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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Zellenlehre, Entwicklungsgeschichte und Kryptogamenkunde.
und ihrer Keimproducte einerseits, des geschlechtlich erzeugten
Embryos andererseits traten in Hofmeister's Untersuchung
ohne weitläufige Discussionen, welche die Genauigkeit der Methode
überflüssig machte, sofort klar hervor. Mit diesen embryologischen
Vorgängen zumal der Rhizocarpeen und Selaginellen, bei denen
das Vorhandensein von zweierlei Sporen erst jetzt seine richtige
Deutung fand, verglich Hofmeister die Embryologie der Coni-
feren und durch diese vermittelt auch die der Angiospermen.

Das Ergebniß dieser "vergleichenden Untersuchungen" 1851
(der Hauptsache nach schon 1849 publicirt) war ein so großartiges,
w e es auf dem Gebiet der descriptiven Botanik nicht zum zweiten
Male vorgekommen ist; das Verdienstliche zahlreicher werthvoller
Einzelheiten, welche auf die verschiedensten Fragen der Zellen-
theorie und Morphologie neues Licht warfen, verschwand gegen
den Glanz des großen Gesammtergebnisses, welches bei der
Klarheit der Einzeldarstellung dem Leser dieses Werkes schon
einleuchtete, noch bevor er die wenigen Worte am Schluß des
Werkes las, die in schlichter Weise das Resultat zusammenfaßten.
Dieses selbst in kurzen Worten in seiner ganzen Bedeutung für
die Botanik zu charakterisiren, ist schwer; die Vorstellung von
dem, was die Entwicklung einer Pflanze bedeute, war plötzlich
eine andere, ganz neue geworden; die innere Verwandtschaft so
außerordentlich verschiedener Organismen, wie der Lebermoose,
Laubmoose, Farne, Equiseten, Rhizocarpeen, Selaginellen,
Coniferen, Monocotylen und Dicotylen ließ sich mit einer
Durchsichtigkeit der Verhältnisse überblicken, von der die bisherige
Systematik nicht die entfernteste Vorstellung geben konnte. Der
im Thierreich, wenn auch in ganz andern Formen damals neu
entdeckte Generationswechsel, erwies sich als das oberste Entwick-
lungsgesetz, welches nach einem einfachen Schema die ganze
lange Reihe dieser äußerst verschiedenen Pflanzen beherrscht. Am
deutlichsten trat dieser Generationswechsel bei den Farnen und
Muscineen hervor und doch zugleich in einem gewissen Gegensatz
bei beiden; bei den Farnen und verwandten Kryptogamen entsteht
aus der ungeschlechtlich erzeugten Spore ein kleines unscheinbares

Zellenlehre, Entwicklungsgeſchichte und Kryptogamenkunde.
und ihrer Keimproducte einerſeits, des geſchlechtlich erzeugten
Embryos andererſeits traten in Hofmeiſter's Unterſuchung
ohne weitläufige Discuſſionen, welche die Genauigkeit der Methode
überflüſſig machte, ſofort klar hervor. Mit dieſen embryologiſchen
Vorgängen zumal der Rhizocarpeen und Selaginellen, bei denen
das Vorhandenſein von zweierlei Sporen erſt jetzt ſeine richtige
Deutung fand, verglich Hofmeiſter die Embryologie der Coni-
feren und durch dieſe vermittelt auch die der Angiospermen.

Das Ergebniß dieſer „vergleichenden Unterſuchungen“ 1851
(der Hauptſache nach ſchon 1849 publicirt) war ein ſo großartiges,
w e es auf dem Gebiet der deſcriptiven Botanik nicht zum zweiten
Male vorgekommen iſt; das Verdienſtliche zahlreicher werthvoller
Einzelheiten, welche auf die verſchiedenſten Fragen der Zellen-
theorie und Morphologie neues Licht warfen, verſchwand gegen
den Glanz des großen Geſammtergebniſſes, welches bei der
Klarheit der Einzeldarſtellung dem Leſer dieſes Werkes ſchon
einleuchtete, noch bevor er die wenigen Worte am Schluß des
Werkes las, die in ſchlichter Weiſe das Reſultat zuſammenfaßten.
Dieſes ſelbſt in kurzen Worten in ſeiner ganzen Bedeutung für
die Botanik zu charakteriſiren, iſt ſchwer; die Vorſtellung von
dem, was die Entwicklung einer Pflanze bedeute, war plötzlich
eine andere, ganz neue geworden; die innere Verwandtſchaft ſo
außerordentlich verſchiedener Organismen, wie der Lebermooſe,
Laubmooſe, Farne, Equiſeten, Rhizocarpeen, Selaginellen,
Coniferen, Monocotylen und Dicotylen ließ ſich mit einer
Durchſichtigkeit der Verhältniſſe überblicken, von der die bisherige
Syſtematik nicht die entfernteſte Vorſtellung geben konnte. Der
im Thierreich, wenn auch in ganz andern Formen damals neu
entdeckte Generationswechſel, erwies ſich als das oberſte Entwick-
lungsgeſetz, welches nach einem einfachen Schema die ganze
lange Reihe dieſer äußerſt verſchiedenen Pflanzen beherrſcht. Am
deutlichſten trat dieſer Generationswechſel bei den Farnen und
Muscineen hervor und doch zugleich in einem gewiſſen Gegenſatz
bei beiden; bei den Farnen und verwandten Kryptogamen entſteht
aus der ungeſchlechtlich erzeugten Spore ein kleines unſcheinbares

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[215/0227] Zellenlehre, Entwicklungsgeſchichte und Kryptogamenkunde. und ihrer Keimproducte einerſeits, des geſchlechtlich erzeugten Embryos andererſeits traten in Hofmeiſter's Unterſuchung ohne weitläufige Discuſſionen, welche die Genauigkeit der Methode überflüſſig machte, ſofort klar hervor. Mit dieſen embryologiſchen Vorgängen zumal der Rhizocarpeen und Selaginellen, bei denen das Vorhandenſein von zweierlei Sporen erſt jetzt ſeine richtige Deutung fand, verglich Hofmeiſter die Embryologie der Coni- feren und durch dieſe vermittelt auch die der Angiospermen. Das Ergebniß dieſer „vergleichenden Unterſuchungen“ 1851 (der Hauptſache nach ſchon 1849 publicirt) war ein ſo großartiges, w e es auf dem Gebiet der deſcriptiven Botanik nicht zum zweiten Male vorgekommen iſt; das Verdienſtliche zahlreicher werthvoller Einzelheiten, welche auf die verſchiedenſten Fragen der Zellen- theorie und Morphologie neues Licht warfen, verſchwand gegen den Glanz des großen Geſammtergebniſſes, welches bei der Klarheit der Einzeldarſtellung dem Leſer dieſes Werkes ſchon einleuchtete, noch bevor er die wenigen Worte am Schluß des Werkes las, die in ſchlichter Weiſe das Reſultat zuſammenfaßten. Dieſes ſelbſt in kurzen Worten in ſeiner ganzen Bedeutung für die Botanik zu charakteriſiren, iſt ſchwer; die Vorſtellung von dem, was die Entwicklung einer Pflanze bedeute, war plötzlich eine andere, ganz neue geworden; die innere Verwandtſchaft ſo außerordentlich verſchiedener Organismen, wie der Lebermooſe, Laubmooſe, Farne, Equiſeten, Rhizocarpeen, Selaginellen, Coniferen, Monocotylen und Dicotylen ließ ſich mit einer Durchſichtigkeit der Verhältniſſe überblicken, von der die bisherige Syſtematik nicht die entfernteſte Vorſtellung geben konnte. Der im Thierreich, wenn auch in ganz andern Formen damals neu entdeckte Generationswechſel, erwies ſich als das oberſte Entwick- lungsgeſetz, welches nach einem einfachen Schema die ganze lange Reihe dieſer äußerſt verſchiedenen Pflanzen beherrſcht. Am deutlichſten trat dieſer Generationswechſel bei den Farnen und Muscineen hervor und doch zugleich in einem gewiſſen Gegenſatz bei beiden; bei den Farnen und verwandten Kryptogamen entſteht aus der ungeſchlechtlich erzeugten Spore ein kleines unſcheinbares

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/227>, abgerufen am 24.11.2024.