Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.das will ich Dir austreiben! Wenn ich Euch noch einmal So wurden sie rauh und plötzlich aus einander gerissen. Eines Abends jedoch -- es war Samstag -- hatte sich "Ach, laß' es", erwiederte sie; "Du wirst es noch brauchen." das will ich Dir austreiben! Wenn ich Euch noch einmal So wurden ſie rauh und plötzlich aus einander geriſſen. Eines Abends jedoch — es war Samſtag — hatte ſich „Ach, laß' es“, erwiederte ſie; „Du wirſt es noch brauchen.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0167" n="151"/> das will ich Dir austreiben! Wenn ich Euch noch einmal<lb/> beiſammen ſeh', ſo iſt der Kerl die längſte Zeit hier geweſen,<lb/> und Du erblickſt mir kein Tageslicht mehr!“ —</p><lb/> <p>So wurden ſie rauh und plötzlich aus einander geriſſen.<lb/> Georg mußte in den nächſten Tagen unten am Bahngeleiſe<lb/> arbeiten, und wenn ſie um die Mittagsſtunde oder nach Son¬<lb/> nenuntergang in der Hütte zuſammen trafen, ſo wagten ſie<lb/> kaum ſich anzuſehen, geſchweige nur ein Wort mit einander<lb/> zu reden. Denn der Aufſeher behielt ſie ſcharf im Auge und<lb/> auch die Andern ſchienen mit ſtumpfer Schadenfreude über<lb/> ihnen zu wachen.</p><lb/> <p>Eines Abends jedoch — es war Samſtag — hatte ſich<lb/> der Aufſeher mit einigen Zechgenoſſen in die Schenke einer<lb/> nahen Ortſchaft begeben, indeß die Zurückgebliebenen, wie ge¬<lb/> wöhnlich, den eben erhaltenen Wochenlohn an ein Spiel Kar¬<lb/> ten wagten, deſſen beſchmutzte Blätter in ihren Händen die<lb/> Runde machten. Während es dabei immer wüſter und lär¬<lb/> mender herging, faßte Georg Muth, ſich verſtohlen Tertſchka<lb/> zu nähern, die in ihrem Schlafwinkel auf einer alten Kiſte<lb/> ſaß, das Haupt auf die Hände geſtützt. „Tertſchka“, ſagte<lb/> er leiſe, indem er ein kleines ledernes Beutelchen aus der<lb/> Taſche zog, „hier iſt das Letzte von dem Gelde, das ich Dir<lb/> ſchuldig bin.“ Und dabei legte er ſachte einige Kreuzer in<lb/> ihren Schooß.</p><lb/> <p>„Ach, laß' es“, erwiederte ſie; „Du wirſt es noch brauchen.“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [151/0167]
das will ich Dir austreiben! Wenn ich Euch noch einmal
beiſammen ſeh', ſo iſt der Kerl die längſte Zeit hier geweſen,
und Du erblickſt mir kein Tageslicht mehr!“ —
So wurden ſie rauh und plötzlich aus einander geriſſen.
Georg mußte in den nächſten Tagen unten am Bahngeleiſe
arbeiten, und wenn ſie um die Mittagsſtunde oder nach Son¬
nenuntergang in der Hütte zuſammen trafen, ſo wagten ſie
kaum ſich anzuſehen, geſchweige nur ein Wort mit einander
zu reden. Denn der Aufſeher behielt ſie ſcharf im Auge und
auch die Andern ſchienen mit ſtumpfer Schadenfreude über
ihnen zu wachen.
Eines Abends jedoch — es war Samſtag — hatte ſich
der Aufſeher mit einigen Zechgenoſſen in die Schenke einer
nahen Ortſchaft begeben, indeß die Zurückgebliebenen, wie ge¬
wöhnlich, den eben erhaltenen Wochenlohn an ein Spiel Kar¬
ten wagten, deſſen beſchmutzte Blätter in ihren Händen die
Runde machten. Während es dabei immer wüſter und lär¬
mender herging, faßte Georg Muth, ſich verſtohlen Tertſchka
zu nähern, die in ihrem Schlafwinkel auf einer alten Kiſte
ſaß, das Haupt auf die Hände geſtützt. „Tertſchka“, ſagte
er leiſe, indem er ein kleines ledernes Beutelchen aus der
Taſche zog, „hier iſt das Letzte von dem Gelde, das ich Dir
ſchuldig bin.“ Und dabei legte er ſachte einige Kreuzer in
ihren Schooß.
„Ach, laß' es“, erwiederte ſie; „Du wirſt es noch brauchen.“
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