Gewebeform, Molecularstruktur der organischen Gewebe.
von den übrigen Gewebemassen nicht zu entsprechendem Aus- druck gelangt und wenn auch gegenwärtig schon andere Gesichts- punkte für die genetische Classification der Gewebeformen sich aufstellen lassen, so hatte Nägeli's Eintheilung und Nomen- klatur doch den Vorzug, daß durch sie die gesammte Histologie der Pflanzen zum ersten Mal nach umfassenden und genetischen Principien dargestellt wurde. Sie hat wesentlich zur Herbeiführung einer bes- seren Verständigung über den Gesammtbau der Pflanze beigetragen.
Zu weiterer Untersuchung im genetisch morphologischen Sinn forderten zunächst die Gefäßbündel oder Fibrovasalstränge heraus; denn eine richtige Einsicht in die Entstehung und spätere Verän- derung dieses Gewebesystems ist für die Phytotomie ebenso wichtig, wie etwa für die Zootomie der Wirbelthiere die Entstehung und spätere Veränderung des Knochensystems. Für die Phytotomie aber hat die Kenntniß der Gefäßbündel und ihres Verlaufs im Stamm besonders auch deßhalb eine weittragende Bedeutung, weil nur auf diesem Wege eine richtige Einsicht in die Vorgänge des nachträglichen Dickenwachsthums bei den eigentlichen Holz- pflanzen zu gewinnen ist.
Es wurde schon erwähnt, daß Mohl bereits 1831 die In- dividualität der im Stamm beginnenden, in die Blätter aus- biegenden und dort endigenden Stränge nachgewiesen hatte, so daß das ganze Gefäßbündelsystem einer Pflanze aus einzelnen isolirt entstandenen, unter sich aber nachträglich verbundenen Strängen besteht. Schon 1846 hatte Nägeli die entsprechenden Verhältnisse der Gefäßkryptogamen untersucht, als Schacht in seinem erwähnten Buch den Rückschritt machte, das Gefäßbündel- system einer Pflanze durch fortgesetzte Verzweigung, statt durch nachträgliche Verschmelzung isolirter Stränge entstehen zu lassen, ein Irrthum, welchem Mohl 1858 entschieden entgegentrat; aus- führlicher und klarer geschah dieß jedoch durch Johannes Hanstein 1857 und durch Nägeli 1858. In einer Abhand- lung über den Bau des dikotylen Holzringes wies Hanstein, die älteren Angaben Nägeli's bestätigend, für die Dicotyle- donen und Coniferen nach, daß der primäre Holzkreis in
Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gewebe.
von den übrigen Gewebemaſſen nicht zu entſprechendem Aus- druck gelangt und wenn auch gegenwärtig ſchon andere Geſichts- punkte für die genetiſche Claſſification der Gewebeformen ſich aufſtellen laſſen, ſo hatte Nägeli's Eintheilung und Nomen- klatur doch den Vorzug, daß durch ſie die geſammte Hiſtologie der Pflanzen zum erſten Mal nach umfaſſenden und genetiſchen Principien dargeſtellt wurde. Sie hat weſentlich zur Herbeiführung einer beſ- ſeren Verſtändigung über den Geſammtbau der Pflanze beigetragen.
Zu weiterer Unterſuchung im genetiſch morphologiſchen Sinn forderten zunächſt die Gefäßbündel oder Fibrovaſalſtränge heraus; denn eine richtige Einſicht in die Entſtehung und ſpätere Verän- derung dieſes Gewebeſyſtems iſt für die Phytotomie ebenſo wichtig, wie etwa für die Zootomie der Wirbelthiere die Entſtehung und ſpätere Veränderung des Knochenſyſtems. Für die Phytotomie aber hat die Kenntniß der Gefäßbündel und ihres Verlaufs im Stamm beſonders auch deßhalb eine weittragende Bedeutung, weil nur auf dieſem Wege eine richtige Einſicht in die Vorgänge des nachträglichen Dickenwachsthums bei den eigentlichen Holz- pflanzen zu gewinnen iſt.
Es wurde ſchon erwähnt, daß Mohl bereits 1831 die In- dividualität der im Stamm beginnenden, in die Blätter aus- biegenden und dort endigenden Stränge nachgewieſen hatte, ſo daß das ganze Gefäßbündelſyſtem einer Pflanze aus einzelnen iſolirt entſtandenen, unter ſich aber nachträglich verbundenen Strängen beſteht. Schon 1846 hatte Nägeli die entſprechenden Verhältniſſe der Gefäßkryptogamen unterſucht, als Schacht in ſeinem erwähnten Buch den Rückſchritt machte, das Gefäßbündel- ſyſtem einer Pflanze durch fortgeſetzte Verzweigung, ſtatt durch nachträgliche Verſchmelzung iſolirter Stränge entſtehen zu laſſen, ein Irrthum, welchem Mohl 1858 entſchieden entgegentrat; aus- führlicher und klarer geſchah dieß jedoch durch Johannes Hanſtein 1857 und durch Nägeli 1858. In einer Abhand- lung über den Bau des dikotylen Holzringes wies Hanſtein, die älteren Angaben Nägeli's beſtätigend, für die Dicotyle- donen und Coniferen nach, daß der primäre Holzkreis in
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Gewebeform, Molecularſtruktur der organiſchen Gewebe.
von den übrigen Gewebemaſſen nicht zu entſprechendem Aus-
druck gelangt und wenn auch gegenwärtig ſchon andere Geſichts-
punkte für die genetiſche Claſſification der Gewebeformen ſich
aufſtellen laſſen, ſo hatte Nägeli's Eintheilung und Nomen-
klatur doch den Vorzug, daß durch ſie die geſammte Hiſtologie der
Pflanzen zum erſten Mal nach umfaſſenden und genetiſchen Principien
dargeſtellt wurde. Sie hat weſentlich zur Herbeiführung einer beſ-
ſeren Verſtändigung über den Geſammtbau der Pflanze beigetragen.
Zu weiterer Unterſuchung im genetiſch morphologiſchen Sinn
forderten zunächſt die Gefäßbündel oder Fibrovaſalſtränge heraus;
denn eine richtige Einſicht in die Entſtehung und ſpätere Verän-
derung dieſes Gewebeſyſtems iſt für die Phytotomie ebenſo wichtig,
wie etwa für die Zootomie der Wirbelthiere die Entſtehung und
ſpätere Veränderung des Knochenſyſtems. Für die Phytotomie
aber hat die Kenntniß der Gefäßbündel und ihres Verlaufs im
Stamm beſonders auch deßhalb eine weittragende Bedeutung,
weil nur auf dieſem Wege eine richtige Einſicht in die Vorgänge
des nachträglichen Dickenwachsthums bei den eigentlichen Holz-
pflanzen zu gewinnen iſt.
Es wurde ſchon erwähnt, daß Mohl bereits 1831 die In-
dividualität der im Stamm beginnenden, in die Blätter aus-
biegenden und dort endigenden Stränge nachgewieſen hatte, ſo
daß das ganze Gefäßbündelſyſtem einer Pflanze aus einzelnen
iſolirt entſtandenen, unter ſich aber nachträglich verbundenen
Strängen beſteht. Schon 1846 hatte Nägeli die entſprechenden
Verhältniſſe der Gefäßkryptogamen unterſucht, als Schacht in
ſeinem erwähnten Buch den Rückſchritt machte, das Gefäßbündel-
ſyſtem einer Pflanze durch fortgeſetzte Verzweigung, ſtatt durch
nachträgliche Verſchmelzung iſolirter Stränge entſtehen zu laſſen,
ein Irrthum, welchem Mohl 1858 entſchieden entgegentrat; aus-
führlicher und klarer geſchah dieß jedoch durch Johannes
Hanſtein 1857 und durch Nägeli 1858. In einer Abhand-
lung über den Bau des dikotylen Holzringes wies Hanſtein,
die älteren Angaben Nägeli's beſtätigend, für die Dicotyle-
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/387>, abgerufen am 24.11.2024.
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