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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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sollte schon in der nächsten Zeit stattfinden. Wie es heißt,
hatte man sich kein ungleicheres Paar denken können, als die
Beiden. Er -- heiter, lebenslustig, zuweilen ausgelassen, wenn
auch nicht mehr, als es jungen Leuten eben wohl ansteht. Sie
hingegen still, nachdenklich, fast schwermüthig. Dennoch sollen
sie sterbensverliebt in einander gewesen sein. Als das Fräu¬
lein zum letzten Mal die Kirche hier oben besuchte, war auch
der Bräutigam mit. Nach der Messe kommt es ihr in den
Sinn, in den Friedhof hineinzugehen. Der Bräutigam will
anfangs nicht; endlich gibt er nach. Wie sie so Arm in Arm
langsam zwischen den Hügeln und Kreuzen hingehen, sagt sie:
wie still, wie schön es hier ist! Wenn ich einmal sterbe,
möcht' ich hier begraben sein. Ei, erwiedert der Bräutigam
scherzend, bis dahin ist hier kein Platz mehr. Siehst du denn
nicht, wie jetzt schon die Gräber dicht aneinander gedrängt
sind. Sie werden bald zu einem einzigen großen Blumen¬
hügel zusammenwachsen. -- Aber nach vierzehn Tagen war sie
todt. Eine entzündliche Krankheit, die sie sich bei einem Aus¬
fluge geholt haben soll, raffte sie so schnell dahin. Der junge
Rechtsgelehrte ist aus Schmerz darüber fast wahnsinnig. Nun
will man sie, wie es ihr Wunsch war, hier oben begraben
lassen." Er hatte mir bei diesen letzten Worten die Papiere
überreicht und setzte hinzu, der Pfarrer von Sankt Carl ließe
mich bitten, ich möchte Alles Nöthige veranlassen und mich
morgen Nachmittags zur Begräbnißstunde im Hause des Gro߬

ſollte ſchon in der nächſten Zeit ſtattfinden. Wie es heißt,
hatte man ſich kein ungleicheres Paar denken können, als die
Beiden. Er — heiter, lebensluſtig, zuweilen ausgelaſſen, wenn
auch nicht mehr, als es jungen Leuten eben wohl anſteht. Sie
hingegen ſtill, nachdenklich, faſt ſchwermüthig. Dennoch ſollen
ſie ſterbensverliebt in einander geweſen ſein. Als das Fräu¬
lein zum letzten Mal die Kirche hier oben beſuchte, war auch
der Bräutigam mit. Nach der Meſſe kommt es ihr in den
Sinn, in den Friedhof hineinzugehen. Der Bräutigam will
anfangs nicht; endlich gibt er nach. Wie ſie ſo Arm in Arm
langſam zwiſchen den Hügeln und Kreuzen hingehen, ſagt ſie:
wie ſtill, wie ſchön es hier iſt! Wenn ich einmal ſterbe,
möcht' ich hier begraben ſein. Ei, erwiedert der Bräutigam
ſcherzend, bis dahin iſt hier kein Platz mehr. Siehſt du denn
nicht, wie jetzt ſchon die Gräber dicht aneinander gedrängt
ſind. Sie werden bald zu einem einzigen großen Blumen¬
hügel zuſammenwachſen. — Aber nach vierzehn Tagen war ſie
todt. Eine entzündliche Krankheit, die ſie ſich bei einem Aus¬
fluge geholt haben ſoll, raffte ſie ſo ſchnell dahin. Der junge
Rechtsgelehrte iſt aus Schmerz darüber faſt wahnſinnig. Nun
will man ſie, wie es ihr Wunſch war, hier oben begraben
laſſen.“ Er hatte mir bei dieſen letzten Worten die Papiere
überreicht und ſetzte hinzu, der Pfarrer von Sankt Carl ließe
mich bitten, ich möchte Alles Nöthige veranlaſſen und mich
morgen Nachmittags zur Begräbnißſtunde im Hauſe des Gro߬

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[61/0077] ſollte ſchon in der nächſten Zeit ſtattfinden. Wie es heißt, hatte man ſich kein ungleicheres Paar denken können, als die Beiden. Er — heiter, lebensluſtig, zuweilen ausgelaſſen, wenn auch nicht mehr, als es jungen Leuten eben wohl anſteht. Sie hingegen ſtill, nachdenklich, faſt ſchwermüthig. Dennoch ſollen ſie ſterbensverliebt in einander geweſen ſein. Als das Fräu¬ lein zum letzten Mal die Kirche hier oben beſuchte, war auch der Bräutigam mit. Nach der Meſſe kommt es ihr in den Sinn, in den Friedhof hineinzugehen. Der Bräutigam will anfangs nicht; endlich gibt er nach. Wie ſie ſo Arm in Arm langſam zwiſchen den Hügeln und Kreuzen hingehen, ſagt ſie: wie ſtill, wie ſchön es hier iſt! Wenn ich einmal ſterbe, möcht' ich hier begraben ſein. Ei, erwiedert der Bräutigam ſcherzend, bis dahin iſt hier kein Platz mehr. Siehſt du denn nicht, wie jetzt ſchon die Gräber dicht aneinander gedrängt ſind. Sie werden bald zu einem einzigen großen Blumen¬ hügel zuſammenwachſen. — Aber nach vierzehn Tagen war ſie todt. Eine entzündliche Krankheit, die ſie ſich bei einem Aus¬ fluge geholt haben ſoll, raffte ſie ſo ſchnell dahin. Der junge Rechtsgelehrte iſt aus Schmerz darüber faſt wahnſinnig. Nun will man ſie, wie es ihr Wunſch war, hier oben begraben laſſen.“ Er hatte mir bei dieſen letzten Worten die Papiere überreicht und ſetzte hinzu, der Pfarrer von Sankt Carl ließe mich bitten, ich möchte Alles Nöthige veranlaſſen und mich morgen Nachmittags zur Begräbnißſtunde im Hauſe des Gro߬

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/77>, abgerufen am 24.11.2024.