Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Dogma von der Constanz der Arten. deen in seiner Eigenartigkeit gegenüber dem der anderen Blüthen-pflanzen erkannte; er war es, der das, was man bisher eine weibliche Blüthe dieser Pflanzen genannt hatte, als eine nackte Samenknospe erkannte, worauf allerdings schon der Nürnberger Trew im Jahre 1767 hingewiesen hatte. Auch die Ueber- einstimmung im Bau der weiblichen und männlichen Organe dieser Familien zog Brown in Betracht. So wurde zuerst eine der merkwürdigsten Thatsachen des Pflanzensystems, die Gymnospermie der Coniferen und Cycadeen festgestellt, welche später durch Hofmeister's Untersuchungen zu dem wichtigen Ergebniß führte, daß die Gymnospermen, die man bisher zu den Dicotylen gerechnet hatte, als eine dritte, den Dicotylen und Monocotylen coordinirte Classe zu betrachten sind, durch welche merkwürdige Homologieen in der Fortpflanzung der höheren Cryptogamen und der Samenbildung der Phanerogamen aufgedeckt werden; eine der wichtigsten Entdeckungen, die jemals auf dem Gebiet der vergleichenden Morphologie und Systematik gemacht wurden. Zu diesem erst 25 Jahre später durch Hof- meister klar erkannten Ergebniß gaben Robert Brown's Untersuchungen den ersten Anstoß, und zu diesen Untersuchungen hatten ihn einige Schwierigkeiten im Samenbau einer neuhollän- dischen Pflanzengattung gelegentlich veranlaßt. In ähnlicher Weise, wenn auch nicht immer mit so großem Erfolg, behandelte Brown die verschiedensten Fragen der Morphologie und Syste- matik, selbst rein physiologische Fragen kamen auf diesem eigenthümlichen Wege zuerst in Fluß, so vor Allem die Frage, auf welche Weise der Befruchtungsstoff der Pollenkörner in die Samenknospen geführt werde: daß dies durch die Mikropyle, nicht aber durch die Raphe und den Nabel, wie man damals glaubte, geschieht, hatte Robert Brown schon aus der Lage des Embryos geschlossen und er war es auch, der die Pollen- schläuche im Fruchtknoten der Orchideen bis in die Samenknospen zuerst verfolgt hat. Indessen soll hier nur gelegentlich auf diesen Punkt hingewiesen sein, da ich in der Geschichte der Sexualtheorie ausführlicher darauf zurückkomme. Dogma von der Conſtanz der Arten. deen in ſeiner Eigenartigkeit gegenüber dem der anderen Blüthen-pflanzen erkannte; er war es, der das, was man bisher eine weibliche Blüthe dieſer Pflanzen genannt hatte, als eine nackte Samenknoſpe erkannte, worauf allerdings ſchon der Nürnberger Trew im Jahre 1767 hingewieſen hatte. Auch die Ueber- einſtimmung im Bau der weiblichen und männlichen Organe dieſer Familien zog Brown in Betracht. So wurde zuerſt eine der merkwürdigſten Thatſachen des Pflanzenſyſtems, die Gymnospermie der Coniferen und Cycadeen feſtgeſtellt, welche ſpäter durch Hofmeiſter's Unterſuchungen zu dem wichtigen Ergebniß führte, daß die Gymnospermen, die man bisher zu den Dicotylen gerechnet hatte, als eine dritte, den Dicotylen und Monocotylen coordinirte Claſſe zu betrachten ſind, durch welche merkwürdige Homologieen in der Fortpflanzung der höheren Cryptogamen und der Samenbildung der Phanerogamen aufgedeckt werden; eine der wichtigſten Entdeckungen, die jemals auf dem Gebiet der vergleichenden Morphologie und Syſtematik gemacht wurden. Zu dieſem erſt 25 Jahre ſpäter durch Hof- meiſter klar erkannten Ergebniß gaben Robert Brown's Unterſuchungen den erſten Anſtoß, und zu dieſen Unterſuchungen hatten ihn einige Schwierigkeiten im Samenbau einer neuhollän- diſchen Pflanzengattung gelegentlich veranlaßt. In ähnlicher Weiſe, wenn auch nicht immer mit ſo großem Erfolg, behandelte Brown die verſchiedenſten Fragen der Morphologie und Syſte- matik, ſelbſt rein phyſiologiſche Fragen kamen auf dieſem eigenthümlichen Wege zuerſt in Fluß, ſo vor Allem die Frage, auf welche Weiſe der Befruchtungsſtoff der Pollenkörner in die Samenknoſpen geführt werde: daß dies durch die Mikropyle, nicht aber durch die Raphe und den Nabel, wie man damals glaubte, geſchieht, hatte Robert Brown ſchon aus der Lage des Embryos geſchloſſen und er war es auch, der die Pollen- ſchläuche im Fruchtknoten der Orchideen bis in die Samenknoſpen zuerſt verfolgt hat. 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Dogma von der Conſtanz der Arten.
deen in ſeiner Eigenartigkeit gegenüber dem der anderen Blüthen-
pflanzen erkannte; er war es, der das, was man bisher eine
weibliche Blüthe dieſer Pflanzen genannt hatte, als eine nackte
Samenknoſpe erkannte, worauf allerdings ſchon der Nürnberger
Trew im Jahre 1767 hingewieſen hatte. Auch die Ueber-
einſtimmung im Bau der weiblichen und männlichen Organe
dieſer Familien zog Brown in Betracht. So wurde zuerſt
eine der merkwürdigſten Thatſachen des Pflanzenſyſtems, die
Gymnospermie der Coniferen und Cycadeen feſtgeſtellt, welche
ſpäter durch Hofmeiſter's Unterſuchungen zu dem wichtigen
Ergebniß führte, daß die Gymnospermen, die man bisher zu
den Dicotylen gerechnet hatte, als eine dritte, den Dicotylen
und Monocotylen coordinirte Claſſe zu betrachten ſind, durch
welche merkwürdige Homologieen in der Fortpflanzung der
höheren Cryptogamen und der Samenbildung der Phanerogamen
aufgedeckt werden; eine der wichtigſten Entdeckungen, die jemals
auf dem Gebiet der vergleichenden Morphologie und Syſtematik
gemacht wurden. Zu dieſem erſt 25 Jahre ſpäter durch Hof-
meiſter klar erkannten Ergebniß gaben Robert Brown's
Unterſuchungen den erſten Anſtoß, und zu dieſen Unterſuchungen
hatten ihn einige Schwierigkeiten im Samenbau einer neuhollän-
diſchen Pflanzengattung gelegentlich veranlaßt. In ähnlicher
Weiſe, wenn auch nicht immer mit ſo großem Erfolg, behandelte
Brown die verſchiedenſten Fragen der Morphologie und Syſte-
matik, ſelbſt rein phyſiologiſche Fragen kamen auf dieſem
eigenthümlichen Wege zuerſt in Fluß, ſo vor Allem die Frage,
auf welche Weiſe der Befruchtungsſtoff der Pollenkörner in die
Samenknoſpen geführt werde: daß dies durch die Mikropyle,
nicht aber durch die Raphe und den Nabel, wie man damals
glaubte, geſchieht, hatte Robert Brown ſchon aus der Lage
des Embryos geſchloſſen und er war es auch, der die Pollen-
ſchläuche im Fruchtknoten der Orchideen bis in die Samenknoſpen
zuerſt verfolgt hat. Indeſſen ſoll hier nur gelegentlich auf dieſen
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