Ganz auffallend ist es, wie sehr sich Meyen's Zeichnungen von 1836 denen von 1830 gegenüber vervollkommnet haben, obgleich er in beiden Fällen dasselbe Mikroskop und die gleiche Vergrößerung von 220 benutzte.
Um zu erfahren, was Meyen zur Förderung der Phyto- tomie ganz selbständig beigetragen hat, müssen wir uns an seine "Phytotomie" von 1830 wenden; denn in seinen späteren Werken, besonders auch im neuen "System der Physiologie" von 1837 konnte er bereits die ersten durchschlagenden Arbeiten Mohl's benutzen, die nothwendig auf seine späteren Ansichten einwirken mußten, wenn Meyen auch immerhin mehr als Rivale und Opponent Mohl's auftrat und diesem gegenüber nicht nur Treviranus und Link, sondern auch einen Kieser u. dergl. wie gleichberechtigte Capacitäten behandelte. Wie er in seinen späteren Schriften Mohl's Leistungen widerwillig anerkannte, die fundamentale Bedeutung derselben übersah, so trat er in seiner früheren Phytotomie 1830 auch vielfach gegen Molden- hawer auf, um ihm gegenüber die Autorität Link's zur An- erkennung zu bringen und mit Verwunderung liest man im ersten Bande des neuen Systems eine Widmung an Link, wo dieser als "Gründer der deutschen Pflanzenphysiologie" be- zeichnet wird. Die Stellung eines Gelehrten zu seiner ganzen Wissenschaft findet ihren einfachsten und bestimmtesten Ausdruck sicherlich in seinem Urtheil über die Verdienste seiner Zeitgenossen und Vorgänger; das eben Gesagte läßt daher schon schließen, daß Meyen noch in der Hauptsache in dem Gedankenkreise der Göttinger Preisschrift sich bewegte, ohne die Bedeutung der von Moldenhawer und Mohl bereits eröffneten Gesichtspuncte klar zu erkennen; wenn auch immerhin zugegeben werden muß daß Meyen in der von Link betretenen Bahn selbständig weit über diese hinausging.
Käme es darauf an, eine Biographie Meyen's zu ver- fassen, so müßten wir allen seinen genannten Werken folgen und zeigen, wie sich seine Ansichten nach und nach klärten; für unsern Zweck genügt es jedoch, das Eigenartige in der Gesammtauf-
Unterſuchung des fertigen
Ganz auffallend iſt es, wie ſehr ſich Meyen's Zeichnungen von 1836 denen von 1830 gegenüber vervollkommnet haben, obgleich er in beiden Fällen dasſelbe Mikroſkop und die gleiche Vergrößerung von 220 benutzte.
Um zu erfahren, was Meyen zur Förderung der Phyto- tomie ganz ſelbſtändig beigetragen hat, müſſen wir uns an ſeine „Phytotomie“ von 1830 wenden; denn in ſeinen ſpäteren Werken, beſonders auch im neuen „Syſtem der Phyſiologie“ von 1837 konnte er bereits die erſten durchſchlagenden Arbeiten Mohl's benutzen, die nothwendig auf ſeine ſpäteren Anſichten einwirken mußten, wenn Meyen auch immerhin mehr als Rivale und Opponent Mohl's auftrat und dieſem gegenüber nicht nur Treviranus und Link, ſondern auch einen Kieſer u. dergl. wie gleichberechtigte Capacitäten behandelte. Wie er in ſeinen ſpäteren Schriften Mohl's Leiſtungen widerwillig anerkannte, die fundamentale Bedeutung derſelben überſah, ſo trat er in ſeiner früheren Phytotomie 1830 auch vielfach gegen Molden- hawer auf, um ihm gegenüber die Autorität Link's zur An- erkennung zu bringen und mit Verwunderung lieſt man im erſten Bande des neuen Syſtems eine Widmung an Link, wo dieſer als „Gründer der deutſchen Pflanzenphyſiologie“ be- zeichnet wird. Die Stellung eines Gelehrten zu ſeiner ganzen Wiſſenſchaft findet ihren einfachſten und beſtimmteſten Ausdruck ſicherlich in ſeinem Urtheil über die Verdienſte ſeiner Zeitgenoſſen und Vorgänger; das eben Geſagte läßt daher ſchon ſchließen, daß Meyen noch in der Hauptſache in dem Gedankenkreiſe der Göttinger Preisſchrift ſich bewegte, ohne die Bedeutung der von Moldenhawer und Mohl bereits eröffneten Geſichtspuncte klar zu erkennen; wenn auch immerhin zugegeben werden muß daß Meyen in der von Link betretenen Bahn ſelbſtändig weit über dieſe hinausging.
Käme es darauf an, eine Biographie Meyen's zu ver- faſſen, ſo müßten wir allen ſeinen genannten Werken folgen und zeigen, wie ſich ſeine Anſichten nach und nach klärten; für unſern Zweck genügt es jedoch, das Eigenartige in der Geſammtauf-
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[310/0322]
Unterſuchung des fertigen
Ganz auffallend iſt es, wie ſehr ſich Meyen's Zeichnungen
von 1836 denen von 1830 gegenüber vervollkommnet haben,
obgleich er in beiden Fällen dasſelbe Mikroſkop und die gleiche
Vergrößerung von 220 benutzte.
Um zu erfahren, was Meyen zur Förderung der Phyto-
tomie ganz ſelbſtändig beigetragen hat, müſſen wir uns an ſeine
„Phytotomie“ von 1830 wenden; denn in ſeinen ſpäteren Werken,
beſonders auch im neuen „Syſtem der Phyſiologie“ von 1837
konnte er bereits die erſten durchſchlagenden Arbeiten Mohl's
benutzen, die nothwendig auf ſeine ſpäteren Anſichten einwirken
mußten, wenn Meyen auch immerhin mehr als Rivale und
Opponent Mohl's auftrat und dieſem gegenüber nicht nur
Treviranus und Link, ſondern auch einen Kieſer u. dergl.
wie gleichberechtigte Capacitäten behandelte. Wie er in ſeinen
ſpäteren Schriften Mohl's Leiſtungen widerwillig anerkannte,
die fundamentale Bedeutung derſelben überſah, ſo trat er in
ſeiner früheren Phytotomie 1830 auch vielfach gegen Molden-
hawer auf, um ihm gegenüber die Autorität Link's zur An-
erkennung zu bringen und mit Verwunderung lieſt man im
erſten Bande des neuen Syſtems eine Widmung an Link,
wo dieſer als „Gründer der deutſchen Pflanzenphyſiologie“ be-
zeichnet wird. Die Stellung eines Gelehrten zu ſeiner ganzen
Wiſſenſchaft findet ihren einfachſten und beſtimmteſten Ausdruck
ſicherlich in ſeinem Urtheil über die Verdienſte ſeiner Zeitgenoſſen
und Vorgänger; das eben Geſagte läßt daher ſchon ſchließen,
daß Meyen noch in der Hauptſache in dem Gedankenkreiſe der
Göttinger Preisſchrift ſich bewegte, ohne die Bedeutung der
von Moldenhawer und Mohl bereits eröffneten Geſichtspuncte
klar zu erkennen; wenn auch immerhin zugegeben werden muß
daß Meyen in der von Link betretenen Bahn ſelbſtändig weit
über dieſe hinausging.
Käme es darauf an, eine Biographie Meyen's zu ver-
faſſen, ſo müßten wir allen ſeinen genannten Werken folgen und
zeigen, wie ſich ſeine Anſichten nach und nach klärten; für unſern
Zweck genügt es jedoch, das Eigenartige in der Geſammtauf-
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/322>, abgerufen am 25.11.2024.
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