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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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Auch der Bräutigam war ein stattlicher Junge, dem gegen
Bauernsitte ein Bärtchen auf der Oberlippe dunkelte und dessen
schmucker, mit Gemsbart und Feder gezierter Jägerhut wohl
im Stande war, die Bewunderung Georgs auf sich zu lenken.
Nach und nach aber beschlich die Beiden ein banges, drücken¬
des Gefühl der Verlassenheit unter den vielen Menschen, davon
gar Manche sie mit scheelen Blicken musterten, als wollten sie
fragen: "was haben die hier zu schaffen?"

Endlich wandte sich Tertschka an Georg. "Komm, laß
uns fortgehen. Wir taugen nicht unter die Leute. Wir wollen
uns drüben am Waldrand niedersetzen. Dort können wir
Alles von Weitem mit ansehen und der Musik zuhören."

Er war es zufrieden und so schritten sie dem dunklen
Fichtenwald entgegen, dessen Saum die helle Wiese begrenzte.
Auf einem kleinen Abhange ließen sie sich nieder und lauschten
den Klängen, die, lieblich gedämpft, zu ihnen hinüberzogen.
Mit einem Male ward es still; sie sahen, wie drüben Alles
von den Tischen aufstand und einen Halbkreis bildete. Gleich
darauf begannen wieder die Geigen zu schwirren.

"Die Brautleute tanzen!" rief Tertschka. Und wirklich
war es so. In gehaltenem Tempo und mit zierlichen Wen¬
dungen bewegten sich die hohen schlanken Gestalten auf dem
grünen Plan. "Wie lustig sie sich dreh'n!" fuhr Tertschka
fort, indem sie sich unbewußt an die Schulter Georgs lehnte.
"Schau nur!"

Saar, Novellen aus Oesterreich. 11

Auch der Bräutigam war ein ſtattlicher Junge, dem gegen
Bauernſitte ein Bärtchen auf der Oberlippe dunkelte und deſſen
ſchmucker, mit Gemsbart und Feder gezierter Jägerhut wohl
im Stande war, die Bewunderung Georgs auf ſich zu lenken.
Nach und nach aber beſchlich die Beiden ein banges, drücken¬
des Gefühl der Verlaſſenheit unter den vielen Menſchen, davon
gar Manche ſie mit ſcheelen Blicken muſterten, als wollten ſie
fragen: „was haben die hier zu ſchaffen?“

Endlich wandte ſich Tertſchka an Georg. „Komm, laß
uns fortgehen. Wir taugen nicht unter die Leute. Wir wollen
uns drüben am Waldrand niederſetzen. Dort können wir
Alles von Weitem mit anſehen und der Muſik zuhören.“

Er war es zufrieden und ſo ſchritten ſie dem dunklen
Fichtenwald entgegen, deſſen Saum die helle Wieſe begrenzte.
Auf einem kleinen Abhange ließen ſie ſich nieder und lauſchten
den Klängen, die, lieblich gedämpft, zu ihnen hinüberzogen.
Mit einem Male ward es ſtill; ſie ſahen, wie drüben Alles
von den Tiſchen aufſtand und einen Halbkreis bildete. Gleich
darauf begannen wieder die Geigen zu ſchwirren.

„Die Brautleute tanzen!“ rief Tertſchka. Und wirklich
war es ſo. In gehaltenem Tempo und mit zierlichen Wen¬
dungen bewegten ſich die hohen ſchlanken Geſtalten auf dem
grünen Plan. „Wie luſtig ſie ſich dreh'n!“ fuhr Tertſchka
fort, indem ſie ſich unbewußt an die Schulter Georgs lehnte.
„Schau nur!“

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[161/0177] Auch der Bräutigam war ein ſtattlicher Junge, dem gegen Bauernſitte ein Bärtchen auf der Oberlippe dunkelte und deſſen ſchmucker, mit Gemsbart und Feder gezierter Jägerhut wohl im Stande war, die Bewunderung Georgs auf ſich zu lenken. Nach und nach aber beſchlich die Beiden ein banges, drücken¬ des Gefühl der Verlaſſenheit unter den vielen Menſchen, davon gar Manche ſie mit ſcheelen Blicken muſterten, als wollten ſie fragen: „was haben die hier zu ſchaffen?“ Endlich wandte ſich Tertſchka an Georg. „Komm, laß uns fortgehen. Wir taugen nicht unter die Leute. Wir wollen uns drüben am Waldrand niederſetzen. Dort können wir Alles von Weitem mit anſehen und der Muſik zuhören.“ Er war es zufrieden und ſo ſchritten ſie dem dunklen Fichtenwald entgegen, deſſen Saum die helle Wieſe begrenzte. Auf einem kleinen Abhange ließen ſie ſich nieder und lauſchten den Klängen, die, lieblich gedämpft, zu ihnen hinüberzogen. Mit einem Male ward es ſtill; ſie ſahen, wie drüben Alles von den Tiſchen aufſtand und einen Halbkreis bildete. Gleich darauf begannen wieder die Geigen zu ſchwirren. „Die Brautleute tanzen!“ rief Tertſchka. Und wirklich war es ſo. In gehaltenem Tempo und mit zierlichen Wen¬ dungen bewegten ſich die hohen ſchlanken Geſtalten auf dem grünen Plan. „Wie luſtig ſie ſich dreh'n!“ fuhr Tertſchka fort, indem ſie ſich unbewußt an die Schulter Georgs lehnte. „Schau nur!“ Saar, Novellen aus Oeſterreich. 11

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/177>, abgerufen am 25.11.2024.