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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Entwicklungsgeschichte der Zelle, Entstehung der
Einsicht in die Zellbildung zu verwenden, indem er (p. 289) auf
den Umstand hinwies, daß die Zellen der Cambiumschicht zwischen
Rinde und Holz immer ohne Interzellularräume zusammenschließen,
daß also nur zwei Modifikationen der Zellvermehrung denkbar
seien: entweder Theilung der Zellen durch Bildung einer Scheide-
wand oder Entstehung von Zellen in Zellen; in jeder dieser
jugendlichen Zellen finde sich ein Primordialschlauch, dessen Ent-
stehung also mindestens gleichzeitig mit der der Zelle (Zellhaut)
erfolgen müsse. "Würde sich nun mit Bestimmtheit nachweisen
lassen, daß in den Zellen, welche in Vermehrung begriffen sind,
sich zwei Primordialschläuche neben einander befinden, ehe eine
Scheidewand zwischen denselben ausgebildet ist, so wäre es für die
Cambiumschicht, sowie für die Spitze des Stammes und der Wurzel
entschieden, daß an diesen Stellen der Bildung der Zelle die des
Primordialschlauches vorausgeht." Mohl glaubte diesen Vorgang
gesehen zu haben, blieb aber über die Richtigkeit seiner Beobachtung
im Zweifel; doch fährt er fort: "Da jede jugendliche Zelle einen
Primordialschlauch enthält, so muß dieser, ehe eine Vermehrung
der Zelle eintritt, entweder resorbirt werden, um zwei neuen an
seiner Stelle entstehenden Platz zu machen oder es muß der alte
Primordialschlauch durch Abschnürung in zwei Schläuche zerfallen."
Er hielt aber das Erstere für wahrscheinlich, indem er Unger's
Angabe, daß die Kerne erst nach der Theilung entstehen, zurück-
wies. Es ist überraschend, daß Mohl nach diesen Erwägungen
in seinen Beobachtungen eine Bestätigung der Schleiden'schen
Zellbildungstheorie glaubte finden zu müssen, obgleich er außer-
dem hervorhob, daß der Zellkern niemals einen Theil der Zell-
wand bilde, was doch für Schleiden's Theorie durchaus
charakteristisch ist; aber freilich hielt Mohl die nach Schleiden
vom Zellkern sich abhebende Haut für den Primordialschlauch.
Nach diesen Fehlgriffen finden wir andererseits wieder die richtige
Vermuthung, die Substanz des Primordialschlauches möge identisch
sein mit der schleimigen Masse, welche den Zellkern gewöhnlich
einschließt, also mit dem, was Mohl zwei Jahre später Pro-
toplasma nannte. In dieser späteren Abhandlung (Bot. Zeit. 1846),

Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der
Einſicht in die Zellbildung zu verwenden, indem er (p. 289) auf
den Umſtand hinwies, daß die Zellen der Cambiumſchicht zwiſchen
Rinde und Holz immer ohne Interzellularräume zuſammenſchließen,
daß alſo nur zwei Modifikationen der Zellvermehrung denkbar
ſeien: entweder Theilung der Zellen durch Bildung einer Scheide-
wand oder Entſtehung von Zellen in Zellen; in jeder dieſer
jugendlichen Zellen finde ſich ein Primordialſchlauch, deſſen Ent-
ſtehung alſo mindeſtens gleichzeitig mit der der Zelle (Zellhaut)
erfolgen müſſe. „Würde ſich nun mit Beſtimmtheit nachweiſen
laſſen, daß in den Zellen, welche in Vermehrung begriffen ſind,
ſich zwei Primordialſchläuche neben einander befinden, ehe eine
Scheidewand zwiſchen denſelben ausgebildet iſt, ſo wäre es für die
Cambiumſchicht, ſowie für die Spitze des Stammes und der Wurzel
entſchieden, daß an dieſen Stellen der Bildung der Zelle die des
Primordialſchlauches vorausgeht.“ Mohl glaubte dieſen Vorgang
geſehen zu haben, blieb aber über die Richtigkeit ſeiner Beobachtung
im Zweifel; doch fährt er fort: „Da jede jugendliche Zelle einen
Primordialſchlauch enthält, ſo muß dieſer, ehe eine Vermehrung
der Zelle eintritt, entweder reſorbirt werden, um zwei neuen an
ſeiner Stelle entſtehenden Platz zu machen oder es muß der alte
Primordialſchlauch durch Abſchnürung in zwei Schläuche zerfallen.“
Er hielt aber das Erſtere für wahrſcheinlich, indem er Unger's
Angabe, daß die Kerne erſt nach der Theilung entſtehen, zurück-
wies. Es iſt überraſchend, daß Mohl nach dieſen Erwägungen
in ſeinen Beobachtungen eine Beſtätigung der Schleiden'ſchen
Zellbildungstheorie glaubte finden zu müſſen, obgleich er außer-
dem hervorhob, daß der Zellkern niemals einen Theil der Zell-
wand bilde, was doch für Schleiden's Theorie durchaus
charakteriſtiſch iſt; aber freilich hielt Mohl die nach Schleiden
vom Zellkern ſich abhebende Haut für den Primordialſchlauch.
Nach dieſen Fehlgriffen finden wir andererſeits wieder die richtige
Vermuthung, die Subſtanz des Primordialſchlauches möge identiſch
ſein mit der ſchleimigen Maſſe, welche den Zellkern gewöhnlich
einſchließt, alſo mit dem, was Mohl zwei Jahre ſpäter Pro-
toplasma nannte. In dieſer ſpäteren Abhandlung (Bot. Zeit. 1846),

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[356/0368] Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der Einſicht in die Zellbildung zu verwenden, indem er (p. 289) auf den Umſtand hinwies, daß die Zellen der Cambiumſchicht zwiſchen Rinde und Holz immer ohne Interzellularräume zuſammenſchließen, daß alſo nur zwei Modifikationen der Zellvermehrung denkbar ſeien: entweder Theilung der Zellen durch Bildung einer Scheide- wand oder Entſtehung von Zellen in Zellen; in jeder dieſer jugendlichen Zellen finde ſich ein Primordialſchlauch, deſſen Ent- ſtehung alſo mindeſtens gleichzeitig mit der der Zelle (Zellhaut) erfolgen müſſe. „Würde ſich nun mit Beſtimmtheit nachweiſen laſſen, daß in den Zellen, welche in Vermehrung begriffen ſind, ſich zwei Primordialſchläuche neben einander befinden, ehe eine Scheidewand zwiſchen denſelben ausgebildet iſt, ſo wäre es für die Cambiumſchicht, ſowie für die Spitze des Stammes und der Wurzel entſchieden, daß an dieſen Stellen der Bildung der Zelle die des Primordialſchlauches vorausgeht.“ Mohl glaubte dieſen Vorgang geſehen zu haben, blieb aber über die Richtigkeit ſeiner Beobachtung im Zweifel; doch fährt er fort: „Da jede jugendliche Zelle einen Primordialſchlauch enthält, ſo muß dieſer, ehe eine Vermehrung der Zelle eintritt, entweder reſorbirt werden, um zwei neuen an ſeiner Stelle entſtehenden Platz zu machen oder es muß der alte Primordialſchlauch durch Abſchnürung in zwei Schläuche zerfallen.“ Er hielt aber das Erſtere für wahrſcheinlich, indem er Unger's Angabe, daß die Kerne erſt nach der Theilung entſtehen, zurück- wies. Es iſt überraſchend, daß Mohl nach dieſen Erwägungen in ſeinen Beobachtungen eine Beſtätigung der Schleiden'ſchen Zellbildungstheorie glaubte finden zu müſſen, obgleich er außer- dem hervorhob, daß der Zellkern niemals einen Theil der Zell- wand bilde, was doch für Schleiden's Theorie durchaus charakteriſtiſch iſt; aber freilich hielt Mohl die nach Schleiden vom Zellkern ſich abhebende Haut für den Primordialſchlauch. Nach dieſen Fehlgriffen finden wir andererſeits wieder die richtige Vermuthung, die Subſtanz des Primordialſchlauches möge identiſch ſein mit der ſchleimigen Maſſe, welche den Zellkern gewöhnlich einſchließt, alſo mit dem, was Mohl zwei Jahre ſpäter Pro- toplasma nannte. In dieſer ſpäteren Abhandlung (Bot. Zeit. 1846),

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/368>, abgerufen am 24.11.2024.