Lobelius, bei dem man es am ersten erwarten dürfte, hat überhaupt gar keine derartigen Erklärungen gegeben.
Der Mangel an tieferer vergleichender Betrachtung der Pflanzentheile, der sich in den angeführten Beispielen der Nomen- clatur ausspricht, kann als ein weiterer Beweis für die Behaup- tung dienen, daß die natürliche Verwandtschaft nicht aus genauer Vergleichung der Form der Organe geschlossen, sondern nur aus der unmittelbar sinnlichen Aehnlichkeit im Habitus, aus dem Gesammteindruck der ganzen Pflanze herausgefühlt wurde.
Indem ich nun zur Betrachtung der systematischen Be- strebungen der deutschen Botaniker dieses Zeitraumes übergehe, ist zunächst hervorzuheben, daß man allgemein die Eintheilung in die Hauptgruppen: Bäume, Sträucher, Halbsträucher, Kräuter beibehielt, Gruppen, welche aus dem Alterthum herübergenom- men waren, und welche auch von den eigentlichen Systematikern von Caesalpin bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts beibehalten wurden; es war in diesem Prinzip nichts geändert, wenn man statt jener 4 Gruppen nur 3 oder 2 (Bäume und Kräuter) beibehielt. Dabei galt es als selbstverständlich, daß die Bäume die vollkommensten Gewächse seien. Wenn nun im Folgenden von Verwandtschaftsverhältnissen die Rede ist, so gelten dieselben immer nur innerhalb dieser eben genannten Gruppen. Die Systematik der deutschen und niederländischen Botaniker entsprang nicht nur aus der Einzelbeschreibung der Pflanzen, sondern sie war anfänglich sogar in gewissem Sinne identisch mit derselben. Indem man es unternahm, die einzelnen Pflanzenformen zu beschreiben, hatte man sofort die sehr ähnlichen von einander kritisch zu sondern, denn die Aehnlichkeit systematisch nahe verwandter Pflanzen ist oft so groß, daß ihre spezifische Unterscheidung Nachdenken und sorgfältige Vergleichung erfordert: die Aehnlichkeit tritt schärfer hervor als die Verschiedenheit; zudem gibt es viele Pflanzen, welche, obgleich ihrer inneren Natur nach gänzlich von einander verschieden, doch für die unmittelbar sinn- liche Wahrnehmung auffallend ähnlich erscheinen und umgekehrt. Indem es nun also die Beschreibung versucht, die einzelnen For-
von Brunfels bis auf Caspar Bauhin.
Lobelius, bei dem man es am erſten erwarten dürfte, hat überhaupt gar keine derartigen Erklärungen gegeben.
Der Mangel an tieferer vergleichender Betrachtung der Pflanzentheile, der ſich in den angeführten Beiſpielen der Nomen- clatur ausſpricht, kann als ein weiterer Beweis für die Behaup- tung dienen, daß die natürliche Verwandtſchaft nicht aus genauer Vergleichung der Form der Organe geſchloſſen, ſondern nur aus der unmittelbar ſinnlichen Aehnlichkeit im Habitus, aus dem Geſammteindruck der ganzen Pflanze herausgefühlt wurde.
Indem ich nun zur Betrachtung der ſyſtematiſchen Be- ſtrebungen der deutſchen Botaniker dieſes Zeitraumes übergehe, iſt zunächſt hervorzuheben, daß man allgemein die Eintheilung in die Hauptgruppen: Bäume, Sträucher, Halbſträucher, Kräuter beibehielt, Gruppen, welche aus dem Alterthum herübergenom- men waren, und welche auch von den eigentlichen Syſtematikern von Caeſalpin bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts beibehalten wurden; es war in dieſem Prinzip nichts geändert, wenn man ſtatt jener 4 Gruppen nur 3 oder 2 (Bäume und Kräuter) beibehielt. Dabei galt es als ſelbſtverſtändlich, daß die Bäume die vollkommenſten Gewächſe ſeien. Wenn nun im Folgenden von Verwandtſchaftsverhältniſſen die Rede iſt, ſo gelten dieſelben immer nur innerhalb dieſer eben genannten Gruppen. Die Syſtematik der deutſchen und niederländiſchen Botaniker entſprang nicht nur aus der Einzelbeſchreibung der Pflanzen, ſondern ſie war anfänglich ſogar in gewiſſem Sinne identiſch mit derſelben. Indem man es unternahm, die einzelnen Pflanzenformen zu beſchreiben, hatte man ſofort die ſehr ähnlichen von einander kritiſch zu ſondern, denn die Aehnlichkeit ſyſtematiſch nahe verwandter Pflanzen iſt oft ſo groß, daß ihre ſpezifiſche Unterſcheidung Nachdenken und ſorgfältige Vergleichung erfordert: die Aehnlichkeit tritt ſchärfer hervor als die Verſchiedenheit; zudem gibt es viele Pflanzen, welche, obgleich ihrer inneren Natur nach gänzlich von einander verſchieden, doch für die unmittelbar ſinn- liche Wahrnehmung auffallend ähnlich erſcheinen und umgekehrt. Indem es nun alſo die Beſchreibung verſucht, die einzelnen For-
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von Brunfels bis auf Caspar Bauhin.
Lobelius, bei dem man es am erſten erwarten dürfte,
hat überhaupt gar keine derartigen Erklärungen gegeben.
Der Mangel an tieferer vergleichender Betrachtung der
Pflanzentheile, der ſich in den angeführten Beiſpielen der Nomen-
clatur ausſpricht, kann als ein weiterer Beweis für die Behaup-
tung dienen, daß die natürliche Verwandtſchaft nicht aus genauer
Vergleichung der Form der Organe geſchloſſen, ſondern nur aus
der unmittelbar ſinnlichen Aehnlichkeit im Habitus, aus dem
Geſammteindruck der ganzen Pflanze herausgefühlt wurde.
Indem ich nun zur Betrachtung der ſyſtematiſchen Be-
ſtrebungen der deutſchen Botaniker dieſes Zeitraumes übergehe,
iſt zunächſt hervorzuheben, daß man allgemein die Eintheilung
in die Hauptgruppen: Bäume, Sträucher, Halbſträucher, Kräuter
beibehielt, Gruppen, welche aus dem Alterthum herübergenom-
men waren, und welche auch von den eigentlichen Syſtematikern
von Caeſalpin bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts
beibehalten wurden; es war in dieſem Prinzip nichts geändert,
wenn man ſtatt jener 4 Gruppen nur 3 oder 2 (Bäume und
Kräuter) beibehielt. Dabei galt es als ſelbſtverſtändlich, daß
die Bäume die vollkommenſten Gewächſe ſeien. Wenn nun im
Folgenden von Verwandtſchaftsverhältniſſen die Rede iſt, ſo
gelten dieſelben immer nur innerhalb dieſer eben genannten
Gruppen. Die Syſtematik der deutſchen und niederländiſchen
Botaniker entſprang nicht nur aus der Einzelbeſchreibung der
Pflanzen, ſondern ſie war anfänglich ſogar in gewiſſem Sinne
identiſch mit derſelben. Indem man es unternahm, die einzelnen
Pflanzenformen zu beſchreiben, hatte man ſofort die ſehr ähnlichen
von einander kritiſch zu ſondern, denn die Aehnlichkeit ſyſtematiſch
nahe verwandter Pflanzen iſt oft ſo groß, daß ihre ſpezifiſche
Unterſcheidung Nachdenken und ſorgfältige Vergleichung erfordert:
die Aehnlichkeit tritt ſchärfer hervor als die Verſchiedenheit; zudem
gibt es viele Pflanzen, welche, obgleich ihrer inneren Natur nach
gänzlich von einander verſchieden, doch für die unmittelbar ſinn-
liche Wahrnehmung auffallend ähnlich erſcheinen und umgekehrt.
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/37>, abgerufen am 11.12.2024.
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