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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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doppelt anrechnet: er zwingt Dich auch, mit ihm zu zechen
und Karten zu spielen, damit er Dich ganz in die Klauen
bekommt. Dann siehst Du von dem Deinigen keinen Kreuzer
mehr und bleibst ihm verfallen wie die arme Seele dem
Teufel."

Er hatte ängstlich zugehört. "Aber wie stell' ich es an,
bis Samstag zu leben", sagte er kleinlaut. "Heut' ist erst
Mittwoch. Wenn ich nichts von ihm auf Borg nehmen darf,
so muß ich verhungern."

Sie hatte sich schon früher am Saume ihres Rockes zu
schaffen gemacht und einen kleinen Theil der Naht aufgetrennt.
Jetzt zog sie ein zusammengewickeltes Stückchen Papier daraus
hervor und entfaltete dasselbe. Es war eines jener Bank¬
notenfragmente, welche damals in Oesterreich unter dem Namen
"Viertel" im Umlaufe waren und die mangelnde Scheidemünze
ersetzen mußten. Sie reichte es Georg hin. "Nimm", sagte
sie; "das langt bis Samstag, wenn Du recht sparsam bist.
Du kannst es mir allwöchentlich kleinweise von Deinem Lohn
zurückgeben."

Er blickte sprachlos auf das abgegriffene Zettelchen in
ihrer Hand. Überraschung, Rührung und verschämte Freude
malten sich wundersam in seinem Antlitz. Er war wie betäubt
und regte sich nicht.

"Es ist mein Einziges", fuhr sie treuherzig fort. "Unser
Ingenieur hat mir's geschenkt, als er im vorigen Monate hier

doppelt anrechnet: er zwingt Dich auch, mit ihm zu zechen
und Karten zu ſpielen, damit er Dich ganz in die Klauen
bekommt. Dann ſiehſt Du von dem Deinigen keinen Kreuzer
mehr und bleibſt ihm verfallen wie die arme Seele dem
Teufel.“

Er hatte ängſtlich zugehört. „Aber wie ſtell' ich es an,
bis Samſtag zu leben“, ſagte er kleinlaut. „Heut' iſt erſt
Mittwoch. Wenn ich nichts von ihm auf Borg nehmen darf,
ſo muß ich verhungern.“

Sie hatte ſich ſchon früher am Saume ihres Rockes zu
ſchaffen gemacht und einen kleinen Theil der Naht aufgetrennt.
Jetzt zog ſie ein zuſammengewickeltes Stückchen Papier daraus
hervor und entfaltete daſſelbe. Es war eines jener Bank¬
notenfragmente, welche damals in Oeſterreich unter dem Namen
„Viertel“ im Umlaufe waren und die mangelnde Scheidemünze
erſetzen mußten. Sie reichte es Georg hin. „Nimm“, ſagte
ſie; „das langt bis Samſtag, wenn Du recht ſparſam biſt.
Du kannſt es mir allwöchentlich kleinweiſe von Deinem Lohn
zurückgeben.“

Er blickte ſprachlos auf das abgegriffene Zettelchen in
ihrer Hand. Überraſchung, Rührung und verſchämte Freude
malten ſich wunderſam in ſeinem Antlitz. Er war wie betäubt
und regte ſich nicht.

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Ingenieur hat mir's geſchenkt, als er im vorigen Monate hier

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[144/0160] doppelt anrechnet: er zwingt Dich auch, mit ihm zu zechen und Karten zu ſpielen, damit er Dich ganz in die Klauen bekommt. Dann ſiehſt Du von dem Deinigen keinen Kreuzer mehr und bleibſt ihm verfallen wie die arme Seele dem Teufel.“ Er hatte ängſtlich zugehört. „Aber wie ſtell' ich es an, bis Samſtag zu leben“, ſagte er kleinlaut. „Heut' iſt erſt Mittwoch. Wenn ich nichts von ihm auf Borg nehmen darf, ſo muß ich verhungern.“ Sie hatte ſich ſchon früher am Saume ihres Rockes zu ſchaffen gemacht und einen kleinen Theil der Naht aufgetrennt. Jetzt zog ſie ein zuſammengewickeltes Stückchen Papier daraus hervor und entfaltete daſſelbe. Es war eines jener Bank¬ notenfragmente, welche damals in Oeſterreich unter dem Namen „Viertel“ im Umlaufe waren und die mangelnde Scheidemünze erſetzen mußten. Sie reichte es Georg hin. „Nimm“, ſagte ſie; „das langt bis Samſtag, wenn Du recht ſparſam biſt. Du kannſt es mir allwöchentlich kleinweiſe von Deinem Lohn zurückgeben.“ Er blickte ſprachlos auf das abgegriffene Zettelchen in ihrer Hand. Überraſchung, Rührung und verſchämte Freude malten ſich wunderſam in ſeinem Antlitz. Er war wie betäubt und regte ſich nicht. „Es iſt mein Einziges“, fuhr ſie treuherzig fort. „Unſer Ingenieur hat mir's geſchenkt, als er im vorigen Monate hier

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/160>, abgerufen am 25.11.2024.