Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.und auf der trostlosen Ebene eine Masse nüchterner Häuser Wir waren wieder schweigend weiter geschritten. Rings¬ 13*
und auf der troſtloſen Ebene eine Maſſe nüchterner Häuſer Wir waren wieder ſchweigend weiter geſchritten. Rings¬ 13*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0211" n="195"/> und auf der troſtloſen Ebene eine Maſſe nüchterner Häuſer<lb/> ſtehen, zwiſchen welchen ein qualmender Eiſenbahnzug dahin¬<lb/> brauſt. — Aber“, fuhr er nach einer Weile fort, „das iſt im<lb/> Grunde doch nur Sentimentalität. Alles vollzieht ſich nach<lb/> dem eiſernen Geſetze der Nothwendigkeit. Der Prater wird<lb/> ſo lange erhalten bleiben, als er ein Bedürfniß iſt. Eine<lb/> Reit- und Fahrbahn wird ſich überall finden laſſen und das<lb/> Volk kann ſich auch anderswo beim Biere vergnügen!“</p><lb/> <p>Wir waren wieder ſchweigend weiter geſchritten. Rings¬<lb/> um herrſchte tiefe Stille; nur ein kühler Windhauch ſchauerte<lb/> leiſe durch die Zeitloſen, mit welchen der Grund wie überſät<lb/> war. Endlich ſtanden wir vor einem weitläufigen Sumpfe,<lb/> aus deſſen Schilf, von unſeren Schritten aufgeſchreckt, ein<lb/> ſpäter Reiher in die ſinkende Dämmerung emporrauſchte. Wir<lb/> machten uns auf den Heimweg. Als wir die Brücke über den<lb/> Donaukanal betraten, gewahrte ich, wie unter den Jochen<lb/> hervor ein dunkler Gegenſtand auf den Fluthen trieb, in<lb/> welchem ich die Umriſſe einer weiblichen Geſtalt zu erkennen<lb/> glaubte. Gleichzeitig mit mir mußten ihn Andere bemerkt ha¬<lb/> ben; es entſtand ein Zuſammenlauf am Geländer; Rufe nach<lb/> Rettung wurden laut, und wirklich ſtieß in einiger Entfernung<lb/> ein Kahn ab, deſſen Bemannung die Verunglückte mittelſt<lb/> langer Enterhaken an's Ufer zog und am Fuße eines Gas¬<lb/> candelabers niederlegte. Dorthin ſtrömte jetzt eine zahlreiche<lb/> Menſchenmenge; ich und mein Begleiter wurden unwillkürlich<lb/> <fw place="bottom" type="sig">13*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [195/0211]
und auf der troſtloſen Ebene eine Maſſe nüchterner Häuſer
ſtehen, zwiſchen welchen ein qualmender Eiſenbahnzug dahin¬
brauſt. — Aber“, fuhr er nach einer Weile fort, „das iſt im
Grunde doch nur Sentimentalität. Alles vollzieht ſich nach
dem eiſernen Geſetze der Nothwendigkeit. Der Prater wird
ſo lange erhalten bleiben, als er ein Bedürfniß iſt. Eine
Reit- und Fahrbahn wird ſich überall finden laſſen und das
Volk kann ſich auch anderswo beim Biere vergnügen!“
Wir waren wieder ſchweigend weiter geſchritten. Rings¬
um herrſchte tiefe Stille; nur ein kühler Windhauch ſchauerte
leiſe durch die Zeitloſen, mit welchen der Grund wie überſät
war. Endlich ſtanden wir vor einem weitläufigen Sumpfe,
aus deſſen Schilf, von unſeren Schritten aufgeſchreckt, ein
ſpäter Reiher in die ſinkende Dämmerung emporrauſchte. Wir
machten uns auf den Heimweg. Als wir die Brücke über den
Donaukanal betraten, gewahrte ich, wie unter den Jochen
hervor ein dunkler Gegenſtand auf den Fluthen trieb, in
welchem ich die Umriſſe einer weiblichen Geſtalt zu erkennen
glaubte. Gleichzeitig mit mir mußten ihn Andere bemerkt ha¬
ben; es entſtand ein Zuſammenlauf am Geländer; Rufe nach
Rettung wurden laut, und wirklich ſtieß in einiger Entfernung
ein Kahn ab, deſſen Bemannung die Verunglückte mittelſt
langer Enterhaken an's Ufer zog und am Fuße eines Gas¬
candelabers niederlegte. Dorthin ſtrömte jetzt eine zahlreiche
Menſchenmenge; ich und mein Begleiter wurden unwillkürlich
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