"Es handelt sich diesmal um etwas ganz Anderes", fuhr sie rasch fort. "Es ist eine Angelegenheit, bei welcher mein ganzes Lebensglück auf dem Spiele steht."
"Sie erschrecken mich --"
"Um Ihnen meine Bitte vorzutragen, bin ich gezwun¬ gen, weiter auszuholen und ersuche Sie um freundliches Gehör."
Ich nahm einen Stuhl und setzte mich ihr gegenüber.
Sie that einen langen Athemzug, dann begann sie: "Wir sind die hinterlassenen Töchter eines Musiklehrers, der sich seiner Zeit eines besonderen Rufes erfreute und eine große Anzahl von Schülern aus den hervorragendsten Kreisen bei sich versammelte. Unter diesen befand sich auch ein junger Mann, Namens Alexis, der eine tiefe, wohlklingende Stimme besaß und zu seinem Vergnügen Unterricht im Singen nahm. Seine Familie, eigentlich russischen Ursprungs und in den Donaufürstenthümern zu Reichthum und Ansehen gelangt, war schon seit einigen Generationen hier ansässig, wo sie eine der bedeutendsten Großhandlungsfirmen vertrat. Als Jüngling, nach Paris geschickt, um sich dort unter der Aufsicht eines Geschäftsfreundes dem Handelsstande zu widmen, war er vor Kurzem zurückberufen worden; denn es hatte sich herausgestellt, daß er zu jenem Berufe durchaus keine Neigung besaß und sich vielmehr sorglos den Vergnügungen der Weltstadt über¬ lassen habe. Es sollte ihm nun eine andere Bahn eröffnet
„Es handelt ſich diesmal um etwas ganz Anderes“, fuhr ſie raſch fort. „Es iſt eine Angelegenheit, bei welcher mein ganzes Lebensglück auf dem Spiele ſteht.“
„Sie erſchrecken mich —“
„Um Ihnen meine Bitte vorzutragen, bin ich gezwun¬ gen, weiter auszuholen und erſuche Sie um freundliches Gehör.“
Ich nahm einen Stuhl und ſetzte mich ihr gegenüber.
Sie that einen langen Athemzug, dann begann ſie: „Wir ſind die hinterlaſſenen Töchter eines Muſiklehrers, der ſich ſeiner Zeit eines beſonderen Rufes erfreute und eine große Anzahl von Schülern aus den hervorragendſten Kreiſen bei ſich verſammelte. Unter dieſen befand ſich auch ein junger Mann, Namens Alexis, der eine tiefe, wohlklingende Stimme beſaß und zu ſeinem Vergnügen Unterricht im Singen nahm. Seine Familie, eigentlich ruſſiſchen Urſprungs und in den Donaufürſtenthümern zu Reichthum und Anſehen gelangt, war ſchon ſeit einigen Generationen hier anſäſſig, wo ſie eine der bedeutendſten Großhandlungsfirmen vertrat. Als Jüngling, nach Paris geſchickt, um ſich dort unter der Aufſicht eines Geſchäftsfreundes dem Handelsſtande zu widmen, war er vor Kurzem zurückberufen worden; denn es hatte ſich herausgeſtellt, daß er zu jenem Berufe durchaus keine Neigung beſaß und ſich vielmehr ſorglos den Vergnügungen der Weltſtadt über¬ laſſen habe. Es ſollte ihm nun eine andere Bahn eröffnet
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„Es handelt ſich diesmal um etwas ganz Anderes“,
fuhr ſie raſch fort. „Es iſt eine Angelegenheit, bei welcher
mein ganzes Lebensglück auf dem Spiele ſteht.“
„Sie erſchrecken mich —“
„Um Ihnen meine Bitte vorzutragen, bin ich gezwun¬
gen, weiter auszuholen und erſuche Sie um freundliches
Gehör.“
Ich nahm einen Stuhl und ſetzte mich ihr gegenüber.
Sie that einen langen Athemzug, dann begann ſie: „Wir
ſind die hinterlaſſenen Töchter eines Muſiklehrers, der ſich
ſeiner Zeit eines beſonderen Rufes erfreute und eine große
Anzahl von Schülern aus den hervorragendſten Kreiſen bei
ſich verſammelte. Unter dieſen befand ſich auch ein junger
Mann, Namens Alexis, der eine tiefe, wohlklingende Stimme
beſaß und zu ſeinem Vergnügen Unterricht im Singen nahm.
Seine Familie, eigentlich ruſſiſchen Urſprungs und in den
Donaufürſtenthümern zu Reichthum und Anſehen gelangt, war
ſchon ſeit einigen Generationen hier anſäſſig, wo ſie eine der
bedeutendſten Großhandlungsfirmen vertrat. Als Jüngling,
nach Paris geſchickt, um ſich dort unter der Aufſicht eines
Geſchäftsfreundes dem Handelsſtande zu widmen, war er vor
Kurzem zurückberufen worden; denn es hatte ſich herausgeſtellt,
daß er zu jenem Berufe durchaus keine Neigung beſaß und
ſich vielmehr ſorglos den Vergnügungen der Weltſtadt über¬
laſſen habe. Es ſollte ihm nun eine andere Bahn eröffnet
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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/234>, abgerufen am 16.07.2024.
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