die er mit dem jetzt noch gangbaren Namen belegte, statt der beiden Schließzellen einen ringförmigen Wulst; wir finden aber hier schon die wohl von Comparetti zuerst gemachte Beob- achtung mitgetheilt, daß sich die Spalte abwechselnd schließt und öffnet, am Morgen soll sie weit geöffnet, am Abend geschlossen sein. Sprengel schrieb diesen Organen aber eine einsaugende Thätigkeit zu.
Gegen Mirbel erhob Sprengel bei Gelegenheit seiner Zellbildungstheorie den Vorwurf, er habe die in den Zellen liegenden Stärkekörnchen für die Poren der Zellwände gehalten. In diesem für die Zellenlehre und Physiologie so wichtigen Puncte folgten ihm später die drei Bewerber um den Göttinger Preis, obgleich schon 1805 Bernhardi Mirbel's Lehre von den Poren in Schutz genommen und darauf hingewiesen hatte, wie wenig man glauben könne, daß ein so gewandter Beobachter wie Mirbel einen so groben Irrthum begangen haben solle. Ueberhaupt zeichnete sich die kleine Schrift Bernhardi's "Be- obachtungen über Pflanzengefäße" (Erfurt 1805) 1) nicht nur durch verschiedene neue und richtige Wahrnehmungen aus, sondern noch mehr durch einen einfachen geraden Verstand, der die Dinge nimmt, wie sie sich dem Auge darbieten, ohne sich durch vorge- faßte Meinungen beirren zu lassen. Bernhardi's Beobacht- ungen sind unzweifelhaft die besten in dem ganzen Zeitraum von Malpighi und Grew bis auf den jüngeren Moldenhawer; seine Art, die phytotomischen Fragen zu behandeln viel zweck- mäßiger, als bei den drei Bewerbern um den Göttinger Preis.
Die genannte Schrift handelt übrigens nicht bloß von den Gefäßen, sondern auch von den übrigen Gewerbeformen, welche Bernhardi genauer als bisher zu unterscheiden und zu klassi- ficiren sucht. Dabei zeichnet er sich sehr vortheilhaft vor seinen Zeitgenossen dadurch aus, daß er die gebrauchten histologischen Ausdrücke auf möglichst scharf definirte Begriffe anzuwenden
1)Johann Jakob Bernhardi geb. 1774, gest. 1850 zu Erfurt, war Professor der Botanik daselbst.
Unterſuchung des fertigen
die er mit dem jetzt noch gangbaren Namen belegte, ſtatt der beiden Schließzellen einen ringförmigen Wulſt; wir finden aber hier ſchon die wohl von Comparetti zuerſt gemachte Beob- achtung mitgetheilt, daß ſich die Spalte abwechſelnd ſchließt und öffnet, am Morgen ſoll ſie weit geöffnet, am Abend geſchloſſen ſein. Sprengel ſchrieb dieſen Organen aber eine einſaugende Thätigkeit zu.
Gegen Mirbel erhob Sprengel bei Gelegenheit ſeiner Zellbildungstheorie den Vorwurf, er habe die in den Zellen liegenden Stärkekörnchen für die Poren der Zellwände gehalten. In dieſem für die Zellenlehre und Phyſiologie ſo wichtigen Puncte folgten ihm ſpäter die drei Bewerber um den Göttinger Preis, obgleich ſchon 1805 Bernhardi Mirbel's Lehre von den Poren in Schutz genommen und darauf hingewieſen hatte, wie wenig man glauben könne, daß ein ſo gewandter Beobachter wie Mirbel einen ſo groben Irrthum begangen haben ſolle. Ueberhaupt zeichnete ſich die kleine Schrift Bernhardi's „Be- obachtungen über Pflanzengefäße“ (Erfurt 1805) 1) nicht nur durch verſchiedene neue und richtige Wahrnehmungen aus, ſondern noch mehr durch einen einfachen geraden Verſtand, der die Dinge nimmt, wie ſie ſich dem Auge darbieten, ohne ſich durch vorge- faßte Meinungen beirren zu laſſen. Bernhardi's Beobacht- ungen ſind unzweifelhaft die beſten in dem ganzen Zeitraum von Malpighi und Grew bis auf den jüngeren Moldenhawer; ſeine Art, die phytotomiſchen Fragen zu behandeln viel zweck- mäßiger, als bei den drei Bewerbern um den Göttinger Preis.
Die genannte Schrift handelt übrigens nicht bloß von den Gefäßen, ſondern auch von den übrigen Gewerbeformen, welche Bernhardi genauer als bisher zu unterſcheiden und zu klaſſi- ficiren ſucht. Dabei zeichnet er ſich ſehr vortheilhaft vor ſeinen Zeitgenoſſen dadurch aus, daß er die gebrauchten hiſtologiſchen Ausdrücke auf möglichſt ſcharf definirte Begriffe anzuwenden
1)Johann Jakob Bernhardi geb. 1774, geſt. 1850 zu Erfurt, war Profeſſor der Botanik daſelbſt.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0296"n="284"/><fwplace="top"type="header">Unterſuchung des fertigen</fw><lb/>
die er mit dem jetzt noch gangbaren Namen belegte, ſtatt der<lb/>
beiden Schließzellen einen ringförmigen Wulſt; wir finden aber<lb/>
hier ſchon die wohl von <hirendition="#g">Comparetti</hi> zuerſt gemachte Beob-<lb/>
achtung mitgetheilt, daß ſich die Spalte abwechſelnd ſchließt und<lb/>
öffnet, am Morgen ſoll ſie weit geöffnet, am Abend geſchloſſen<lb/>ſein. <hirendition="#g">Sprengel</hi>ſchrieb dieſen Organen aber eine einſaugende<lb/>
Thätigkeit zu.</p><lb/><p>Gegen <hirendition="#g">Mirbel</hi> erhob <hirendition="#g">Sprengel</hi> bei Gelegenheit ſeiner<lb/>
Zellbildungstheorie den Vorwurf, er habe die in den Zellen<lb/>
liegenden Stärkekörnchen für die Poren der Zellwände gehalten.<lb/>
In dieſem für die Zellenlehre und Phyſiologie ſo wichtigen<lb/>
Puncte folgten ihm ſpäter die drei Bewerber um den Göttinger<lb/>
Preis, obgleich ſchon 1805 <hirendition="#g">Bernhardi Mirbel</hi>'s Lehre von<lb/>
den Poren in Schutz genommen und darauf hingewieſen hatte,<lb/>
wie wenig man glauben könne, daß ein ſo gewandter Beobachter<lb/>
wie <hirendition="#g">Mirbel</hi> einen ſo groben Irrthum begangen haben ſolle.<lb/>
Ueberhaupt zeichnete ſich die kleine Schrift <hirendition="#b">Bernhardi's</hi>„Be-<lb/>
obachtungen über Pflanzengefäße“ (Erfurt 1805) <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Johann Jakob Bernhardi</hi> geb. 1774, geſt. 1850 zu Erfurt,<lb/>
war Profeſſor der Botanik daſelbſt.</note> nicht nur<lb/>
durch verſchiedene neue und richtige Wahrnehmungen aus, ſondern<lb/>
noch mehr durch einen einfachen geraden Verſtand, der die Dinge<lb/>
nimmt, wie ſie ſich dem Auge darbieten, ohne ſich durch vorge-<lb/>
faßte Meinungen beirren zu laſſen. <hirendition="#g">Bernhardi</hi>'s Beobacht-<lb/>
ungen ſind unzweifelhaft die beſten in dem ganzen Zeitraum von<lb/><hirendition="#g">Malpighi</hi> und <hirendition="#g">Grew</hi> bis auf den jüngeren <hirendition="#g">Moldenhawer</hi>;<lb/>ſeine Art, die phytotomiſchen Fragen zu behandeln viel zweck-<lb/>
mäßiger, als bei den drei Bewerbern um den Göttinger Preis.</p><lb/><p>Die genannte Schrift handelt übrigens nicht bloß von den<lb/>
Gefäßen, ſondern auch von den übrigen Gewerbeformen, welche<lb/><hirendition="#g">Bernhardi</hi> genauer als bisher zu unterſcheiden und zu klaſſi-<lb/>
ficiren ſucht. Dabei zeichnet er ſich ſehr vortheilhaft vor ſeinen<lb/>
Zeitgenoſſen dadurch aus, daß er die gebrauchten hiſtologiſchen<lb/>
Ausdrücke auf möglichſt ſcharf definirte Begriffe anzuwenden<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[284/0296]
Unterſuchung des fertigen
die er mit dem jetzt noch gangbaren Namen belegte, ſtatt der
beiden Schließzellen einen ringförmigen Wulſt; wir finden aber
hier ſchon die wohl von Comparetti zuerſt gemachte Beob-
achtung mitgetheilt, daß ſich die Spalte abwechſelnd ſchließt und
öffnet, am Morgen ſoll ſie weit geöffnet, am Abend geſchloſſen
ſein. Sprengel ſchrieb dieſen Organen aber eine einſaugende
Thätigkeit zu.
Gegen Mirbel erhob Sprengel bei Gelegenheit ſeiner
Zellbildungstheorie den Vorwurf, er habe die in den Zellen
liegenden Stärkekörnchen für die Poren der Zellwände gehalten.
In dieſem für die Zellenlehre und Phyſiologie ſo wichtigen
Puncte folgten ihm ſpäter die drei Bewerber um den Göttinger
Preis, obgleich ſchon 1805 Bernhardi Mirbel's Lehre von
den Poren in Schutz genommen und darauf hingewieſen hatte,
wie wenig man glauben könne, daß ein ſo gewandter Beobachter
wie Mirbel einen ſo groben Irrthum begangen haben ſolle.
Ueberhaupt zeichnete ſich die kleine Schrift Bernhardi's „Be-
obachtungen über Pflanzengefäße“ (Erfurt 1805) 1) nicht nur
durch verſchiedene neue und richtige Wahrnehmungen aus, ſondern
noch mehr durch einen einfachen geraden Verſtand, der die Dinge
nimmt, wie ſie ſich dem Auge darbieten, ohne ſich durch vorge-
faßte Meinungen beirren zu laſſen. Bernhardi's Beobacht-
ungen ſind unzweifelhaft die beſten in dem ganzen Zeitraum von
Malpighi und Grew bis auf den jüngeren Moldenhawer;
ſeine Art, die phytotomiſchen Fragen zu behandeln viel zweck-
mäßiger, als bei den drei Bewerbern um den Göttinger Preis.
Die genannte Schrift handelt übrigens nicht bloß von den
Gefäßen, ſondern auch von den übrigen Gewerbeformen, welche
Bernhardi genauer als bisher zu unterſcheiden und zu klaſſi-
ficiren ſucht. Dabei zeichnet er ſich ſehr vortheilhaft vor ſeinen
Zeitgenoſſen dadurch aus, daß er die gebrauchten hiſtologiſchen
Ausdrücke auf möglichſt ſcharf definirte Begriffe anzuwenden
1) Johann Jakob Bernhardi geb. 1774, geſt. 1850 zu Erfurt,
war Profeſſor der Botanik daſelbſt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/296>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.