Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

zu drohen, weil ich das schlechte Weibsbild, die Tertschka, ein¬
gesperrt hab', daß sie nicht mit ihm davon läuft."

"Beschimpft uns nicht!" rief Georg, dessen Blut unwill¬
kürlich höher aufwallte. "Wir sind zwei ehrliche Leute. Ihr
habt kein Recht, die Tertschka einzusperren, wenn sie auch
schlecht wär'."

"Was? kein Recht hätt' ich?! Sie ist mein Stiefkind
und bei mir aufgewachsen!"

"Leider Gottes! Mehr sag' ich nicht; ich will Euch
schonen vor diesen da." Und dabei deutete er nach den Män¬
nern, die mit stumpfem Behagen dem wachsenden Streite
zusahen.

"Hört ihr den Hund? Schonen will er mich! Packt
ihn und werft ihn hinaus!"

Die Männer blickten einander unschlüssig an; aber sie
regten sich nicht. Hinter der Kellerthüre war lautes Aechzen
vernehmbar.

"Seht Ihr?" fuhr Georg in steigender Erregung fort;
"es fällt Keinem ein, mich anzurühren. Drum sag' ich Euch
zum letzten Male: gebt die Tertschka frei, -- oder ich nehm'
den Hammer dort. Zwei Schläge damit, und die Thür' geht
in Trümmer!"

"Was? die Thür' willst Du mir einschlagen? Du Räu¬
ber! Du Dieb! Hinaus! Sonst laß' ich die Gendarmen
holen!"

zu drohen, weil ich das ſchlechte Weibsbild, die Tertſchka, ein¬
geſperrt hab', daß ſie nicht mit ihm davon läuft.“

„Beſchimpft uns nicht!“ rief Georg, deſſen Blut unwill¬
kürlich höher aufwallte. „Wir ſind zwei ehrliche Leute. Ihr
habt kein Recht, die Tertſchka einzuſperren, wenn ſie auch
ſchlecht wär'.“

„Was? kein Recht hätt' ich?! Sie iſt mein Stiefkind
und bei mir aufgewachſen!“

„Leider Gottes! Mehr ſag' ich nicht; ich will Euch
ſchonen vor dieſen da.“ Und dabei deutete er nach den Män¬
nern, die mit ſtumpfem Behagen dem wachſenden Streite
zuſahen.

„Hört ihr den Hund? Schonen will er mich! Packt
ihn und werft ihn hinaus!“

Die Männer blickten einander unſchlüſſig an; aber ſie
regten ſich nicht. Hinter der Kellerthüre war lautes Aechzen
vernehmbar.

„Seht Ihr?“ fuhr Georg in ſteigender Erregung fort;
„es fällt Keinem ein, mich anzurühren. Drum ſag' ich Euch
zum letzten Male: gebt die Tertſchka frei, — oder ich nehm'
den Hammer dort. Zwei Schläge damit, und die Thür' geht
in Trümmer!“

„Was? die Thür' willſt Du mir einſchlagen? Du Räu¬
ber! Du Dieb! Hinaus! Sonſt laß' ich die Gendarmen
holen!“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0187" n="171"/>
zu drohen, weil ich das &#x017F;chlechte Weibsbild, die Tert&#x017F;chka, ein¬<lb/>
ge&#x017F;perrt hab', daß &#x017F;ie nicht mit ihm davon läuft.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Be&#x017F;chimpft uns nicht!&#x201C; rief Georg, de&#x017F;&#x017F;en Blut unwill¬<lb/>
kürlich höher aufwallte. &#x201E;Wir &#x017F;ind zwei ehrliche Leute. Ihr<lb/>
habt kein Recht, die Tert&#x017F;chka einzu&#x017F;perren, wenn &#x017F;ie auch<lb/>
&#x017F;chlecht wär'.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was? kein Recht hätt' ich?! Sie i&#x017F;t mein Stiefkind<lb/>
und bei mir aufgewach&#x017F;en!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Leider Gottes! Mehr &#x017F;ag' ich nicht; ich will Euch<lb/>
&#x017F;chonen vor die&#x017F;en da.&#x201C; Und dabei deutete er nach den Män¬<lb/>
nern, die mit &#x017F;tumpfem Behagen dem wach&#x017F;enden Streite<lb/>
zu&#x017F;ahen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Hört ihr den Hund? Schonen will er mich! Packt<lb/>
ihn und werft ihn hinaus!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Die Männer blickten einander un&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;ig an; aber &#x017F;ie<lb/>
regten &#x017F;ich nicht. Hinter der Kellerthüre war lautes Aechzen<lb/>
vernehmbar.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Seht Ihr?&#x201C; fuhr Georg in &#x017F;teigender Erregung fort;<lb/>
&#x201E;es fällt Keinem ein, mich anzurühren. Drum &#x017F;ag' ich Euch<lb/>
zum letzten Male: gebt die Tert&#x017F;chka frei, &#x2014; oder ich nehm'<lb/>
den Hammer dort. Zwei Schläge damit, und die Thür' geht<lb/>
in Trümmer!&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was? die Thür' will&#x017F;t Du mir ein&#x017F;chlagen? Du Räu¬<lb/>
ber! Du Dieb! Hinaus! Son&#x017F;t laß' ich die Gendarmen<lb/>
holen!&#x201C;<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0187] zu drohen, weil ich das ſchlechte Weibsbild, die Tertſchka, ein¬ geſperrt hab', daß ſie nicht mit ihm davon läuft.“ „Beſchimpft uns nicht!“ rief Georg, deſſen Blut unwill¬ kürlich höher aufwallte. „Wir ſind zwei ehrliche Leute. Ihr habt kein Recht, die Tertſchka einzuſperren, wenn ſie auch ſchlecht wär'.“ „Was? kein Recht hätt' ich?! Sie iſt mein Stiefkind und bei mir aufgewachſen!“ „Leider Gottes! Mehr ſag' ich nicht; ich will Euch ſchonen vor dieſen da.“ Und dabei deutete er nach den Män¬ nern, die mit ſtumpfem Behagen dem wachſenden Streite zuſahen. „Hört ihr den Hund? Schonen will er mich! Packt ihn und werft ihn hinaus!“ Die Männer blickten einander unſchlüſſig an; aber ſie regten ſich nicht. Hinter der Kellerthüre war lautes Aechzen vernehmbar. „Seht Ihr?“ fuhr Georg in ſteigender Erregung fort; „es fällt Keinem ein, mich anzurühren. Drum ſag' ich Euch zum letzten Male: gebt die Tertſchka frei, — oder ich nehm' den Hammer dort. Zwei Schläge damit, und die Thür' geht in Trümmer!“ „Was? die Thür' willſt Du mir einſchlagen? Du Räu¬ ber! Du Dieb! Hinaus! Sonſt laß' ich die Gendarmen holen!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/187
Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/187>, abgerufen am 25.11.2024.