der Descendenztheorie eine tiefere Begründung zu geben, in-
sofern es nicht unwahrscheinlich ist, daß ein tieferes Verständniß
der Molecularstruktur der Organismen den dunklen Begriffen Erb-
lichkeit und Variabilität mehr Licht und Klarheit geben könnte.

Wie immer bei ähnlichen Gelegenheiten, waren auch hier
die ersten Anfänge sehr unscheinbar und Niemand konnte den
ersten Wahrnehmungen, um die es sich hier handelt, ansehen,
was schließlich aus ihnen sich entwickeln sollte. Wie bereits er-
wähnt, hatte Mohl schon 1836 die sogenannte Streifung ge-
wisser Zellhäute beobachtet, was Meyen veranlaßte, auf Grund
weiterer, zum Theil aber unrichtiger Wahrnehmungen die pflanz-
lichen Zellhäute aus spiralig gewundenen Fasern bestehen zu
lassen. Es wurde auch schon früher darauf hingewiesen, wie
Mohl die eigentliche Streifung zunächst von spiraligen Ver-
dickungen, die bei Meyen mit untergelaufen waren, unterschied,
(1837) und wie er bereits auf gewisse Vorstellungen von der
Molecularstruktur der Zellhäute hingeführt wurde, ohne jedoch
zu einem genügenden Abschluß zu gelangen. Noch weniger ge-
schah das Letztere bei Agardh, welcher neue Fälle von Zell-
hautstreifung bekannt machte; 1853 (bot. Zeitg.) nahm sich Mohl
nochmals der Sache an, indem er darauf drang, daß eine
Trennung der Streifen oder scheinbaren Fasern weder mechanisch
noch chemisch möglich sei, wobei er jedoch unentschieden ließ, ob
die in der Flächenansicht sich kreuzenden Linien der nämlichen
oder verschiedenen Zellhautschichten angehören. Was bald darauf
Crüger und Schacht mittheilten, trug zur Förderung der
Sache Nichts bei; auch Wiegand trat 1856 in die Diskussion
ein, verfehlte aber von vornherein den rechten Weg, insofern er

Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gewebe.
und Pflanzen aus der Erblichkeit und Veriabilität unter dem
zerſtörenden oder begünſtigenden Einfluß äußerer Umſtände ur-
ſachlich zu erklären, ſo ſteckt ſich Nägeli's Theorie das Ziel,
das Wachsthum und die innere Struktur organiſirter Körper
auf phyſikaliſch chemiſche und mechaniſche Vorgänge zurückzuführen.
Die Zukunft wird zeigen, ob die von Nägeli gewonnenen An-
ſchauungen in ihrer weiteren Ausbildung nicht dazu beitragen werden
auch der Deſcendenztheorie eine tiefere Begründung zu geben, in-
ſofern es nicht unwahrſcheinlich iſt, daß ein tieferes Verſtändniß
der Molecularſtruktur der Organismen den dunklen Begriffen Erb-
lichkeit und Variabilität mehr Licht und Klarheit geben könnte.

Wie immer bei ähnlichen Gelegenheiten, waren auch hier
die erſten Anfänge ſehr unſcheinbar und Niemand konnte den
erſten Wahrnehmungen, um die es ſich hier handelt, anſehen,
was ſchließlich aus ihnen ſich entwickeln ſollte. Wie bereits er-
wähnt, hatte Mohl ſchon 1836 die ſogenannte Streifung ge-
wiſſer Zellhäute beobachtet, was Meyen veranlaßte, auf Grund
weiterer, zum Theil aber unrichtiger Wahrnehmungen die pflanz-
lichen Zellhäute aus ſpiralig gewundenen Faſern beſtehen zu
laſſen. Es wurde auch ſchon früher darauf hingewieſen, wie
Mohl die eigentliche Streifung zunächſt von ſpiraligen Ver-
dickungen, die bei Meyen mit untergelaufen waren, unterſchied,
(1837) und wie er bereits auf gewiſſe Vorſtellungen von der
Molecularſtruktur der Zellhäute hingeführt wurde, ohne jedoch
zu einem genügenden Abſchluß zu gelangen. Noch weniger ge-
ſchah das Letztere bei Agardh, welcher neue Fälle von Zell-
hautſtreifung bekannt machte; 1853 (bot. Zeitg.) nahm ſich Mohl
nochmals der Sache an, indem er darauf drang, daß eine
Trennung der Streifen oder ſcheinbaren Faſern weder mechaniſch
noch chemiſch möglich ſei, wobei er jedoch unentſchieden ließ, ob
die in der Flächenanſicht ſich kreuzenden Linien der nämlichen
oder verſchiedenen Zellhautſchichten angehören. Was bald darauf
Crüger und Schacht mittheilten, trug zur Förderung der
Sache Nichts bei; auch Wiegand trat 1856 in die Diskuſſion
ein, verfehlte aber von vornherein den rechten Weg, inſofern er

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[379/0391] Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gewebe. und Pflanzen aus der Erblichkeit und Veriabilität unter dem zerſtörenden oder begünſtigenden Einfluß äußerer Umſtände ur- ſachlich zu erklären, ſo ſteckt ſich Nägeli's Theorie das Ziel, das Wachsthum und die innere Struktur organiſirter Körper auf phyſikaliſch chemiſche und mechaniſche Vorgänge zurückzuführen. Die Zukunft wird zeigen, ob die von Nägeli gewonnenen An- ſchauungen in ihrer weiteren Ausbildung nicht dazu beitragen werden auch der Deſcendenztheorie eine tiefere Begründung zu geben, in- ſofern es nicht unwahrſcheinlich iſt, daß ein tieferes Verſtändniß der Molecularſtruktur der Organismen den dunklen Begriffen Erb- lichkeit und Variabilität mehr Licht und Klarheit geben könnte. Wie immer bei ähnlichen Gelegenheiten, waren auch hier die erſten Anfänge ſehr unſcheinbar und Niemand konnte den erſten Wahrnehmungen, um die es ſich hier handelt, anſehen, was ſchließlich aus ihnen ſich entwickeln ſollte. Wie bereits er- wähnt, hatte Mohl ſchon 1836 die ſogenannte Streifung ge- wiſſer Zellhäute beobachtet, was Meyen veranlaßte, auf Grund weiterer, zum Theil aber unrichtiger Wahrnehmungen die pflanz- lichen Zellhäute aus ſpiralig gewundenen Faſern beſtehen zu laſſen. Es wurde auch ſchon früher darauf hingewieſen, wie Mohl die eigentliche Streifung zunächſt von ſpiraligen Ver- dickungen, die bei Meyen mit untergelaufen waren, unterſchied, (1837) und wie er bereits auf gewiſſe Vorſtellungen von der Molecularſtruktur der Zellhäute hingeführt wurde, ohne jedoch zu einem genügenden Abſchluß zu gelangen. Noch weniger ge- ſchah das Letztere bei Agardh, welcher neue Fälle von Zell- hautſtreifung bekannt machte; 1853 (bot. Zeitg.) nahm ſich Mohl nochmals der Sache an, indem er darauf drang, daß eine Trennung der Streifen oder ſcheinbaren Faſern weder mechaniſch noch chemiſch möglich ſei, wobei er jedoch unentſchieden ließ, ob die in der Flächenanſicht ſich kreuzenden Linien der nämlichen oder verſchiedenen Zellhautſchichten angehören. Was bald darauf Crüger und Schacht mittheilten, trug zur Förderung der Sache Nichts bei; auch Wiegand trat 1856 in die Diskuſſion ein, verfehlte aber von vornherein den rechten Weg, inſofern er

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/391>, abgerufen am 21.11.2024.