Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.blumen, von Gelbveiglein und Hahnenfuß. Da pflück' ich nun, Sie hatte den Strauß fertig und hielt ihn in der ge¬ Ich stammelte einige unzusammenhängende Worte und Draußen athmete ich tief auf. Ein schmerzlichsüßes Weh blumen, von Gelbveiglein und Hahnenfuß. Da pflück' ich nun, Sie hatte den Strauß fertig und hielt ihn in der ge¬ Ich ſtammelte einige unzuſammenhängende Worte und Draußen athmete ich tief auf. Ein ſchmerzlichſüßes Weh <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0074" n="58"/> blumen, von Gelbveiglein und Hahnenfuß. Da pflück' ich nun,<lb/> ſo viel ich kann. Denn hier haben wir auch gar zu wenig<lb/> Raum, um Blumen zu halten. Mein Roſenbäumchen dort iſt<lb/> außer den Aepfeln und Bohnen das Einzige, was bei uns<lb/> blüht. Sie deutete darauf hin. Es war wirklich die alleinige<lb/> Zierde des Gärtchens, wo jedes Fleckchen Erde mit einem nütz¬<lb/> lichen Gewächſe bepflanzt war, und ſtand bis auf eine halb¬<lb/> aufgeblühte Roſe noch in Knospen.</p><lb/> <p>Sie hatte den Strauß fertig und hielt ihn in der ge¬<lb/> bräunten, aber wohlgeformten Hand prüfend vor ſich hin. „Es<lb/> ſind doch gar zu unſcheinbare Blumen“, ſagte ſie nieder¬<lb/> geſchlagen, „ſie nehmen ſich im Raſen zerſtreut viel beſſer aus<lb/> als ſo. Aber warten Sie, ich will noch etwas hinzu thun!“<lb/> rief ſie, wie von einem plötzlichen Gedanken erfaßt, und eilte<lb/> auf das Bäumchen los. Dort pflückte ſie die Roſe und ſteckte<lb/> dieſelbe in die Mitte des Straußes, wo ſie, von weißzackigen<lb/> Sternblumen umgeben, gar lieblich ausſah. „So“, ſagte Lud¬<lb/> milla, indem ſie zurückkehrte und mir anmuthig den Strauß<lb/> überreichte. „Es war die Einzige. In ein paar Tagen aber<lb/> werden alle Knospen aufgegangen ſein, und dann ſollen ſie<lb/> die ſchönſten Roſen haben.“</p><lb/> <p>Ich ſtammelte einige unzuſammenhängende Worte und<lb/> verabſchiedete mich; Ludmilla ging noch mit mir bis zu dem<lb/> Pförtchen im Zaune.</p><lb/> <p>Draußen athmete ich tief auf. Ein ſchmerzlichſüßes Weh<lb/></p> </body> </text> </TEI> [58/0074]
blumen, von Gelbveiglein und Hahnenfuß. Da pflück' ich nun,
ſo viel ich kann. Denn hier haben wir auch gar zu wenig
Raum, um Blumen zu halten. Mein Roſenbäumchen dort iſt
außer den Aepfeln und Bohnen das Einzige, was bei uns
blüht. Sie deutete darauf hin. Es war wirklich die alleinige
Zierde des Gärtchens, wo jedes Fleckchen Erde mit einem nütz¬
lichen Gewächſe bepflanzt war, und ſtand bis auf eine halb¬
aufgeblühte Roſe noch in Knospen.
Sie hatte den Strauß fertig und hielt ihn in der ge¬
bräunten, aber wohlgeformten Hand prüfend vor ſich hin. „Es
ſind doch gar zu unſcheinbare Blumen“, ſagte ſie nieder¬
geſchlagen, „ſie nehmen ſich im Raſen zerſtreut viel beſſer aus
als ſo. Aber warten Sie, ich will noch etwas hinzu thun!“
rief ſie, wie von einem plötzlichen Gedanken erfaßt, und eilte
auf das Bäumchen los. Dort pflückte ſie die Roſe und ſteckte
dieſelbe in die Mitte des Straußes, wo ſie, von weißzackigen
Sternblumen umgeben, gar lieblich ausſah. „So“, ſagte Lud¬
milla, indem ſie zurückkehrte und mir anmuthig den Strauß
überreichte. „Es war die Einzige. In ein paar Tagen aber
werden alle Knospen aufgegangen ſein, und dann ſollen ſie
die ſchönſten Roſen haben.“
Ich ſtammelte einige unzuſammenhängende Worte und
verabſchiedete mich; Ludmilla ging noch mit mir bis zu dem
Pförtchen im Zaune.
Draußen athmete ich tief auf. Ein ſchmerzlichſüßes Weh
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