was übrigens später wieder von Link, Sprengel und Mol- denhawer geleugnet wurde. Die Skulpturverhältnisse der Treppengefäße dagegen wurden ihm nicht klar, er hielt die Tüpfel der punctirten Gefäße für Verdickungen der Wand, also für das- selbe, was bei den ächten Treppengefäßen die Querleisten zwischen den Spalten sind, welch letztere er übrigens für geschlossen hielt. War in diesen Ansichten auch noch viel Irrthümliches, so trug doch wesentlich zur Klärung der Ansichten bei, daß Bernhardi überhaupt die verschiedenen Formen der Luftgefäße zu unter- scheiden suchte, zumal darauf hinwies, daß sich im secundären Holz weder Spiral- noch Ringgefäße finden. Die Aehnlichkeit der verschiedenen Gefäßformen verführte die Zeitgenossen Bern- hardi's vielfach zu der irrigen Ansicht, daß dieselben durch Metamorphose der eigentlichen Spiralgefäße entstehen; er zeigte, daß man wohl innerhalb Einer Gefäßröhre verschiedene Wand- formen finde, daß dies jedoch nicht auf einer zeitlichen Verwand- lung beruhe; vielmehr lehre die Beobachtung, daß jede Art von Gefäßen schon in der Jugend ihren Charakter besitzt, daß zumal auch die jüngsten Treppengefäße nicht die Form von Spiralge- fäßen darbieten.
Unter den Begriff der eigenen Gefäße rechnete er alle röhren- förmigen mit eigenthümlichen Saft erfüllten Gebilde, nicht bloß die Milchzellen und ächten Milchgefäße, sondern auch die Harz- gänge und dergl., über deren Vertheilung und Saftgehalt zu verschiedenen Zeiten er vielfach gute, auch jetzt noch werthvolle Beobachtungen machte. Die Unterschiede im Bau dieser ver- schiedenen saftführenden Röhren konnte er mit den schwachen Vergrößerungen seines Mikroskops noch nicht wahrnehmen, er hielt sich daher vorwiegend an die Struktur der großen Harz- gänge, die er im Ganzen richtig erkannte.
Die Frage: ob es außer den genannten Gefäßformen noch andere in der Pflanze gebe, gab ihm Gelegenheit, den Begriff eines Gefäßes als eines ununterbrochenen Rohres oder Canales besser als es bis dahin geschehen war zu definiren, und zugleich sieht er sich genöthigt in diesem Sinn die Frage aufzunehmen,
Unterſuchung des fertigen
was übrigens ſpäter wieder von Link, Sprengel und Mol- denhawer geleugnet wurde. Die Skulpturverhältniſſe der Treppengefäße dagegen wurden ihm nicht klar, er hielt die Tüpfel der punctirten Gefäße für Verdickungen der Wand, alſo für das- ſelbe, was bei den ächten Treppengefäßen die Querleiſten zwiſchen den Spalten ſind, welch letztere er übrigens für geſchloſſen hielt. War in dieſen Anſichten auch noch viel Irrthümliches, ſo trug doch weſentlich zur Klärung der Anſichten bei, daß Bernhardi überhaupt die verſchiedenen Formen der Luftgefäße zu unter- ſcheiden ſuchte, zumal darauf hinwies, daß ſich im ſecundären Holz weder Spiral- noch Ringgefäße finden. Die Aehnlichkeit der verſchiedenen Gefäßformen verführte die Zeitgenoſſen Bern- hardi's vielfach zu der irrigen Anſicht, daß dieſelben durch Metamorphoſe der eigentlichen Spiralgefäße entſtehen; er zeigte, daß man wohl innerhalb Einer Gefäßröhre verſchiedene Wand- formen finde, daß dies jedoch nicht auf einer zeitlichen Verwand- lung beruhe; vielmehr lehre die Beobachtung, daß jede Art von Gefäßen ſchon in der Jugend ihren Charakter beſitzt, daß zumal auch die jüngſten Treppengefäße nicht die Form von Spiralge- fäßen darbieten.
Unter den Begriff der eigenen Gefäße rechnete er alle röhren- förmigen mit eigenthümlichen Saft erfüllten Gebilde, nicht bloß die Milchzellen und ächten Milchgefäße, ſondern auch die Harz- gänge und dergl., über deren Vertheilung und Saftgehalt zu verſchiedenen Zeiten er vielfach gute, auch jetzt noch werthvolle Beobachtungen machte. Die Unterſchiede im Bau dieſer ver- ſchiedenen ſaftführenden Röhren konnte er mit den ſchwachen Vergrößerungen ſeines Mikroſkops noch nicht wahrnehmen, er hielt ſich daher vorwiegend an die Struktur der großen Harz- gänge, die er im Ganzen richtig erkannte.
Die Frage: ob es außer den genannten Gefäßformen noch andere in der Pflanze gebe, gab ihm Gelegenheit, den Begriff eines Gefäßes als eines ununterbrochenen Rohres oder Canales beſſer als es bis dahin geſchehen war zu definiren, und zugleich ſieht er ſich genöthigt in dieſem Sinn die Frage aufzunehmen,
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Unterſuchung des fertigen
was übrigens ſpäter wieder von Link, Sprengel und Mol-
denhawer geleugnet wurde. Die Skulpturverhältniſſe der
Treppengefäße dagegen wurden ihm nicht klar, er hielt die Tüpfel
der punctirten Gefäße für Verdickungen der Wand, alſo für das-
ſelbe, was bei den ächten Treppengefäßen die Querleiſten zwiſchen
den Spalten ſind, welch letztere er übrigens für geſchloſſen hielt.
War in dieſen Anſichten auch noch viel Irrthümliches, ſo trug
doch weſentlich zur Klärung der Anſichten bei, daß Bernhardi
überhaupt die verſchiedenen Formen der Luftgefäße zu unter-
ſcheiden ſuchte, zumal darauf hinwies, daß ſich im ſecundären
Holz weder Spiral- noch Ringgefäße finden. Die Aehnlichkeit
der verſchiedenen Gefäßformen verführte die Zeitgenoſſen Bern-
hardi's vielfach zu der irrigen Anſicht, daß dieſelben durch
Metamorphoſe der eigentlichen Spiralgefäße entſtehen; er zeigte,
daß man wohl innerhalb Einer Gefäßröhre verſchiedene Wand-
formen finde, daß dies jedoch nicht auf einer zeitlichen Verwand-
lung beruhe; vielmehr lehre die Beobachtung, daß jede Art von
Gefäßen ſchon in der Jugend ihren Charakter beſitzt, daß zumal
auch die jüngſten Treppengefäße nicht die Form von Spiralge-
fäßen darbieten.
Unter den Begriff der eigenen Gefäße rechnete er alle röhren-
förmigen mit eigenthümlichen Saft erfüllten Gebilde, nicht bloß
die Milchzellen und ächten Milchgefäße, ſondern auch die Harz-
gänge und dergl., über deren Vertheilung und Saftgehalt zu
verſchiedenen Zeiten er vielfach gute, auch jetzt noch werthvolle
Beobachtungen machte. Die Unterſchiede im Bau dieſer ver-
ſchiedenen ſaftführenden Röhren konnte er mit den ſchwachen
Vergrößerungen ſeines Mikroſkops noch nicht wahrnehmen, er
hielt ſich daher vorwiegend an die Struktur der großen Harz-
gänge, die er im Ganzen richtig erkannte.
Die Frage: ob es außer den genannten Gefäßformen noch
andere in der Pflanze gebe, gab ihm Gelegenheit, den Begriff
eines Gefäßes als eines ununterbrochenen Rohres oder Canales
beſſer als es bis dahin geſchehen war zu definiren, und zugleich
ſieht er ſich genöthigt in dieſem Sinn die Frage aufzunehmen,
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/298>, abgerufen am 15.08.2024.
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