Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.der Organe von Caesalpin bis auf Linne. die Wurzel, das Kraut 1) und die Fructifications-theile, mit welcher Eintheilung Linne von seinen Vorgängern, bei denen die Fructification mit dem Kraut zusammen der Wurzel entgegengestellt wird, abweicht. Das Vegetabil besteht nun aus dem Mark, welches mit dem Holz umkleidet ist, das seinerseits aus dem Bast entsteht, der Bast aber trennt sich von der Rinde ab, welche mit der Epidermis überzogen ist; auch diese anatomischen Sätze stammen von Malpighi; von Mariotte dagegen ist der Satz entlehnt, das Mark wachse, indem es sich selbst und seine Umhüllungen ausdehnt. Die Ansicht des Caesal- pin über die Knospenbildung spricht Linne in dem Satze aus: das Ende eines Markfadens, welches durch die Rinde hervortritt, löst sich in eine Knospe auf u. s. w. Die Knospe ist ein zu- sammengedrängtes Kraut und dehnt sich unbegrenzt aus, bis die Fructification der bisherigen Vegetation ein Ziel setzt. Die Fruc- tification entsteht dadurch, daß die Blätter zu einem Kelch zu- sammentreten, aus welchem die Spitze eines Zweiges als Blüthe um ein Jahr verfrüht hervorbricht, während die Frucht aus der Marksubstanz entstehend ein neues Leben nicht beginnen kann, wenn nicht vorher die Holzsubstanz der Staubgefäße von der Pistillflüssigkeit absorbirt worden ist. So legte sich Linne Caesalpin's Blüthentheorie zurecht, um gleichzeitig der von Camerarius entdeckten sexuellen Bedeutung der Staubgefäße Rechnung zu tragen. -- Eine neue Schöpfung, heißt es zum Schluß, giebt es nicht, sondern nur eine kontinuirliche Generation, was mit dem merkwürdigen, ganz auf Caesalpin'schen Anschauungen beruhenden Zusatz bewiesen wird: cum corculum seminis constat parte radicis medullari. Die Wurzel, welche die Nahrung aufsaugt und das Kraut 1) Kraut herba vertritt bei Linne das ältere Wort germen: Sproß
Germen ist aber bei Linne der Fruchtknoten. der Organe von Caeſalpin bis auf Linné. die Wurzel, das Kraut 1) und die Fructifications-theile, mit welcher Eintheilung Linné von ſeinen Vorgängern, bei denen die Fructification mit dem Kraut zuſammen der Wurzel entgegengeſtellt wird, abweicht. Das Vegetabil beſteht nun aus dem Mark, welches mit dem Holz umkleidet iſt, das ſeinerſeits aus dem Baſt entſteht, der Baſt aber trennt ſich von der Rinde ab, welche mit der Epidermis überzogen iſt; auch dieſe anatomiſchen Sätze ſtammen von Malpighi; von Mariotte dagegen iſt der Satz entlehnt, das Mark wachſe, indem es ſich ſelbſt und ſeine Umhüllungen ausdehnt. Die Anſicht des Caeſal- pin über die Knoſpenbildung ſpricht Linné in dem Satze aus: das Ende eines Markfadens, welches durch die Rinde hervortritt, löſt ſich in eine Knoſpe auf u. ſ. w. Die Knoſpe iſt ein zu- ſammengedrängtes Kraut und dehnt ſich unbegrenzt aus, bis die Fructification der bisherigen Vegetation ein Ziel ſetzt. Die Fruc- tification entſteht dadurch, daß die Blätter zu einem Kelch zu- ſammentreten, aus welchem die Spitze eines Zweiges als Blüthe um ein Jahr verfrüht hervorbricht, während die Frucht aus der Markſubſtanz entſtehend ein neues Leben nicht beginnen kann, wenn nicht vorher die Holzſubſtanz der Staubgefäße von der Piſtillflüſſigkeit abſorbirt worden iſt. So legte ſich Linné Caeſalpin's Blüthentheorie zurecht, um gleichzeitig der von Camerarius entdeckten ſexuellen Bedeutung der Staubgefäße Rechnung zu tragen. — Eine neue Schöpfung, heißt es zum Schluß, giebt es nicht, ſondern nur eine kontinuirliche Generation, was mit dem merkwürdigen, ganz auf Caeſalpin'ſchen Anſchauungen beruhenden Zuſatz bewieſen wird: cum corculum seminis constat parte radicis medullari. Die Wurzel, welche die Nahrung aufſaugt und das Kraut 1) Kraut herba vertritt bei Linné das ältere Wort germen: Sproß
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der Organe von Caeſalpin bis auf Linné.
die Wurzel, das Kraut 1) und die Fructifications-
theile, mit welcher Eintheilung Linné von ſeinen Vorgängern,
bei denen die Fructification mit dem Kraut zuſammen der
Wurzel entgegengeſtellt wird, abweicht. Das Vegetabil beſteht
nun aus dem Mark, welches mit dem Holz umkleidet iſt, das
ſeinerſeits aus dem Baſt entſteht, der Baſt aber trennt ſich von
der Rinde ab, welche mit der Epidermis überzogen iſt; auch dieſe
anatomiſchen Sätze ſtammen von Malpighi; von Mariotte
dagegen iſt der Satz entlehnt, das Mark wachſe, indem es ſich
ſelbſt und ſeine Umhüllungen ausdehnt. Die Anſicht des Caeſal-
pin über die Knoſpenbildung ſpricht Linné in dem Satze aus:
das Ende eines Markfadens, welches durch die Rinde hervortritt,
löſt ſich in eine Knoſpe auf u. ſ. w. Die Knoſpe iſt ein zu-
ſammengedrängtes Kraut und dehnt ſich unbegrenzt aus, bis die
Fructification der bisherigen Vegetation ein Ziel ſetzt. Die Fruc-
tification entſteht dadurch, daß die Blätter zu einem Kelch zu-
ſammentreten, aus welchem die Spitze eines Zweiges als Blüthe
um ein Jahr verfrüht hervorbricht, während die Frucht aus der
Markſubſtanz entſtehend ein neues Leben nicht beginnen kann,
wenn nicht vorher die Holzſubſtanz der Staubgefäße von der
Piſtillflüſſigkeit abſorbirt worden iſt. So legte ſich Linné
Caeſalpin's Blüthentheorie zurecht, um gleichzeitig der von
Camerarius entdeckten ſexuellen Bedeutung der Staubgefäße
Rechnung zu tragen. — Eine neue Schöpfung, heißt es zum
Schluß, giebt es nicht, ſondern nur eine kontinuirliche Generation,
was mit dem merkwürdigen, ganz auf Caeſalpin'ſchen
Anſchauungen beruhenden Zuſatz bewieſen wird: cum corculum
seminis constat parte radicis medullari.
Die Wurzel, welche die Nahrung aufſaugt und das Kraut
mit der Fructification producirt, beſteht aus Mark, Holz, Baſt,
Rinde und wird in die beiden Theile caudex und radicula
eingetheilt. Der caudex entſpricht ungefähr unſerer Hauptwurzel
1) Kraut herba vertritt bei Linné das ältere Wort germen: Sproß
Germen iſt aber bei Linné der Fruchtknoten.
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