schluß findet diese Periode in der Herausgabe seiner "vermischten Schriften" 1845. Bis dahin waren es ganz vorwiegend Unter- suchungen über die Form des festen Zellhautgerüstes der Pflanzen, welche das phytotomische Interesse in Anspruch nahmen und auf diesem Gebiet gab es keinen, der sich damals mit Mohl messen konnte. Doch hatte er schon in den dreißiger Jahren angefangen, die Entwicklungsgeschichte der Pflanzenzellen zu studiren: 1833 beschrieb er die Entwicklung der Sporen der verschiedensten Krypto- gamen, 1835 die Vermehrung der Zellen durch Theilung bei einer Alge, 1838 auch bei der Entwicklung der Spaltöffnungen; in diese Zeit fallen auch die ersten Beobachtungen Mirbel's über die Entstehung der Pollenzellen (1833). Auch war Mohl der erste, wenn man nämlich von den ziemlich unvollkommenen Andeutungen über die Entstehung der Gefäße bei Treviranus 1806 und 1811 absieht, der die Entwicklungsgeschichte der Ge- fäße feststellte; und seine Theorie des Dickenwachsthums der Zellhäute, deren Grundzüge schon in seiner Abhandlung über die Poren des Zellgewebes 1828 enthalten sind, darf ebenfalls als eine entwicklungsgeschichtliche Auffassung der Sculpturverhält- nisse der Zellhaut gelten.
Schon seit 1838 hatte Schleiden nicht nur überhaupt die Entwicklungsgeschichte ganz in den Vordergrund der botani- schen Forschung gestellt, sondern auch eine durchaus verfehlte Theorie der Zellbildung zu Tage gefördert, welcher Mohl trotz seiner älteren viel besseren Beobachtungen wenigstens anfangs seinen Beifall nicht versagte; viel entschiedener aber und mit nachhaltigerem Erfolg bearbeitete Nägeli seit 1842 die Ent- wicklungsgeschichte der Pflanzenzellen und der Gewebesysteme so- wohl, wie der äußeren Organe. Durch ihn wurden ganz neue Momente in die phytotomische Forschung eingeführt und bald zeigte sich, daß auch die bisher bearbeiteten Fragen einer an- deren Fassung bedurften. Mohl entzog sich der neuen Richtung nicht, er lieferte sogar eine Reihe ausgezeichneter Untersuchungen, welche sich den neuen Fragen der Zellbildungstheorie anschlossen, so vor Allem seine Arbeiten über das Protoplasma, dem er den
Sachs, Geschichte der Botanik. 21
Zellhautgerüſtes der Pflanzen.
ſchluß findet dieſe Periode in der Herausgabe ſeiner „vermiſchten Schriften“ 1845. Bis dahin waren es ganz vorwiegend Unter- ſuchungen über die Form des feſten Zellhautgerüſtes der Pflanzen, welche das phytotomiſche Intereſſe in Anſpruch nahmen und auf dieſem Gebiet gab es keinen, der ſich damals mit Mohl meſſen konnte. Doch hatte er ſchon in den dreißiger Jahren angefangen, die Entwicklungsgeſchichte der Pflanzenzellen zu ſtudiren: 1833 beſchrieb er die Entwicklung der Sporen der verſchiedenſten Krypto- gamen, 1835 die Vermehrung der Zellen durch Theilung bei einer Alge, 1838 auch bei der Entwicklung der Spaltöffnungen; in dieſe Zeit fallen auch die erſten Beobachtungen Mirbel's über die Entſtehung der Pollenzellen (1833). Auch war Mohl der erſte, wenn man nämlich von den ziemlich unvollkommenen Andeutungen über die Entſtehung der Gefäße bei Treviranus 1806 und 1811 abſieht, der die Entwicklungsgeſchichte der Ge- fäße feſtſtellte; und ſeine Theorie des Dickenwachsthums der Zellhäute, deren Grundzüge ſchon in ſeiner Abhandlung über die Poren des Zellgewebes 1828 enthalten ſind, darf ebenfalls als eine entwicklungsgeſchichtliche Auffaſſung der Sculpturverhält- niſſe der Zellhaut gelten.
Schon ſeit 1838 hatte Schleiden nicht nur überhaupt die Entwicklungsgeſchichte ganz in den Vordergrund der botani- ſchen Forſchung geſtellt, ſondern auch eine durchaus verfehlte Theorie der Zellbildung zu Tage gefördert, welcher Mohl trotz ſeiner älteren viel beſſeren Beobachtungen wenigſtens anfangs ſeinen Beifall nicht verſagte; viel entſchiedener aber und mit nachhaltigerem Erfolg bearbeitete Nägeli ſeit 1842 die Ent- wicklungsgeſchichte der Pflanzenzellen und der Gewebeſyſteme ſo- wohl, wie der äußeren Organe. Durch ihn wurden ganz neue Momente in die phytotomiſche Forſchung eingeführt und bald zeigte ſich, daß auch die bisher bearbeiteten Fragen einer an- deren Faſſung bedurften. Mohl entzog ſich der neuen Richtung nicht, er lieferte ſogar eine Reihe ausgezeichneter Unterſuchungen, welche ſich den neuen Fragen der Zellbildungstheorie anſchloſſen, ſo vor Allem ſeine Arbeiten über das Protoplasma, dem er den
Sachs, Geſchichte der Botanik. 21
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Zellhautgerüſtes der Pflanzen.
ſchluß findet dieſe Periode in der Herausgabe ſeiner „vermiſchten
Schriften“ 1845. Bis dahin waren es ganz vorwiegend Unter-
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welche das phytotomiſche Intereſſe in Anſpruch nahmen und auf
dieſem Gebiet gab es keinen, der ſich damals mit Mohl meſſen
konnte. Doch hatte er ſchon in den dreißiger Jahren angefangen,
die Entwicklungsgeſchichte der Pflanzenzellen zu ſtudiren: 1833
beſchrieb er die Entwicklung der Sporen der verſchiedenſten Krypto-
gamen, 1835 die Vermehrung der Zellen durch Theilung bei
einer Alge, 1838 auch bei der Entwicklung der Spaltöffnungen;
in dieſe Zeit fallen auch die erſten Beobachtungen Mirbel's
über die Entſtehung der Pollenzellen (1833). Auch war Mohl
der erſte, wenn man nämlich von den ziemlich unvollkommenen
Andeutungen über die Entſtehung der Gefäße bei Treviranus
1806 und 1811 abſieht, der die Entwicklungsgeſchichte der Ge-
fäße feſtſtellte; und ſeine Theorie des Dickenwachsthums der
Zellhäute, deren Grundzüge ſchon in ſeiner Abhandlung über
die Poren des Zellgewebes 1828 enthalten ſind, darf ebenfalls
als eine entwicklungsgeſchichtliche Auffaſſung der Sculpturverhält-
niſſe der Zellhaut gelten.
Schon ſeit 1838 hatte Schleiden nicht nur überhaupt
die Entwicklungsgeſchichte ganz in den Vordergrund der botani-
ſchen Forſchung geſtellt, ſondern auch eine durchaus verfehlte
Theorie der Zellbildung zu Tage gefördert, welcher Mohl trotz
ſeiner älteren viel beſſeren Beobachtungen wenigſtens anfangs
ſeinen Beifall nicht verſagte; viel entſchiedener aber und mit
nachhaltigerem Erfolg bearbeitete Nägeli ſeit 1842 die Ent-
wicklungsgeſchichte der Pflanzenzellen und der Gewebeſyſteme ſo-
wohl, wie der äußeren Organe. Durch ihn wurden ganz neue
Momente in die phytotomiſche Forſchung eingeführt und bald
zeigte ſich, daß auch die bisher bearbeiteten Fragen einer an-
deren Faſſung bedurften. Mohl entzog ſich der neuen Richtung
nicht, er lieferte ſogar eine Reihe ausgezeichneter Unterſuchungen,
welche ſich den neuen Fragen der Zellbildungstheorie anſchloſſen,
ſo vor Allem ſeine Arbeiten über das Protoplasma, dem er den
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/333>, abgerufen am 16.02.2025.
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