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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Zellhautgerüstes der Pflanzen.
Entstehung der Gefäße vertheidigt. In Deutschland war es
nun Kurt Sprengel, der bekannte Geschichtsschreiber der Botanik
und einer der vielseitigsten und gelehrtesten Botaniker seiner
Zeit, der schon in seiner 1802 herausgegebenen "Anleitung zur
Kenntniß der Gewächse", die in einem sehr weitschweifigen Brief-
styl geschrieben ist, den wesentlichsten Puncten entgegentrat. Er
stützte sich dabei auf eigene Beobachtungen, die aber offenbar bei
geringer Vergrößerung mit unklarem Gesichtsfeld an schlechten
Präparaten gemacht waren. Das Zellgewebe, sagte Sprengel,
bestehe aus Höhlen von sehr verschiedener Gestalt, die aber unter
einander kommuniciren, indem einige Scheidewände durchbrochen
sind, andere gänzlich fehlen. In den Samenlappen der Bohne
und sonst, sah er die Stärkekörner, die er jedoch für Bläschen
hielt, welche durch Wasseraufnahme heranwachsen und so neues
Zellgewebe bilden, wobei er jedoch die Antwort auf die Frage
schuldig blieb, wie nun das Wachsthum der Organe bei einer
derartigen Zellbildung zu denken sei. Höchst unklar war seine
Vorstellung von den Gefäßen, unklarer sogar als bei Hedwig,
obgleich er sich das Verdienst erwarb, dessen wunderliche Theorie
von den rückführenden Gefäßen in der Epidermis zu widerlegen;
auch hatte er den guten Gedanken, freilich nur nebenbei, geäußert,
daß die Schraubengänge und wohl die Gefäße überhaupt aus
Zellgewebe entstehen könnten, da anfangs die jüngsten Pflanzen-
theile überhaupt nur aus solchem bestehen. Ueber das Wie und
Wo des Vorganges sprach er sich jedoch nicht aus. Wie bei
Malpighi und Grew hatten auch bei ihm die Spiralgefäße
keine eigene Wand, welche er vielmehr aus der dicht zusammen-
gerollten Spiralfaser bestehen ließ; die Einschnürungen der weiten
kurzgliederigen Gefäße hielt er für Contractionen derselben, welche
durch "lebhafte Zusammenziehung" der Spiralfaser, durch eine
Art peristaltischer Bewegung entstehen; ein in den ersten Jahr-
zehnten des Jahrhunderts vielfach gehegter Irrthum, der sich
gern mit der damaligen Vorstellung von der Lebenskraft verband,
unter andern auch von Goethe getheilt wurde. -- Wie Grew,
Gleichen, Hedwig sah auch Sprengel an den Spaltöffnungen,

Zellhautgerüſtes der Pflanzen.
Entſtehung der Gefäße vertheidigt. In Deutſchland war es
nun Kurt Sprengel, der bekannte Geſchichtsſchreiber der Botanik
und einer der vielſeitigſten und gelehrteſten Botaniker ſeiner
Zeit, der ſchon in ſeiner 1802 herausgegebenen „Anleitung zur
Kenntniß der Gewächſe“, die in einem ſehr weitſchweifigen Brief-
ſtyl geſchrieben iſt, den weſentlichſten Puncten entgegentrat. Er
ſtützte ſich dabei auf eigene Beobachtungen, die aber offenbar bei
geringer Vergrößerung mit unklarem Geſichtsfeld an ſchlechten
Präparaten gemacht waren. Das Zellgewebe, ſagte Sprengel,
beſtehe aus Höhlen von ſehr verſchiedener Geſtalt, die aber unter
einander kommuniciren, indem einige Scheidewände durchbrochen
ſind, andere gänzlich fehlen. In den Samenlappen der Bohne
und ſonſt, ſah er die Stärkekörner, die er jedoch für Bläschen
hielt, welche durch Waſſeraufnahme heranwachſen und ſo neues
Zellgewebe bilden, wobei er jedoch die Antwort auf die Frage
ſchuldig blieb, wie nun das Wachsthum der Organe bei einer
derartigen Zellbildung zu denken ſei. Höchſt unklar war ſeine
Vorſtellung von den Gefäßen, unklarer ſogar als bei Hedwig,
obgleich er ſich das Verdienſt erwarb, deſſen wunderliche Theorie
von den rückführenden Gefäßen in der Epidermis zu widerlegen;
auch hatte er den guten Gedanken, freilich nur nebenbei, geäußert,
daß die Schraubengänge und wohl die Gefäße überhaupt aus
Zellgewebe entſtehen könnten, da anfangs die jüngſten Pflanzen-
theile überhaupt nur aus ſolchem beſtehen. Ueber das Wie und
Wo des Vorganges ſprach er ſich jedoch nicht aus. Wie bei
Malpighi und Grew hatten auch bei ihm die Spiralgefäße
keine eigene Wand, welche er vielmehr aus der dicht zuſammen-
gerollten Spiralfaſer beſtehen ließ; die Einſchnürungen der weiten
kurzgliederigen Gefäße hielt er für Contractionen derſelben, welche
durch „lebhafte Zuſammenziehung“ der Spiralfaſer, durch eine
Art periſtaltiſcher Bewegung entſtehen; ein in den erſten Jahr-
zehnten des Jahrhunderts vielfach gehegter Irrthum, der ſich
gern mit der damaligen Vorſtellung von der Lebenskraft verband,
unter andern auch von Goethe getheilt wurde. — Wie Grew,
Gleichen, Hedwig ſah auch Sprengel an den Spaltöffnungen,

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[283/0295] Zellhautgerüſtes der Pflanzen. Entſtehung der Gefäße vertheidigt. In Deutſchland war es nun Kurt Sprengel, der bekannte Geſchichtsſchreiber der Botanik und einer der vielſeitigſten und gelehrteſten Botaniker ſeiner Zeit, der ſchon in ſeiner 1802 herausgegebenen „Anleitung zur Kenntniß der Gewächſe“, die in einem ſehr weitſchweifigen Brief- ſtyl geſchrieben iſt, den weſentlichſten Puncten entgegentrat. Er ſtützte ſich dabei auf eigene Beobachtungen, die aber offenbar bei geringer Vergrößerung mit unklarem Geſichtsfeld an ſchlechten Präparaten gemacht waren. Das Zellgewebe, ſagte Sprengel, beſtehe aus Höhlen von ſehr verſchiedener Geſtalt, die aber unter einander kommuniciren, indem einige Scheidewände durchbrochen ſind, andere gänzlich fehlen. In den Samenlappen der Bohne und ſonſt, ſah er die Stärkekörner, die er jedoch für Bläschen hielt, welche durch Waſſeraufnahme heranwachſen und ſo neues Zellgewebe bilden, wobei er jedoch die Antwort auf die Frage ſchuldig blieb, wie nun das Wachsthum der Organe bei einer derartigen Zellbildung zu denken ſei. Höchſt unklar war ſeine Vorſtellung von den Gefäßen, unklarer ſogar als bei Hedwig, obgleich er ſich das Verdienſt erwarb, deſſen wunderliche Theorie von den rückführenden Gefäßen in der Epidermis zu widerlegen; auch hatte er den guten Gedanken, freilich nur nebenbei, geäußert, daß die Schraubengänge und wohl die Gefäße überhaupt aus Zellgewebe entſtehen könnten, da anfangs die jüngſten Pflanzen- theile überhaupt nur aus ſolchem beſtehen. Ueber das Wie und Wo des Vorganges ſprach er ſich jedoch nicht aus. Wie bei Malpighi und Grew hatten auch bei ihm die Spiralgefäße keine eigene Wand, welche er vielmehr aus der dicht zuſammen- gerollten Spiralfaſer beſtehen ließ; die Einſchnürungen der weiten kurzgliederigen Gefäße hielt er für Contractionen derſelben, welche durch „lebhafte Zuſammenziehung“ der Spiralfaſer, durch eine Art periſtaltiſcher Bewegung entſtehen; ein in den erſten Jahr- zehnten des Jahrhunderts vielfach gehegter Irrthum, der ſich gern mit der damaligen Vorſtellung von der Lebenskraft verband, unter andern auch von Goethe getheilt wurde. — Wie Grew, Gleichen, Hedwig ſah auch Sprengel an den Spaltöffnungen,

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/295>, abgerufen am 23.11.2024.