Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Entwicklungsgeschichte der Zelle, Entstehung der später in besonderer Ausgabe in den Handel kam und von vielenLehrern der Botanik ihren Vorträgen als Leitfaden zu Grunde gelegt wurde. Es wurde jetzt überhaupt Mode, nicht mehr Lehr- bücher der Botanik, sondern Compendien der Anatomie und Phy- siologie zu schreiben, während die Morphologie und Systematik ebenso unbeachtet blieben, wie in der vorschleiden'schen Zeit ge- wöhnlich die Anatomie und Physiologie; wer ein vollständiges Lehrbuch der ganzen Botanik benutzen wollte, mußte sich daher auch später noch an Schleiden's Grundzüge halten, was wiederum nicht wenig dazu beitrug, die unrichtige Zellen- und Befruchtungslehre Schleiden's auch dann noch in weiteren Kreisen zu verbreiten, als bei den Fachmännern die neueren und richtigeren Ansichten längst feststanden; es ist überhaupt eine leidige Eigenthümlichkeit unserer Wissenschaft, daß sie an guten Lehrbüchern, welche dem jeweiligen Stand der Forschung allseitig Rechnung tragen, so außerordentlich arm ist; sicherlich liegt darin eine von den Ursachen, die es bewirken, daß seit langer Zeit auch die offiziellen Vertreter der Botanik in den Grundanschau- ungen über Methode, über das wirklich Feststehende und noch Zweifelhafte in den Hauptgebieten vielfach soweit von einander abweichen, daß selbst die gegenseitige Verständigung oft unmög- lich wird. Daß es in dieser Beziehung in der Zoologie, Physik und Chemie viel besser steht, verdankt man gewiß nicht zum ge- ringsten Theil den zahlreichen gutem Compendien und Lehr- büchern, welche bestrebt sind, dem Fortschritt der Wissenschaft von Jahr zu Jahr Rechnung zu tragen. Im Lauf der fünfziger und sechziger Jahre waren es Schacht 1) Hermann Schacht geb. zu Ochsenwerder 1824, gest. zu Bonn 1864,
wo er seit 1859 Professor der Botanik war. Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der ſpäter in beſonderer Ausgabe in den Handel kam und von vielenLehrern der Botanik ihren Vorträgen als Leitfaden zu Grunde gelegt wurde. Es wurde jetzt überhaupt Mode, nicht mehr Lehr- bücher der Botanik, ſondern Compendien der Anatomie und Phy- ſiologie zu ſchreiben, während die Morphologie und Syſtematik ebenſo unbeachtet blieben, wie in der vorſchleiden'ſchen Zeit ge- wöhnlich die Anatomie und Phyſiologie; wer ein vollſtändiges Lehrbuch der ganzen Botanik benutzen wollte, mußte ſich daher auch ſpäter noch an Schleiden's Grundzüge halten, was wiederum nicht wenig dazu beitrug, die unrichtige Zellen- und Befruchtungslehre Schleiden's auch dann noch in weiteren Kreiſen zu verbreiten, als bei den Fachmännern die neueren und richtigeren Anſichten längſt feſtſtanden; es iſt überhaupt eine leidige Eigenthümlichkeit unſerer Wiſſenſchaft, daß ſie an guten Lehrbüchern, welche dem jeweiligen Stand der Forſchung allſeitig Rechnung tragen, ſo außerordentlich arm iſt; ſicherlich liegt darin eine von den Urſachen, die es bewirken, daß ſeit langer Zeit auch die offiziellen Vertreter der Botanik in den Grundanſchau- ungen über Methode, über das wirklich Feſtſtehende und noch Zweifelhafte in den Hauptgebieten vielfach ſoweit von einander abweichen, daß ſelbſt die gegenſeitige Verſtändigung oft unmög- lich wird. Daß es in dieſer Beziehung in der Zoologie, Phyſik und Chemie viel beſſer ſteht, verdankt man gewiß nicht zum ge- ringſten Theil den zahlreichen gutem Compendien und Lehr- büchern, welche beſtrebt ſind, dem Fortſchritt der Wiſſenſchaft von Jahr zu Jahr Rechnung zu tragen. Im Lauf der fünfziger und ſechziger Jahre waren es Schacht 1) Hermann Schacht geb. zu Ochſenwerder 1824, geſt. zu Bonn 1864,
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Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der
ſpäter in beſonderer Ausgabe in den Handel kam und von vielen
Lehrern der Botanik ihren Vorträgen als Leitfaden zu Grunde
gelegt wurde. Es wurde jetzt überhaupt Mode, nicht mehr Lehr-
bücher der Botanik, ſondern Compendien der Anatomie und Phy-
ſiologie zu ſchreiben, während die Morphologie und Syſtematik
ebenſo unbeachtet blieben, wie in der vorſchleiden'ſchen Zeit ge-
wöhnlich die Anatomie und Phyſiologie; wer ein vollſtändiges
Lehrbuch der ganzen Botanik benutzen wollte, mußte ſich daher
auch ſpäter noch an Schleiden's Grundzüge halten, was
wiederum nicht wenig dazu beitrug, die unrichtige Zellen- und
Befruchtungslehre Schleiden's auch dann noch in weiteren
Kreiſen zu verbreiten, als bei den Fachmännern die neueren
und richtigeren Anſichten längſt feſtſtanden; es iſt überhaupt eine
leidige Eigenthümlichkeit unſerer Wiſſenſchaft, daß ſie an guten
Lehrbüchern, welche dem jeweiligen Stand der Forſchung allſeitig
Rechnung tragen, ſo außerordentlich arm iſt; ſicherlich liegt darin
eine von den Urſachen, die es bewirken, daß ſeit langer Zeit
auch die offiziellen Vertreter der Botanik in den Grundanſchau-
ungen über Methode, über das wirklich Feſtſtehende und noch
Zweifelhafte in den Hauptgebieten vielfach ſoweit von einander
abweichen, daß ſelbſt die gegenſeitige Verſtändigung oft unmög-
lich wird. Daß es in dieſer Beziehung in der Zoologie, Phyſik
und Chemie viel beſſer ſteht, verdankt man gewiß nicht zum ge-
ringſten Theil den zahlreichen gutem Compendien und Lehr-
büchern, welche beſtrebt ſind, dem Fortſchritt der Wiſſenſchaft
von Jahr zu Jahr Rechnung zu tragen.
Im Lauf der fünfziger und ſechziger Jahre waren es Schacht
und Unger, welche die Reſultate der neuen phytotomiſchen
Forſchungen in Lehrbüchern auch weiteren Kreiſen zugänglich zu
machen ſuchten. Zu den Lehrbüchern nämlich rechne ich auch
Schacht's 1) „Die Pflanzenzelle“ 1852, ein Buch, in welchem
der Anſpruch erhoben ward, alle Theile der Phytotomie ganz
1) Hermann Schacht geb. zu Ochſenwerder 1824, geſt. zu Bonn 1864,
wo er ſeit 1859 Profeſſor der Botanik war.
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