Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

Bild:
<< vorherige Seite

Begründung der Phytotomie durch
welche selbst weiterhin mit anderen noch größeren sich vereinigen
und endlich sämmtlich gewöhnlich in einen einzigen Cylinder zu-
sammentreten, um so den Stamm zu bilden, welcher dann an der
entgegengesetzten Extremität durch wieder eintretende Separation
der Röhren seine Aeste ausstreckt und nach und nach durch weitere
Theilung aus größeren in kleine, endlich in den Blättern sich
ausbreitet und so seine letzte Begrenzung findet." Der Schluß
der ganzen Darstellung betrifft vorwiegend die Bedeutung der
verschiedenen Gewebeformen für die Ernährung der Pflanze.

Im zweiten, 1674 vorgelegten Theil werden nun die ver-
schiedenen Gewebeformen des Stammes ausführlicher besprochen,
wobei sich neben vielem in der That Guten doch auch vieles
höchst Unvollkommene vorfindet, was nicht ausschließlich der
Inferiorität seiner Mikroskope zuzuschreiben sein möchte. Ganz
vortrefflich ist jedoch die Art und Weise, wie Malpighi
über die gröberen anatomischen Verhältnisse der Rinde des Holzes
des Markes sich zu orientiren sucht, wie er zumal in der Textur
der Rinde und des Holzes den longitudinalen Verlauf der Ge-
fäße und Holzfasern mit dem horizontalen Verlauf der Mark-
strahlen und Spiegelfasern zusammenhält. Seinen Abbildungen
nach zu schließen, müssen die von ihm angewandten Vergrößer-
ungen schon recht beträchtliche gewesen sein; wieviel von dem
Fehlerhaften aber der Unklarheit des Gesichtsfeldes, wieviel der
ungenauen Beobachtung zuzuschreiben sei, läßt sich nicht sagen.
So sieht er z. B. die gehöften Tüpfel des Coniferenholzes ohne
deren centrale Pore zu erkennen und bildet sie als grobe Körner
ab, welche auf der Außenseite der Holzzellen liegen; für Mal-
pighi sowohl, wie für seine Nachfolger war es ein Mißgeschick,
daß die großen Gefäße des Dikotylen-Holzes, denen sie ihre Auf-
merksamkeit besonders zuwandten, oft von sekundärem Zellgewebe
erfüllt sind (den Tüllen), die Malpighi bereits Taf. VI.
Fig 21. abbildet, deren wahre Natur aber erst fast 150 Jahre
später erkannt wurde. Ganz besonderen Nachdruck legt Mal-
pighi, wie es nachher auch von den späteren Phytotomen bis
in die zwanziger Jahre unseres Jahrhunderts herein geschehen

Begründung der Phytotomie durch
welche ſelbſt weiterhin mit anderen noch größeren ſich vereinigen
und endlich ſämmtlich gewöhnlich in einen einzigen Cylinder zu-
ſammentreten, um ſo den Stamm zu bilden, welcher dann an der
entgegengeſetzten Extremität durch wieder eintretende Separation
der Röhren ſeine Aeſte ausſtreckt und nach und nach durch weitere
Theilung aus größeren in kleine, endlich in den Blättern ſich
ausbreitet und ſo ſeine letzte Begrenzung findet.“ Der Schluß
der ganzen Darſtellung betrifft vorwiegend die Bedeutung der
verſchiedenen Gewebeformen für die Ernährung der Pflanze.

Im zweiten, 1674 vorgelegten Theil werden nun die ver-
ſchiedenen Gewebeformen des Stammes ausführlicher beſprochen,
wobei ſich neben vielem in der That Guten doch auch vieles
höchſt Unvollkommene vorfindet, was nicht ausſchließlich der
Inferiorität ſeiner Mikroſkope zuzuſchreiben ſein möchte. Ganz
vortrefflich iſt jedoch die Art und Weiſe, wie Malpighi
über die gröberen anatomiſchen Verhältniſſe der Rinde des Holzes
des Markes ſich zu orientiren ſucht, wie er zumal in der Textur
der Rinde und des Holzes den longitudinalen Verlauf der Ge-
fäße und Holzfaſern mit dem horizontalen Verlauf der Mark-
ſtrahlen und Spiegelfaſern zuſammenhält. Seinen Abbildungen
nach zu ſchließen, müſſen die von ihm angewandten Vergrößer-
ungen ſchon recht beträchtliche geweſen ſein; wieviel von dem
Fehlerhaften aber der Unklarheit des Geſichtsfeldes, wieviel der
ungenauen Beobachtung zuzuſchreiben ſei, läßt ſich nicht ſagen.
So ſieht er z. B. die gehöften Tüpfel des Coniferenholzes ohne
deren centrale Pore zu erkennen und bildet ſie als grobe Körner
ab, welche auf der Außenſeite der Holzzellen liegen; für Mal-
pighi ſowohl, wie für ſeine Nachfolger war es ein Mißgeſchick,
daß die großen Gefäße des Dikotylen-Holzes, denen ſie ihre Auf-
merkſamkeit beſonders zuwandten, oft von ſekundärem Zellgewebe
erfüllt ſind (den Tüllen), die Malpighi bereits Taf. VI.
Fig 21. abbildet, deren wahre Natur aber erſt faſt 150 Jahre
ſpäter erkannt wurde. Ganz beſonderen Nachdruck legt Mal-
pighi, wie es nachher auch von den ſpäteren Phytotomen bis
in die zwanziger Jahre unſeres Jahrhunderts herein geſchehen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0268" n="256"/><fw place="top" type="header">Begründung der Phytotomie durch</fw><lb/>
welche &#x017F;elb&#x017F;t weiterhin mit anderen noch größeren &#x017F;ich vereinigen<lb/>
und endlich &#x017F;ämmtlich gewöhnlich in einen einzigen Cylinder zu-<lb/>
&#x017F;ammentreten, um &#x017F;o den Stamm zu bilden, welcher dann an der<lb/>
entgegenge&#x017F;etzten Extremität durch wieder eintretende Separation<lb/>
der Röhren &#x017F;eine Ae&#x017F;te aus&#x017F;treckt und nach und nach durch weitere<lb/>
Theilung aus größeren in kleine, endlich in den Blättern &#x017F;ich<lb/>
ausbreitet und &#x017F;o &#x017F;eine letzte Begrenzung findet.&#x201C; Der Schluß<lb/>
der ganzen Dar&#x017F;tellung betrifft vorwiegend die Bedeutung der<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Gewebeformen für die Ernährung der Pflanze.</p><lb/>
          <p>Im zweiten, 1674 vorgelegten Theil werden nun die ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Gewebeformen des Stammes ausführlicher be&#x017F;prochen,<lb/>
wobei &#x017F;ich neben vielem in der That Guten doch auch vieles<lb/>
höch&#x017F;t Unvollkommene vorfindet, was nicht aus&#x017F;chließlich der<lb/>
Inferiorität &#x017F;einer Mikro&#x017F;kope zuzu&#x017F;chreiben &#x017F;ein möchte. Ganz<lb/>
vortrefflich i&#x017F;t jedoch die Art und Wei&#x017F;e, wie <hi rendition="#g">Malpighi</hi><lb/>
über die gröberen anatomi&#x017F;chen Verhältni&#x017F;&#x017F;e der Rinde des Holzes<lb/>
des Markes &#x017F;ich zu orientiren &#x017F;ucht, wie er zumal in der Textur<lb/>
der Rinde und des Holzes den longitudinalen Verlauf der Ge-<lb/>
fäße und Holzfa&#x017F;ern mit dem horizontalen Verlauf der Mark-<lb/>
&#x017F;trahlen und Spiegelfa&#x017F;ern zu&#x017F;ammenhält. Seinen Abbildungen<lb/>
nach zu &#x017F;chließen, mü&#x017F;&#x017F;en die von ihm angewandten Vergrößer-<lb/>
ungen &#x017F;chon recht beträchtliche gewe&#x017F;en &#x017F;ein; wieviel von dem<lb/>
Fehlerhaften aber der Unklarheit des Ge&#x017F;ichtsfeldes, wieviel der<lb/>
ungenauen Beobachtung zuzu&#x017F;chreiben &#x017F;ei, läßt &#x017F;ich nicht &#x017F;agen.<lb/>
So &#x017F;ieht er z. B. die gehöften Tüpfel des Coniferenholzes ohne<lb/>
deren centrale Pore zu erkennen und bildet &#x017F;ie als grobe Körner<lb/>
ab, welche auf der Außen&#x017F;eite der Holzzellen liegen; für <hi rendition="#g">Mal</hi>-<lb/><hi rendition="#g">pighi</hi> &#x017F;owohl, wie für &#x017F;eine Nachfolger war es ein Mißge&#x017F;chick,<lb/>
daß die großen Gefäße des Dikotylen-Holzes, denen &#x017F;ie ihre Auf-<lb/>
merk&#x017F;amkeit be&#x017F;onders zuwandten, oft von &#x017F;ekundärem Zellgewebe<lb/>
erfüllt &#x017F;ind (den Tüllen), die <hi rendition="#g">Malpighi</hi> bereits Taf. <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/>
Fig 21. abbildet, deren wahre Natur aber er&#x017F;t fa&#x017F;t 150 Jahre<lb/>
&#x017F;päter erkannt wurde. Ganz be&#x017F;onderen Nachdruck legt <hi rendition="#g">Mal</hi>-<lb/><hi rendition="#g">pighi</hi>, wie es nachher auch von den &#x017F;päteren Phytotomen bis<lb/>
in die zwanziger Jahre un&#x017F;eres Jahrhunderts herein ge&#x017F;chehen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0268] Begründung der Phytotomie durch welche ſelbſt weiterhin mit anderen noch größeren ſich vereinigen und endlich ſämmtlich gewöhnlich in einen einzigen Cylinder zu- ſammentreten, um ſo den Stamm zu bilden, welcher dann an der entgegengeſetzten Extremität durch wieder eintretende Separation der Röhren ſeine Aeſte ausſtreckt und nach und nach durch weitere Theilung aus größeren in kleine, endlich in den Blättern ſich ausbreitet und ſo ſeine letzte Begrenzung findet.“ Der Schluß der ganzen Darſtellung betrifft vorwiegend die Bedeutung der verſchiedenen Gewebeformen für die Ernährung der Pflanze. Im zweiten, 1674 vorgelegten Theil werden nun die ver- ſchiedenen Gewebeformen des Stammes ausführlicher beſprochen, wobei ſich neben vielem in der That Guten doch auch vieles höchſt Unvollkommene vorfindet, was nicht ausſchließlich der Inferiorität ſeiner Mikroſkope zuzuſchreiben ſein möchte. Ganz vortrefflich iſt jedoch die Art und Weiſe, wie Malpighi über die gröberen anatomiſchen Verhältniſſe der Rinde des Holzes des Markes ſich zu orientiren ſucht, wie er zumal in der Textur der Rinde und des Holzes den longitudinalen Verlauf der Ge- fäße und Holzfaſern mit dem horizontalen Verlauf der Mark- ſtrahlen und Spiegelfaſern zuſammenhält. Seinen Abbildungen nach zu ſchließen, müſſen die von ihm angewandten Vergrößer- ungen ſchon recht beträchtliche geweſen ſein; wieviel von dem Fehlerhaften aber der Unklarheit des Geſichtsfeldes, wieviel der ungenauen Beobachtung zuzuſchreiben ſei, läßt ſich nicht ſagen. So ſieht er z. B. die gehöften Tüpfel des Coniferenholzes ohne deren centrale Pore zu erkennen und bildet ſie als grobe Körner ab, welche auf der Außenſeite der Holzzellen liegen; für Mal- pighi ſowohl, wie für ſeine Nachfolger war es ein Mißgeſchick, daß die großen Gefäße des Dikotylen-Holzes, denen ſie ihre Auf- merkſamkeit beſonders zuwandten, oft von ſekundärem Zellgewebe erfüllt ſind (den Tüllen), die Malpighi bereits Taf. VI. Fig 21. abbildet, deren wahre Natur aber erſt faſt 150 Jahre ſpäter erkannt wurde. Ganz beſonderen Nachdruck legt Mal- pighi, wie es nachher auch von den ſpäteren Phytotomen bis in die zwanziger Jahre unſeres Jahrhunderts herein geſchehen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/268
Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/268>, abgerufen am 24.11.2024.