Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.eine gewisse Zeit verflossen war, erschien es mir unwürdig, "O ich bin überzeugt. Aber", setzte ich hinzu, da ich "Allerdings; ein wichtiger Gang -- allein --" "Ich bitte", sagte ich und stand auf. "Nun denn", erwiederte sie, "so leben Sie wohl. Noch eine gewiſſe Zeit verfloſſen war, erſchien es mir unwürdig, „O ich bin überzeugt. Aber“, ſetzte ich hinzu, da ich „Allerdings; ein wichtiger Gang — allein —“ „Ich bitte“, ſagte ich und ſtand auf. „Nun denn“, erwiederte ſie, „ſo leben Sie wohl. Noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0232" n="216"/> eine gewiſſe Zeit verfloſſen war, erſchien es mir unwürdig,<lb/> ſo geradezu wegzubleiben. Mußte Ludovica nicht denken, ich<lb/> ſei verletzt, beleidigt, oder es geſchähe in Folge jener Scene,<lb/> bei welcher ſie eine ſo ergreifende Rolle geſpielt? War es<lb/> nun wirklich dieſe Rückſicht oder eine geheime Sehnſucht, ſie<lb/> wiederzuſehen — genug: ich ging an einem Vormittage zu ihr.<lb/> Ich traf ſie eben im Begriffe auszugehen, das Hütchen auf<lb/> dem Kopfe.— „Ah, Sie, mein Herr?“ ſagte ſie, ſichtlich über¬<lb/> raſcht und befremdet. „Gut, daß Sie kommen. Ich habe<lb/> ſoeben einen Brief für Sie zur Poſt geben wollen. Nehmen<lb/> Sie Platz! Ich bin nämlich“, fuhr ſie fort, „in der angeneh¬<lb/> men Lage, Ihnen jene Summe, die Sie mir ſo großmüthig<lb/> vorgeſtreckt, zurück zu erſtatten. Hier iſt ſie.“ Und ſie öffnete<lb/> eine Lade und reichte mir die bereits zurechtgelegten Banknoten.<lb/> Ich nahm das Päckchen und ſteckte es in die Taſche. „Sehen<lb/> Sie doch nach“, ſagte ſie.</p><lb/> <p>„O ich bin überzeugt. Aber“, ſetzte ich hinzu, da ich<lb/> ſah, daß ſie ſich unruhig hin und her bewegte, „ich ſtöre<lb/> vielleicht. Sie waren eben im Begriffe, das Haus zu ver¬<lb/> laſſen.“</p><lb/> <p>„Allerdings; ein wichtiger Gang — allein —“</p><lb/> <p>„Ich bitte“, ſagte ich und ſtand auf.</p><lb/> <p>„Nun denn“, erwiederte ſie, „ſo leben Sie wohl. Noch<lb/> einmal meinen innigſten Dank!“ Aber es klang wie ein un¬<lb/> geduldiges Drängen. Kein Wort, keine Andeutung, ich möchte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [216/0232]
eine gewiſſe Zeit verfloſſen war, erſchien es mir unwürdig,
ſo geradezu wegzubleiben. Mußte Ludovica nicht denken, ich
ſei verletzt, beleidigt, oder es geſchähe in Folge jener Scene,
bei welcher ſie eine ſo ergreifende Rolle geſpielt? War es
nun wirklich dieſe Rückſicht oder eine geheime Sehnſucht, ſie
wiederzuſehen — genug: ich ging an einem Vormittage zu ihr.
Ich traf ſie eben im Begriffe auszugehen, das Hütchen auf
dem Kopfe.— „Ah, Sie, mein Herr?“ ſagte ſie, ſichtlich über¬
raſcht und befremdet. „Gut, daß Sie kommen. Ich habe
ſoeben einen Brief für Sie zur Poſt geben wollen. Nehmen
Sie Platz! Ich bin nämlich“, fuhr ſie fort, „in der angeneh¬
men Lage, Ihnen jene Summe, die Sie mir ſo großmüthig
vorgeſtreckt, zurück zu erſtatten. Hier iſt ſie.“ Und ſie öffnete
eine Lade und reichte mir die bereits zurechtgelegten Banknoten.
Ich nahm das Päckchen und ſteckte es in die Taſche. „Sehen
Sie doch nach“, ſagte ſie.
„O ich bin überzeugt. Aber“, ſetzte ich hinzu, da ich
ſah, daß ſie ſich unruhig hin und her bewegte, „ich ſtöre
vielleicht. Sie waren eben im Begriffe, das Haus zu ver¬
laſſen.“
„Allerdings; ein wichtiger Gang — allein —“
„Ich bitte“, ſagte ich und ſtand auf.
„Nun denn“, erwiederte ſie, „ſo leben Sie wohl. Noch
einmal meinen innigſten Dank!“ Aber es klang wie ein un¬
geduldiges Drängen. Kein Wort, keine Andeutung, ich möchte
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