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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Bearbeitung des natürlichen Systems unter dem
durch das Werk eines deutschen, dessen erster Band bereits 1788
also ein Jahr vor den Genera plantarum erschienen war, dessen
zweiter Band 1791 folgte. (Ein Suplement erschien 1805.)

Dieses Werk ist Joseph Gärtner's 1) Carpologie: De
fructibus et seminibus plantarum,
in welchem die Früchte
und Samen von mehr als 1000 Pflanzengattungen beschrieben
und sorgfältig abgebildet sind. Fast wichtiger als diese zahl-
reichen Einzelbeschreibungen, die den Systematikern von Fach ein
reiches Material darboten, sind aber die Einleitungen zu den
beiden ersten Bänden, besonders die vom Jahre 1788. Abgesehen
von werthvollen Betrachtungen über die Sexualität der Pflanzen,
welche seit Rudolph Jacob Camerarius 1694 erst wieder
durch Kölreuter seit 1761 eine sehr namhafte Förderung erfahren
hatte, seitdem aber wenig bearbeitet worden war; begründete
Gärtner in der umfangreichen Einleitung die Morphologie der
Früchte und Samen, welche seit Malpighi's und Grew's
Zeit eher Rückschritte als Fortschritte gemacht hatte; Gärtner
war dazu nicht bloß durch seine bis dahin unerhörte Formen-
kenntniß der Früchte, sondern noch mehr durch seine geistigen
Anlagen befähigt: ganz frei von den scholastischen Neigungen
Linne's, trat er an die Untersuchung der schwierigsten Organe
der Pflanze mit eben so großer Unbefangenheit als genauer
Literaturkenntniß heran; Joseph Gärtner macht, abgesehen

1) Joseph Gärtner geb. zu Calw in Württemberg 1732, gestorben 1791;
studirte seit 1751 in Göttingen, wo er auch Haller hörte. Um berühmte
Naturforscher kennen zu lernen, reiste er nach Italien, Frankreich, Holland,
England; er beschäftigte sich auch mit Physik und Zoologie; 1760 wurde
er Professor der Anatomie in Tübingen, 1768 als Prof. der Botanik nach
St. Petersburg berufen, von wo er jedoch schon 1770 des ihm unzuträg-
lichen Clima's wegen nach Calw zurückkehrte, um sich der bereits dort
angefangenen Carpologie ganz zu widmen. Banks und Thunberg,
der eine von einer Weltumsegelung, der andere aus Japan zurückgekommen,
übergaben ihm ihre Fruchtsammlungen. Das beständige Beobachten, z. Th.
mit dem Mikroskop, brachte ihn in Gefahr zu erblinden, (vergl die an-
ziehende Biographie von Chaumeton in der Biographie universelle).

Bearbeitung des natürlichen Syſtems unter dem
durch das Werk eines deutſchen, deſſen erſter Band bereits 1788
alſo ein Jahr vor den Genera plantarum erſchienen war, deſſen
zweiter Band 1791 folgte. (Ein Suplement erſchien 1805.)

Dieſes Werk iſt Joſeph Gärtner's 1) Carpologie: De
fructibus et seminibus plantarum,
in welchem die Früchte
und Samen von mehr als 1000 Pflanzengattungen beſchrieben
und ſorgfältig abgebildet ſind. Faſt wichtiger als dieſe zahl-
reichen Einzelbeſchreibungen, die den Syſtematikern von Fach ein
reiches Material darboten, ſind aber die Einleitungen zu den
beiden erſten Bänden, beſonders die vom Jahre 1788. Abgeſehen
von werthvollen Betrachtungen über die Sexualität der Pflanzen,
welche ſeit Rudolph Jacob Camerarius 1694 erſt wieder
durch Kölreuter ſeit 1761 eine ſehr namhafte Förderung erfahren
hatte, ſeitdem aber wenig bearbeitet worden war; begründete
Gärtner in der umfangreichen Einleitung die Morphologie der
Früchte und Samen, welche ſeit Malpighi's und Grew's
Zeit eher Rückſchritte als Fortſchritte gemacht hatte; Gärtner
war dazu nicht bloß durch ſeine bis dahin unerhörte Formen-
kenntniß der Früchte, ſondern noch mehr durch ſeine geiſtigen
Anlagen befähigt: ganz frei von den ſcholaſtiſchen Neigungen
Linné's, trat er an die Unterſuchung der ſchwierigſten Organe
der Pflanze mit eben ſo großer Unbefangenheit als genauer
Literaturkenntniß heran; Joſeph Gärtner macht, abgeſehen

1) Joſeph Gärtner geb. zu Calw in Württemberg 1732, geſtorben 1791;
ſtudirte ſeit 1751 in Göttingen, wo er auch Haller hörte. Um berühmte
Naturforſcher kennen zu lernen, reiſte er nach Italien, Frankreich, Holland,
England; er beſchäftigte ſich auch mit Phyſik und Zoologie; 1760 wurde
er Profeſſor der Anatomie in Tübingen, 1768 als Prof. der Botanik nach
St. Petersburg berufen, von wo er jedoch ſchon 1770 des ihm unzuträg-
lichen Clima's wegen nach Calw zurückkehrte, um ſich der bereits dort
angefangenen Carpologie ganz zu widmen. Banks und Thunberg,
der eine von einer Weltumſegelung, der andere aus Japan zurückgekommen,
übergaben ihm ihre Fruchtſammlungen. Das beſtändige Beobachten, z. Th.
mit dem Mikroſkop, brachte ihn in Gefahr zu erblinden, (vergl die an-
ziehende Biographie von Chaumeton in der Biographie universelle).
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[132/0144] Bearbeitung des natürlichen Syſtems unter dem durch das Werk eines deutſchen, deſſen erſter Band bereits 1788 alſo ein Jahr vor den Genera plantarum erſchienen war, deſſen zweiter Band 1791 folgte. (Ein Suplement erſchien 1805.) Dieſes Werk iſt Joſeph Gärtner's 1) Carpologie: De fructibus et seminibus plantarum, in welchem die Früchte und Samen von mehr als 1000 Pflanzengattungen beſchrieben und ſorgfältig abgebildet ſind. Faſt wichtiger als dieſe zahl- reichen Einzelbeſchreibungen, die den Syſtematikern von Fach ein reiches Material darboten, ſind aber die Einleitungen zu den beiden erſten Bänden, beſonders die vom Jahre 1788. Abgeſehen von werthvollen Betrachtungen über die Sexualität der Pflanzen, welche ſeit Rudolph Jacob Camerarius 1694 erſt wieder durch Kölreuter ſeit 1761 eine ſehr namhafte Förderung erfahren hatte, ſeitdem aber wenig bearbeitet worden war; begründete Gärtner in der umfangreichen Einleitung die Morphologie der Früchte und Samen, welche ſeit Malpighi's und Grew's Zeit eher Rückſchritte als Fortſchritte gemacht hatte; Gärtner war dazu nicht bloß durch ſeine bis dahin unerhörte Formen- kenntniß der Früchte, ſondern noch mehr durch ſeine geiſtigen Anlagen befähigt: ganz frei von den ſcholaſtiſchen Neigungen Linné's, trat er an die Unterſuchung der ſchwierigſten Organe der Pflanze mit eben ſo großer Unbefangenheit als genauer Literaturkenntniß heran; Joſeph Gärtner macht, abgeſehen 1) Joſeph Gärtner geb. zu Calw in Württemberg 1732, geſtorben 1791; ſtudirte ſeit 1751 in Göttingen, wo er auch Haller hörte. Um berühmte Naturforſcher kennen zu lernen, reiſte er nach Italien, Frankreich, Holland, England; er beſchäftigte ſich auch mit Phyſik und Zoologie; 1760 wurde er Profeſſor der Anatomie in Tübingen, 1768 als Prof. der Botanik nach St. Petersburg berufen, von wo er jedoch ſchon 1770 des ihm unzuträg- lichen Clima's wegen nach Calw zurückkehrte, um ſich der bereits dort angefangenen Carpologie ganz zu widmen. Banks und Thunberg, der eine von einer Weltumſegelung, der andere aus Japan zurückgekommen, übergaben ihm ihre Fruchtſammlungen. Das beſtändige Beobachten, z. Th. mit dem Mikroſkop, brachte ihn in Gefahr zu erblinden, (vergl die an- ziehende Biographie von Chaumeton in der Biographie universelle).

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/144>, abgerufen am 25.11.2024.