helles Gewirr von schimmernden Gewändern, wehenden Schleiern und duftenden Blumen; selbst die eintönige schwarze Tracht der Männer war durch farbige Sträußchen belebt. Das ganze hatte einen kräftigen, altbürgerlichen Anstrich, und mahnte an jene Zeit, wo man noch keine stillen, verschwiegenen Hochzeiten kannte, sondern sein Glück in seligem Uebermuthe offen zur Schau trug. Mein Blick suchte Marianne, die eigenthümlich bleich aussah und zu frösteln schien, trotz des kurzen, mit Schwan besetzten Mäntelchens, das sie um die entblößten Schultern ge¬ worfen hatte. Sie trug ein Kleid von perlgrauer Seide; ihr Haar war mit weißen Rosen geschmückt; in der Hand hielt sie einen Strauß von denselben Blumen. So schritt sie, meinen Gruß stumm erwiedernd, an mir vorüber in die Kirche. Während der Trauung, als der Priester über die Bedeutung und vom Glücke der Ehe sprach, arbeitete es heftig in ihrer Brust, und ich sah zwei große Thränen unter ihren Wimpern hervortreten und langsam über die Wangen hinabrollen. Nach beendeter Feierlichkeit stieg Alles wieder in die Gefährte, und im Fluge ging es, von den Blicken der Vorübergehenden ge¬ folgt, durch die belebten Straßen dem nahen, am Fuße des Kahlenberges gelegenen Orte G . . . zu. Ich fuhr mit Hei¬ drich und Dorner; im Wagen vor uns saßen die beiden jungen Frauen. Marianne wandte kein einziges Mal den Kopf, nur ihr goldig angehauchtes Haar und die weißen Ro¬ sen leuchteten vor meinen Augen. Endlich hatten wir das
helles Gewirr von ſchimmernden Gewändern, wehenden Schleiern und duftenden Blumen; ſelbſt die eintönige ſchwarze Tracht der Männer war durch farbige Sträußchen belebt. Das ganze hatte einen kräftigen, altbürgerlichen Anſtrich, und mahnte an jene Zeit, wo man noch keine ſtillen, verſchwiegenen Hochzeiten kannte, ſondern ſein Glück in ſeligem Uebermuthe offen zur Schau trug. Mein Blick ſuchte Marianne, die eigenthümlich bleich ausſah und zu fröſteln ſchien, trotz des kurzen, mit Schwan beſetzten Mäntelchens, das ſie um die entblößten Schultern ge¬ worfen hatte. Sie trug ein Kleid von perlgrauer Seide; ihr Haar war mit weißen Roſen geſchmückt; in der Hand hielt ſie einen Strauß von denſelben Blumen. So ſchritt ſie, meinen Gruß ſtumm erwiedernd, an mir vorüber in die Kirche. Während der Trauung, als der Prieſter über die Bedeutung und vom Glücke der Ehe ſprach, arbeitete es heftig in ihrer Bruſt, und ich ſah zwei große Thränen unter ihren Wimpern hervortreten und langſam über die Wangen hinabrollen. Nach beendeter Feierlichkeit ſtieg Alles wieder in die Gefährte, und im Fluge ging es, von den Blicken der Vorübergehenden ge¬ folgt, durch die belebten Straßen dem nahen, am Fuße des Kahlenberges gelegenen Orte G . . . zu. Ich fuhr mit Hei¬ drich und Dorner; im Wagen vor uns ſaßen die beiden jungen Frauen. Marianne wandte kein einziges Mal den Kopf, nur ihr goldig angehauchtes Haar und die weißen Ro¬ ſen leuchteten vor meinen Augen. Endlich hatten wir das
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helles Gewirr von ſchimmernden Gewändern, wehenden Schleiern
und duftenden Blumen; ſelbſt die eintönige ſchwarze Tracht der
Männer war durch farbige Sträußchen belebt. Das ganze hatte einen
kräftigen, altbürgerlichen Anſtrich, und mahnte an jene Zeit,
wo man noch keine ſtillen, verſchwiegenen Hochzeiten kannte,
ſondern ſein Glück in ſeligem Uebermuthe offen zur Schau
trug. Mein Blick ſuchte Marianne, die eigenthümlich bleich
ausſah und zu fröſteln ſchien, trotz des kurzen, mit Schwan
beſetzten Mäntelchens, das ſie um die entblößten Schultern ge¬
worfen hatte. Sie trug ein Kleid von perlgrauer Seide; ihr
Haar war mit weißen Roſen geſchmückt; in der Hand hielt
ſie einen Strauß von denſelben Blumen. So ſchritt ſie, meinen
Gruß ſtumm erwiedernd, an mir vorüber in die Kirche.
Während der Trauung, als der Prieſter über die Bedeutung
und vom Glücke der Ehe ſprach, arbeitete es heftig in ihrer
Bruſt, und ich ſah zwei große Thränen unter ihren Wimpern
hervortreten und langſam über die Wangen hinabrollen. Nach
beendeter Feierlichkeit ſtieg Alles wieder in die Gefährte, und
im Fluge ging es, von den Blicken der Vorübergehenden ge¬
folgt, durch die belebten Straßen dem nahen, am Fuße des
Kahlenberges gelegenen Orte G . . . zu. Ich fuhr mit Hei¬
drich und Dorner; im Wagen vor uns ſaßen die beiden
jungen Frauen. Marianne wandte kein einziges Mal den
Kopf, nur ihr goldig angehauchtes Haar und die weißen Ro¬
ſen leuchteten vor meinen Augen. Endlich hatten wir das
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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/133>, abgerufen am 24.11.2024.
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