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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Begründung der Phytotomie durch
dagegen die Begründer der Phytotomie, wie es in der Natur
der Sache lag, zuerst und ganz vorwiegend die gr[ö]beren anato-
mischen Verhältnisse behandeln, Rinde, Bast, Holz, Mark vorwiegend
der dikotylen Holzpflanzen in ihren makrospischen Verhältnissen
beschreiben, die histologischen Unterschiede von Wurzel, Stamm,
Blatt, Frucht in ihren gröberen Verhältnissen darstellen, den
Bau der Knospen, Blüthen, Früchte, Samen soweit er sich vor-
wiegend mit unbewaffnetem Auge erkennen läßt, ausführlich
untersuchen. Die feineren Strukturverhältnisse werden erst im
Anschluß an diese gröbere Anatomie und überall im innigsten
Zusammenhang mit dieser behandelt. Der Hauptnachdruck fällt
dabei auf die Betrachtung der Art und Weise, wie die faserigen
Gewebemassen sich mit dem saftig parenchymatischen verbinden;
die Fragen nach der Natur der Zelle, der Faser, des Gefäßes
werden nur gelegentlich im Laufe der Darstellung wiederholt
berührt oder ausführlicher besprochen. Untersuchung und Dar-
stellung ist hier also eine vorwiegend analytische, während sie in
den neueren Compendien der Phytotomie wesentlich synthetisch ist.
Es bedarf kaum der Erwähnung, daß bei dieser Behandlungs-
weise diejenigen Fragen, welche in unserm Jahrhundert eine
prinzipielle Wichtigkeit gewannen, entweder nur nebenher oder
gar nicht behandelt wurden; man darf daher, um das Verdienst
beider Männer beurtheilen zu können, nicht mit den Anforder-
ungen, welche die fortgeschrittene Wissenschaft stellt, an die Lektüre
ihrer Werke herantreten. Ganz verkehrt wäre es sogar, den
Werth dieser Bücher danach bemessen zu wollen, ob und in wie-
weit ihr Inhalt mit der gegenwärtigen Zellentheorie übereinstimmt.
Beide hatten vollauf damit zu thun, sich in der neuen Welt, die
das Mikroskop eröffnete, überhaupt nur zu orientiren; viele
Fragen, die für uns bedeutungslos geworden sind, mußten da-
mals erst gelöst werden und gerade in diesem Streben, sich vor
allen Dingen über die gröberen Verhältnisse des anatomischen
Baues der Pflanzen zu orientiren, lag ganz vorwiegend das Ver-
dienst Malpighi's und Grew's; in dieser Beziehung ist das
Studium ihrer Werke selbst jetzt noch den Anfängern zu empfehlen,

Begründung der Phytotomie durch
dagegen die Begründer der Phytotomie, wie es in der Natur
der Sache lag, zuerſt und ganz vorwiegend die gr[ö]beren anato-
miſchen Verhältniſſe behandeln, Rinde, Baſt, Holz, Mark vorwiegend
der dikotylen Holzpflanzen in ihren makroſpiſchen Verhältniſſen
beſchreiben, die hiſtologiſchen Unterſchiede von Wurzel, Stamm,
Blatt, Frucht in ihren gröberen Verhältniſſen darſtellen, den
Bau der Knoſpen, Blüthen, Früchte, Samen ſoweit er ſich vor-
wiegend mit unbewaffnetem Auge erkennen läßt, ausführlich
unterſuchen. Die feineren Strukturverhältniſſe werden erſt im
Anſchluß an dieſe gröbere Anatomie und überall im innigſten
Zuſammenhang mit dieſer behandelt. Der Hauptnachdruck fällt
dabei auf die Betrachtung der Art und Weiſe, wie die faſerigen
Gewebemaſſen ſich mit dem ſaftig parenchymatiſchen verbinden;
die Fragen nach der Natur der Zelle, der Faſer, des Gefäßes
werden nur gelegentlich im Laufe der Darſtellung wiederholt
berührt oder ausführlicher beſprochen. Unterſuchung und Dar-
ſtellung iſt hier alſo eine vorwiegend analytiſche, während ſie in
den neueren Compendien der Phytotomie weſentlich ſynthetiſch iſt.
Es bedarf kaum der Erwähnung, daß bei dieſer Behandlungs-
weiſe diejenigen Fragen, welche in unſerm Jahrhundert eine
prinzipielle Wichtigkeit gewannen, entweder nur nebenher oder
gar nicht behandelt wurden; man darf daher, um das Verdienſt
beider Männer beurtheilen zu können, nicht mit den Anforder-
ungen, welche die fortgeſchrittene Wiſſenſchaft ſtellt, an die Lektüre
ihrer Werke herantreten. Ganz verkehrt wäre es ſogar, den
Werth dieſer Bücher danach bemeſſen zu wollen, ob und in wie-
weit ihr Inhalt mit der gegenwärtigen Zellentheorie übereinſtimmt.
Beide hatten vollauf damit zu thun, ſich in der neuen Welt, die
das Mikroſkop eröffnete, überhaupt nur zu orientiren; viele
Fragen, die für uns bedeutungslos geworden ſind, mußten da-
mals erſt gelöſt werden und gerade in dieſem Streben, ſich vor
allen Dingen über die gröberen Verhältniſſe des anatomiſchen
Baues der Pflanzen zu orientiren, lag ganz vorwiegend das Ver-
dienſt Malpighi's und Grew's; in dieſer Beziehung iſt das
Studium ihrer Werke ſelbſt jetzt noch den Anfängern zu empfehlen,

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[250/0262] Begründung der Phytotomie durch dagegen die Begründer der Phytotomie, wie es in der Natur der Sache lag, zuerſt und ganz vorwiegend die gröberen anato- miſchen Verhältniſſe behandeln, Rinde, Baſt, Holz, Mark vorwiegend der dikotylen Holzpflanzen in ihren makroſpiſchen Verhältniſſen beſchreiben, die hiſtologiſchen Unterſchiede von Wurzel, Stamm, Blatt, Frucht in ihren gröberen Verhältniſſen darſtellen, den Bau der Knoſpen, Blüthen, Früchte, Samen ſoweit er ſich vor- wiegend mit unbewaffnetem Auge erkennen läßt, ausführlich unterſuchen. Die feineren Strukturverhältniſſe werden erſt im Anſchluß an dieſe gröbere Anatomie und überall im innigſten Zuſammenhang mit dieſer behandelt. Der Hauptnachdruck fällt dabei auf die Betrachtung der Art und Weiſe, wie die faſerigen Gewebemaſſen ſich mit dem ſaftig parenchymatiſchen verbinden; die Fragen nach der Natur der Zelle, der Faſer, des Gefäßes werden nur gelegentlich im Laufe der Darſtellung wiederholt berührt oder ausführlicher beſprochen. Unterſuchung und Dar- ſtellung iſt hier alſo eine vorwiegend analytiſche, während ſie in den neueren Compendien der Phytotomie weſentlich ſynthetiſch iſt. Es bedarf kaum der Erwähnung, daß bei dieſer Behandlungs- weiſe diejenigen Fragen, welche in unſerm Jahrhundert eine prinzipielle Wichtigkeit gewannen, entweder nur nebenher oder gar nicht behandelt wurden; man darf daher, um das Verdienſt beider Männer beurtheilen zu können, nicht mit den Anforder- ungen, welche die fortgeſchrittene Wiſſenſchaft ſtellt, an die Lektüre ihrer Werke herantreten. Ganz verkehrt wäre es ſogar, den Werth dieſer Bücher danach bemeſſen zu wollen, ob und in wie- weit ihr Inhalt mit der gegenwärtigen Zellentheorie übereinſtimmt. Beide hatten vollauf damit zu thun, ſich in der neuen Welt, die das Mikroſkop eröffnete, überhaupt nur zu orientiren; viele Fragen, die für uns bedeutungslos geworden ſind, mußten da- mals erſt gelöſt werden und gerade in dieſem Streben, ſich vor allen Dingen über die gröberen Verhältniſſe des anatomiſchen Baues der Pflanzen zu orientiren, lag ganz vorwiegend das Ver- dienſt Malpighi's und Grew's; in dieſer Beziehung iſt das Studium ihrer Werke ſelbſt jetzt noch den Anfängern zu empfehlen,

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/262>, abgerufen am 24.11.2024.