Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.läßt sich jedoch in dieser Hinsicht so rasch kein Entschluß fassen. Ich betrachtete ihn schweigend. "Ich werde es ihr sagen", Ich begab mich geraden Weges zu Ludovica, die, seit sie "Es ist gekommen, wie ich es vorhergesehen." Und ich Mir blutete das Herz, wie sie so vor mir saß und athem¬ läßt ſich jedoch in dieſer Hinſicht ſo raſch kein Entſchluß faſſen. Ich betrachtete ihn ſchweigend. „Ich werde es ihr ſagen“, Ich begab mich geraden Weges zu Ludovica, die, ſeit ſie „Es iſt gekommen, wie ich es vorhergeſehen.“ Und ich Mir blutete das Herz, wie ſie ſo vor mir ſaß und athem¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0250" n="234"/> läßt ſich jedoch in dieſer Hinſicht ſo raſch kein Entſchluß faſſen.<lb/> Was nun Ludovica betrifft, ſo bitte ich, ihr zu ſagen, daß ich<lb/> ſchon früher Alles wohl erwogen und überlegt habe, daß ich<lb/> begreife, wie ſchmerzlich es für ſie ſein muß — aber ich kann<lb/> nichts an den Beziehungen ändern, in welchen wir gegenwärtig<lb/> zu einander ſtehen. Durchaus nichts!“ fügte er, die verletzende<lb/> Hartnäckigkeit ſchwacher Naturen hervorkehrend, hinzu.</p><lb/> <p>Ich betrachtete ihn ſchweigend. „Ich werde es ihr ſagen“,<lb/> ſprach ich endlich und ging.</p><lb/> <p>Ich begab mich geraden Weges zu Ludovica, die, ſeit ſie<lb/> von ihren Schweſtern getrennt lebte, eine einfache Miethſtube<lb/> bewohnte und mir in höchſter Spannung entgegenkam. „Nun,<lb/> nun?“ fragte ſie mit erwartungsvollen Blicken.</p><lb/> <p>„Es iſt gekommen, wie ich es vorhergeſehen.“ Und ich<lb/> erzählte ihr Alles.</p><lb/> <p>Mir blutete das Herz, wie ſie ſo vor mir ſaß und athem¬<lb/> los an meinem Munde hing, während jedes Wort wie ge¬<lb/> ſchmolzenes Blei in ihre Seele fiel. Wie ſie ſchmerzlich auf¬<lb/> zuckte, wie ſie nach Faſſung rang, wie ſich allmälig Rührung,<lb/> Freude und Hoffnung in ihren Zügen malten — bis ſie end¬<lb/> lich enttäuſcht und verzweifelt unter einem Strome von Thränen<lb/> zuſammenbrach. Und doch, wenn es ein Mittel gab, ſie aus<lb/> dieſen Wirrſalen zu befreien, ihr den Frieden der Seele wieder¬<lb/> zugeben: ſo konnte es nur geſchehen, indem man ſie zum kla¬<lb/> ren Bewußtſein ihrer Lage und zur Ueberzeugung brachte, daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [234/0250]
läßt ſich jedoch in dieſer Hinſicht ſo raſch kein Entſchluß faſſen.
Was nun Ludovica betrifft, ſo bitte ich, ihr zu ſagen, daß ich
ſchon früher Alles wohl erwogen und überlegt habe, daß ich
begreife, wie ſchmerzlich es für ſie ſein muß — aber ich kann
nichts an den Beziehungen ändern, in welchen wir gegenwärtig
zu einander ſtehen. Durchaus nichts!“ fügte er, die verletzende
Hartnäckigkeit ſchwacher Naturen hervorkehrend, hinzu.
Ich betrachtete ihn ſchweigend. „Ich werde es ihr ſagen“,
ſprach ich endlich und ging.
Ich begab mich geraden Weges zu Ludovica, die, ſeit ſie
von ihren Schweſtern getrennt lebte, eine einfache Miethſtube
bewohnte und mir in höchſter Spannung entgegenkam. „Nun,
nun?“ fragte ſie mit erwartungsvollen Blicken.
„Es iſt gekommen, wie ich es vorhergeſehen.“ Und ich
erzählte ihr Alles.
Mir blutete das Herz, wie ſie ſo vor mir ſaß und athem¬
los an meinem Munde hing, während jedes Wort wie ge¬
ſchmolzenes Blei in ihre Seele fiel. Wie ſie ſchmerzlich auf¬
zuckte, wie ſie nach Faſſung rang, wie ſich allmälig Rührung,
Freude und Hoffnung in ihren Zügen malten — bis ſie end¬
lich enttäuſcht und verzweifelt unter einem Strome von Thränen
zuſammenbrach. Und doch, wenn es ein Mittel gab, ſie aus
dieſen Wirrſalen zu befreien, ihr den Frieden der Seele wieder¬
zugeben: ſo konnte es nur geſchehen, indem man ſie zum kla¬
ren Bewußtſein ihrer Lage und zur Ueberzeugung brachte, daß
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