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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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der Organe von Caesalpin bis auf Linne.
Classen eingetheilt, in wahre Botaniker und in bloße Botanophili,
zu denen er sehr charakteristisch für seine Denkweise die Ana-
tomen, Gärtner und Mediciner rechnet. Die wahren Botaniker
aber sind wieder entweder bloße Sammler oder Methodiker. Zu
den Sammlern gehören alle, welche die Zahl der bekannten
Species vermehren, auch die Monographen, Floristen und Rei-
senden, die man jetzt gewöhnlich, höflicher als Linne, Syste-
matiker zu nennen pflegt. Unter Methodikern versteht Linne
diejenigen, welche die Eintheilung und die ihr entsprechende Be-
nennung der Pflanzen besorgen, sie zerfallen aber in Philosophen
Systematiker und Nomenclatoren; die ersteren sind nämlich die-
jenigen, welche die Botanik nach Vernunftgründen und nach
Beobachtungen theoretisch behandeln, sie zerfallen wieder in Ora-
toren, Institutoren, Erystici und Physiologen; unter diesen
letzteren versteht er diejenigen, welche das Mysterium der Sexua-
lität bei den Pflanzen enthüllten, Malpighi, Hales u. dergl.
sind also nach Linne keine Physiologen. Die zweite Gattung
der Methodiker, die Systematiker nämlich, theilt er in die beiden
Species, Orthodoxe und Heterodoxe, von denen jene die Ein-
theilungsgründe ausschließlich von der Fructification entnehmen,
diese aber auch andere Merkmale benutzen; in dieser Weise be-
handelt Linne Alles, worauf er zu reden kommt und wenn
irgend möglich in ganz kurzen numerirten Sätzen, die sich dann
immer selbst wie Gattungs- und Speciesdiagnosen ausnehmen.
Wie überhaupt sein ganzes inneres Wesen schon fertig ausge-
bildet war, als er 1736 die Fundamente schrieb, so behielt er
auch die eigenthümliche Schreibweise immer bei und selbst in dem
erwähnten Nachlaß moralisch-religiösen Inhaltes an seinen Sohn
in der Nemesis divina finden wir genau dieselbe Ausdrucks-
weise wieder. Wo dieselbe hinpaßt, macht sie in der That den
besten Eindruck, so z. B. in den kurzen Charakteristiken der
einzelnen Systeme in seinen Classes plantarum, einem Werk,
wo sich Linne ganz in seinem Elemente fühlt, wo er mit
seinem Instinkt aus jedem System die leitenden Principien,
seine Vorzüge und Mängel erkennt und mit epigrammatisch zu-

Sachs, Geschichte der Botanik. 7

der Organe von Caeſalpin bis auf Linné.
Claſſen eingetheilt, in wahre Botaniker und in bloße Botanophili,
zu denen er ſehr charakteriſtiſch für ſeine Denkweiſe die Ana-
tomen, Gärtner und Mediciner rechnet. Die wahren Botaniker
aber ſind wieder entweder bloße Sammler oder Methodiker. Zu
den Sammlern gehören alle, welche die Zahl der bekannten
Species vermehren, auch die Monographen, Floriſten und Rei-
ſenden, die man jetzt gewöhnlich, höflicher als Linné, Syſte-
matiker zu nennen pflegt. Unter Methodikern verſteht Linné
diejenigen, welche die Eintheilung und die ihr entſprechende Be-
nennung der Pflanzen beſorgen, ſie zerfallen aber in Philoſophen
Syſtematiker und Nomenclatoren; die erſteren ſind nämlich die-
jenigen, welche die Botanik nach Vernunftgründen und nach
Beobachtungen theoretiſch behandeln, ſie zerfallen wieder in Ora-
toren, Inſtitutoren, Eryſtici und Phyſiologen; unter dieſen
letzteren verſteht er diejenigen, welche das Myſterium der Sexua-
lität bei den Pflanzen enthüllten, Malpighi, Hales u. dergl.
ſind alſo nach Linné keine Phyſiologen. Die zweite Gattung
der Methodiker, die Syſtematiker nämlich, theilt er in die beiden
Species, Orthodoxe und Heterodoxe, von denen jene die Ein-
theilungsgründe ausſchließlich von der Fructification entnehmen,
dieſe aber auch andere Merkmale benutzen; in dieſer Weiſe be-
handelt Linné Alles, worauf er zu reden kommt und wenn
irgend möglich in ganz kurzen numerirten Sätzen, die ſich dann
immer ſelbſt wie Gattungs- und Speciesdiagnoſen ausnehmen.
Wie überhaupt ſein ganzes inneres Weſen ſchon fertig ausge-
bildet war, als er 1736 die Fundamente ſchrieb, ſo behielt er
auch die eigenthümliche Schreibweiſe immer bei und ſelbſt in dem
erwähnten Nachlaß moraliſch-religiöſen Inhaltes an ſeinen Sohn
in der Nemesis divina finden wir genau dieſelbe Ausdrucks-
weiſe wieder. Wo dieſelbe hinpaßt, macht ſie in der That den
beſten Eindruck, ſo z. B. in den kurzen Charakteriſtiken der
einzelnen Syſteme in ſeinen Classes plantarum, einem Werk,
wo ſich Linné ganz in ſeinem Elemente fühlt, wo er mit
ſeinem Inſtinkt aus jedem Syſtem die leitenden Principien,
ſeine Vorzüge und Mängel erkennt und mit epigrammatiſch zu-

Sachs, Geſchichte der Botanik. 7
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[97/0109] der Organe von Caeſalpin bis auf Linné. Claſſen eingetheilt, in wahre Botaniker und in bloße Botanophili, zu denen er ſehr charakteriſtiſch für ſeine Denkweiſe die Ana- tomen, Gärtner und Mediciner rechnet. Die wahren Botaniker aber ſind wieder entweder bloße Sammler oder Methodiker. Zu den Sammlern gehören alle, welche die Zahl der bekannten Species vermehren, auch die Monographen, Floriſten und Rei- ſenden, die man jetzt gewöhnlich, höflicher als Linné, Syſte- matiker zu nennen pflegt. Unter Methodikern verſteht Linné diejenigen, welche die Eintheilung und die ihr entſprechende Be- nennung der Pflanzen beſorgen, ſie zerfallen aber in Philoſophen Syſtematiker und Nomenclatoren; die erſteren ſind nämlich die- jenigen, welche die Botanik nach Vernunftgründen und nach Beobachtungen theoretiſch behandeln, ſie zerfallen wieder in Ora- toren, Inſtitutoren, Eryſtici und Phyſiologen; unter dieſen letzteren verſteht er diejenigen, welche das Myſterium der Sexua- lität bei den Pflanzen enthüllten, Malpighi, Hales u. dergl. ſind alſo nach Linné keine Phyſiologen. Die zweite Gattung der Methodiker, die Syſtematiker nämlich, theilt er in die beiden Species, Orthodoxe und Heterodoxe, von denen jene die Ein- theilungsgründe ausſchließlich von der Fructification entnehmen, dieſe aber auch andere Merkmale benutzen; in dieſer Weiſe be- handelt Linné Alles, worauf er zu reden kommt und wenn irgend möglich in ganz kurzen numerirten Sätzen, die ſich dann immer ſelbſt wie Gattungs- und Speciesdiagnoſen ausnehmen. Wie überhaupt ſein ganzes inneres Weſen ſchon fertig ausge- bildet war, als er 1736 die Fundamente ſchrieb, ſo behielt er auch die eigenthümliche Schreibweiſe immer bei und ſelbſt in dem erwähnten Nachlaß moraliſch-religiöſen Inhaltes an ſeinen Sohn in der Nemesis divina finden wir genau dieſelbe Ausdrucks- weiſe wieder. Wo dieſelbe hinpaßt, macht ſie in der That den beſten Eindruck, ſo z. B. in den kurzen Charakteriſtiken der einzelnen Syſteme in ſeinen Classes plantarum, einem Werk, wo ſich Linné ganz in ſeinem Elemente fühlt, wo er mit ſeinem Inſtinkt aus jedem Syſtem die leitenden Principien, ſeine Vorzüge und Mängel erkennt und mit epigrammatiſch zu- Sachs, Geſchichte der Botanik. 7

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/109>, abgerufen am 22.11.2024.