Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Fackeln, Brände in den Händen; ich mein Weib im rothen Hermelinpelz auf die Schulter und trage sie in den Wagen. Meine Leute jauchzen, sie sitzt wie eine Fürstin in dem Pelz des Bären, die kleinen Füße auf seinem großen Kopfe. Mein Volk zu Pferde um uns -- so führe ich die Herrin in ihr Haus.

Es ist auch so eine große Dummheit, die man in den deutschen Büchern liest, von dem Himmel der Liebe und dann die Abgötterei, die man mit der Jungfrau treibt.

Wie etwa Schiller in der --

Ich bitte Sie, Sie werden mir doch nicht etwas von Herrn von Schiller aufsagen? Erbarmen Sie sich!

Nur eine Stelle, wissen Sie --

Verzeihen Sie --

Mit dem Gürtel, mit dem Schleier Reißt der schöne Wahn entzwei!

declamirte ich erbarmungslos.

Da hat er einmal Recht, der Herr von Schiller, sagte der Landedelmann, ein schöner Wahn das. Das wäre etwas, wenn die Jungfrau die Krone der Schöpfung wäre, und die Liebe das schöne dumme Gefühl, das man allenfalls für so ein Mädchen hat. Auch mir riß der Wahn entzwei.

Wie sie mein Weib war, da hatte ich erst den Muth sie zu lieben, und sie mich. Meine Liebe und ihre Liebe wuchsen wie Zwillinge.

Pana Nikolaja küßte ich die Hände, meinem Weib

Fackeln, Brände in den Händen; ich mein Weib im rothen Hermelinpelz auf die Schulter und trage sie in den Wagen. Meine Leute jauchzen, sie sitzt wie eine Fürstin in dem Pelz des Bären, die kleinen Füße auf seinem großen Kopfe. Mein Volk zu Pferde um uns — so führe ich die Herrin in ihr Haus.

Es ist auch so eine große Dummheit, die man in den deutschen Büchern liest, von dem Himmel der Liebe und dann die Abgötterei, die man mit der Jungfrau treibt.

Wie etwa Schiller in der —

Ich bitte Sie, Sie werden mir doch nicht etwas von Herrn von Schiller aufsagen? Erbarmen Sie sich!

Nur eine Stelle, wissen Sie —

Verzeihen Sie —

Mit dem Gürtel, mit dem Schleier Reißt der schöne Wahn entzwei!

declamirte ich erbarmungslos.

Da hat er einmal Recht, der Herr von Schiller, sagte der Landedelmann, ein schöner Wahn das. Das wäre etwas, wenn die Jungfrau die Krone der Schöpfung wäre, und die Liebe das schöne dumme Gefühl, das man allenfalls für so ein Mädchen hat. Auch mir riß der Wahn entzwei.

Wie sie mein Weib war, da hatte ich erst den Muth sie zu lieben, und sie mich. Meine Liebe und ihre Liebe wuchsen wie Zwillinge.

Pana Nikolaja küßte ich die Hände, meinem Weib

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0043"/>
Fackeln, Brände in den Händen; ich mein Weib im rothen Hermelinpelz auf die Schulter und trage      sie in den Wagen. Meine Leute jauchzen, sie sitzt wie eine Fürstin in dem Pelz des Bären, die      kleinen Füße auf seinem großen Kopfe. Mein Volk zu Pferde um uns &#x2014; so führe ich die Herrin in      ihr Haus.</p><lb/>
        <p>Es ist auch so eine große Dummheit, die man in den deutschen Büchern liest, von dem Himmel      der Liebe und dann die Abgötterei, die man mit der Jungfrau treibt.</p><lb/>
        <p>Wie etwa Schiller in der &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ich bitte Sie, Sie werden mir doch nicht etwas von Herrn von Schiller aufsagen? Erbarmen Sie      sich!</p><lb/>
        <p>Nur eine Stelle, wissen Sie &#x2014;</p><lb/>
        <p>Verzeihen Sie &#x2014;</p><lb/>
        <lg>
          <l>Mit dem Gürtel, mit dem Schleier</l>
          <l>Reißt der schöne Wahn entzwei!</l>
        </lg>
        <p>declamirte ich erbarmungslos.</p><lb/>
        <p>Da hat er einmal Recht, der Herr von Schiller, sagte der Landedelmann, ein schöner Wahn das.      Das wäre etwas, wenn die Jungfrau die Krone der Schöpfung wäre, und die Liebe das schöne dumme      Gefühl, das man allenfalls für so ein Mädchen hat. Auch mir riß der Wahn entzwei.</p><lb/>
        <p>Wie sie mein Weib war, da hatte ich erst den Muth sie zu lieben, und sie mich. Meine Liebe      und ihre Liebe wuchsen wie Zwillinge.</p><lb/>
        <p>Pana Nikolaja küßte ich die Hände, meinem Weib<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0043] Fackeln, Brände in den Händen; ich mein Weib im rothen Hermelinpelz auf die Schulter und trage sie in den Wagen. Meine Leute jauchzen, sie sitzt wie eine Fürstin in dem Pelz des Bären, die kleinen Füße auf seinem großen Kopfe. Mein Volk zu Pferde um uns — so führe ich die Herrin in ihr Haus. Es ist auch so eine große Dummheit, die man in den deutschen Büchern liest, von dem Himmel der Liebe und dann die Abgötterei, die man mit der Jungfrau treibt. Wie etwa Schiller in der — Ich bitte Sie, Sie werden mir doch nicht etwas von Herrn von Schiller aufsagen? Erbarmen Sie sich! Nur eine Stelle, wissen Sie — Verzeihen Sie — Mit dem Gürtel, mit dem Schleier Reißt der schöne Wahn entzwei! declamirte ich erbarmungslos. Da hat er einmal Recht, der Herr von Schiller, sagte der Landedelmann, ein schöner Wahn das. Das wäre etwas, wenn die Jungfrau die Krone der Schöpfung wäre, und die Liebe das schöne dumme Gefühl, das man allenfalls für so ein Mädchen hat. Auch mir riß der Wahn entzwei. Wie sie mein Weib war, da hatte ich erst den Muth sie zu lieben, und sie mich. Meine Liebe und ihre Liebe wuchsen wie Zwillinge. Pana Nikolaja küßte ich die Hände, meinem Weib

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/43
Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/43>, abgerufen am 21.11.2024.