Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877."Warum verneinen Sie dies so bestimmt?" erwiederte "O nichts davon!" entgegnete er hastig. "Ich habe jetzt "Das scheint Ihnen jetzt so", sagte ich ruhig. "Ich bin Arthur blickte vor sich hin. "Aus Ihnen spricht der Geist 5*
„Warum verneinen Sie dies ſo beſtimmt?“ erwiederte „O nichts davon!“ entgegnete er haſtig. „Ich habe jetzt „Das ſcheint Ihnen jetzt ſo“, ſagte ich ruhig. „Ich bin Arthur blickte vor ſich hin. „Aus Ihnen ſpricht der Geiſt 5*
<TEI> <text> <body> <pb facs="#f0083" n="67"/> <p>„Warum verneinen Sie dies ſo beſtimmt?“ erwiederte<lb/> ich mit bebender Stimme. „Ich bin ein Menſch wie Sie.<lb/> Aber“, fuhr ich fort, indem ich mir mit dieſen Worten gleich¬<lb/> ſam ſelber Muth zuſprach, „faſſen Sie ſich jetzt. Gedenken<lb/> Sie der Pflichten, die Ihnen das Leben noch auferlegt und es<lb/> wird Ihnen freier und leichter zu Muthe werden.“</p><lb/> <p>„O nichts davon!“ entgegnete er haſtig. „Ich habe jetzt<lb/> keine Pflichten mehr. Und wenn auch, wie vermöcht' ich es,<lb/> ſie zu erfüllen! Die Thatkraft, die noch vor kurzem meine<lb/> Bruſt geſchwellt, iſt erloſchen, und der Flug meines Geiſtes<lb/> auf immer gelähmt.“</p><lb/> <p>„Das ſcheint Ihnen jetzt ſo“, ſagte ich ruhig. „Ich bin<lb/> überzeugt, daß Alles, was an edlen Kräften in Ihrem Weſen<lb/> liegt, ſich über kurz oder lang wieder regen und ſich reiner<lb/> und herrlicher entfalten wird, als dies vielleicht bei dem Be¬<lb/> ſitze Ihrer Geliebten der Fall geweſen wäre. Denn“, ſetzte<lb/> ich hinzu und fühlte mich durch die Zuverſicht meiner Rede<lb/> ſelbſt wunderbar getröſtet und erhoben, „ein großer Schmerz<lb/> läutert, indem er die Seele zwingt, ihr Tiefſtes zu ſammeln.<lb/> Er reift in uns die Erkenntniß, daß nur jenes Glück, welches<lb/> wir ganz in uns ſelbſt finden, Dauer verſpricht und jedes<lb/> andere, ſo ſchön es auch ſei, vor einem Hauche in Nichts zer¬<lb/> ſtieben kann.“</p><lb/> <p>Arthur blickte vor ſich hin. „Aus Ihnen ſpricht der Geiſt<lb/> der Entſagung“, erwiederte er endlich. „Es ward Ihnen ſchon<lb/> <fw place="bottom" type="sig">5*<lb/></fw> </p> </body> </text> </TEI> [67/0083]
„Warum verneinen Sie dies ſo beſtimmt?“ erwiederte
ich mit bebender Stimme. „Ich bin ein Menſch wie Sie.
Aber“, fuhr ich fort, indem ich mir mit dieſen Worten gleich¬
ſam ſelber Muth zuſprach, „faſſen Sie ſich jetzt. Gedenken
Sie der Pflichten, die Ihnen das Leben noch auferlegt und es
wird Ihnen freier und leichter zu Muthe werden.“
„O nichts davon!“ entgegnete er haſtig. „Ich habe jetzt
keine Pflichten mehr. Und wenn auch, wie vermöcht' ich es,
ſie zu erfüllen! Die Thatkraft, die noch vor kurzem meine
Bruſt geſchwellt, iſt erloſchen, und der Flug meines Geiſtes
auf immer gelähmt.“
„Das ſcheint Ihnen jetzt ſo“, ſagte ich ruhig. „Ich bin
überzeugt, daß Alles, was an edlen Kräften in Ihrem Weſen
liegt, ſich über kurz oder lang wieder regen und ſich reiner
und herrlicher entfalten wird, als dies vielleicht bei dem Be¬
ſitze Ihrer Geliebten der Fall geweſen wäre. Denn“, ſetzte
ich hinzu und fühlte mich durch die Zuverſicht meiner Rede
ſelbſt wunderbar getröſtet und erhoben, „ein großer Schmerz
läutert, indem er die Seele zwingt, ihr Tiefſtes zu ſammeln.
Er reift in uns die Erkenntniß, daß nur jenes Glück, welches
wir ganz in uns ſelbſt finden, Dauer verſpricht und jedes
andere, ſo ſchön es auch ſei, vor einem Hauche in Nichts zer¬
ſtieben kann.“
Arthur blickte vor ſich hin. „Aus Ihnen ſpricht der Geiſt
der Entſagung“, erwiederte er endlich. „Es ward Ihnen ſchon
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