Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Endlich hatten mich die Senkows umstellt wie ein Wild, es war nicht mehr auszuweichen, da liefen wir dem Vater Senkow grade in die Arme. Der wollte gleich nach Hause fahren. Gut! Ich hatte jetzt meine Courage beisammen, schrie den Kutscher recht an und sage ihm dann, wie er fahren soll. Hebe zuerst Madame Senkow in den Wagen, stoße dann Vater Senkow, der einsteigt, so hinterrücks -- wissen Sie -- hinein, Alles, damit ich mich dann auf ein Knie niederlassen, Nikolaja auf das andere ihren Fuß setzen und auf ihren Sitz springen kann. Kommen noch die Schwestern und Basen, küsse noch ein halbes Dutzend Hände, der Kutscher peitscht in die Pferde, fort sind sie. Es ist wirklich -- Sie verzeihen -- wenn ich nur könnte -- so eine schlechte Gewohnheit -- so zu erzählen. Aber ich fahre lieber fort, sonst halte ich noch mehr auf. Endlich sind wir ja Arrestanten. Also der Jahrmarkt! Da hatte ich mich verkauft, mich, wie ich da bin. Da ging ich herum wie ein Thier, das seinen Herrn verloren hat. Ganz verloren war ich. Den nächsten Tag ritt ich hinaus auf das Dorf der Senkows, wurde gut empfangen. Nikolaja war ernster als sonst, ließ das Köpfchen etwas hängen. Auch ich wurde traurig, sah sie an und dachte: Was bist du so? Ich bin dein, deine Sache, dein Geschöpf, mache mit mir was du willst, ich bin dein, Endlich hatten mich die Senkows umstellt wie ein Wild, es war nicht mehr auszuweichen, da liefen wir dem Vater Senkow grade in die Arme. Der wollte gleich nach Hause fahren. Gut! Ich hatte jetzt meine Courage beisammen, schrie den Kutscher recht an und sage ihm dann, wie er fahren soll. Hebe zuerst Madame Senkow in den Wagen, stoße dann Vater Senkow, der einsteigt, so hinterrücks — wissen Sie — hinein, Alles, damit ich mich dann auf ein Knie niederlassen, Nikolaja auf das andere ihren Fuß setzen und auf ihren Sitz springen kann. Kommen noch die Schwestern und Basen, küsse noch ein halbes Dutzend Hände, der Kutscher peitscht in die Pferde, fort sind sie. Es ist wirklich — Sie verzeihen — wenn ich nur könnte — so eine schlechte Gewohnheit — so zu erzählen. Aber ich fahre lieber fort, sonst halte ich noch mehr auf. Endlich sind wir ja Arrestanten. Also der Jahrmarkt! Da hatte ich mich verkauft, mich, wie ich da bin. Da ging ich herum wie ein Thier, das seinen Herrn verloren hat. Ganz verloren war ich. Den nächsten Tag ritt ich hinaus auf das Dorf der Senkows, wurde gut empfangen. Nikolaja war ernster als sonst, ließ das Köpfchen etwas hängen. Auch ich wurde traurig, sah sie an und dachte: Was bist du so? Ich bin dein, deine Sache, dein Geschöpf, mache mit mir was du willst, ich bin dein, <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0035"/> <p>Endlich hatten mich die Senkows umstellt wie ein Wild, es war nicht mehr auszuweichen, da liefen wir dem Vater Senkow grade in die Arme. Der wollte gleich nach Hause fahren. Gut! Ich hatte jetzt meine Courage beisammen, schrie den Kutscher recht an und sage ihm dann, wie er fahren soll. Hebe zuerst Madame Senkow in den Wagen, stoße dann Vater Senkow, der einsteigt, so hinterrücks — wissen Sie — hinein, Alles, damit ich mich dann auf ein Knie niederlassen, Nikolaja auf das andere ihren Fuß setzen und auf ihren Sitz springen kann. Kommen noch die Schwestern und Basen, küsse noch ein halbes Dutzend Hände, der Kutscher peitscht in die Pferde, fort sind sie.</p><lb/> <p>Es ist wirklich — Sie verzeihen — wenn ich nur könnte — so eine schlechte Gewohnheit — so zu erzählen. Aber ich fahre lieber fort, sonst halte ich noch mehr auf. Endlich sind wir ja Arrestanten.</p><lb/> <p>Also der Jahrmarkt!</p><lb/> <p>Da hatte ich mich verkauft, mich, wie ich da bin. Da ging ich herum wie ein Thier, das seinen Herrn verloren hat. Ganz verloren war ich.</p><lb/> <p>Den nächsten Tag ritt ich hinaus auf das Dorf der Senkows, wurde gut empfangen. Nikolaja war ernster als sonst, ließ das Köpfchen etwas hängen. Auch ich wurde traurig, sah sie an und dachte: Was bist du so? Ich bin dein, deine Sache, dein Geschöpf, mache mit mir was du willst, ich bin dein,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
Endlich hatten mich die Senkows umstellt wie ein Wild, es war nicht mehr auszuweichen, da liefen wir dem Vater Senkow grade in die Arme. Der wollte gleich nach Hause fahren. Gut! Ich hatte jetzt meine Courage beisammen, schrie den Kutscher recht an und sage ihm dann, wie er fahren soll. Hebe zuerst Madame Senkow in den Wagen, stoße dann Vater Senkow, der einsteigt, so hinterrücks — wissen Sie — hinein, Alles, damit ich mich dann auf ein Knie niederlassen, Nikolaja auf das andere ihren Fuß setzen und auf ihren Sitz springen kann. Kommen noch die Schwestern und Basen, küsse noch ein halbes Dutzend Hände, der Kutscher peitscht in die Pferde, fort sind sie.
Es ist wirklich — Sie verzeihen — wenn ich nur könnte — so eine schlechte Gewohnheit — so zu erzählen. Aber ich fahre lieber fort, sonst halte ich noch mehr auf. Endlich sind wir ja Arrestanten.
Also der Jahrmarkt!
Da hatte ich mich verkauft, mich, wie ich da bin. Da ging ich herum wie ein Thier, das seinen Herrn verloren hat. Ganz verloren war ich.
Den nächsten Tag ritt ich hinaus auf das Dorf der Senkows, wurde gut empfangen. Nikolaja war ernster als sonst, ließ das Köpfchen etwas hängen. Auch ich wurde traurig, sah sie an und dachte: Was bist du so? Ich bin dein, deine Sache, dein Geschöpf, mache mit mir was du willst, ich bin dein,
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Zitationshilfe: | Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/35>, abgerufen am 16.02.2025. |