Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.ungewohntem Charakter entgegen. Ohne Leidenschaft, ohne Unbesonnenheit; überzeugt von der unmittelbaren Sendung seines Berufes; in seinen Fehlern und Mißgriffen standhaft, wie in dem Rechten, was er wählen werde; eine andere Person als Mensch und als Regent, ein fortgehendes Räthsel, schwer und leicht zu lösen, je nachdem man den Schlüssel gefunden oder nicht. Viele unter den Fragen des Papstes waren auf diesen wichtigen Gegenstand gerichtet. Margaretha beantwortete sie zum Theil durch leichte Andeutungen voll Anstand und Rücksicht, suchte indeß durch gewandte Einführung lockender und einwiegender Kunden, von der Verehrung des Kaisers für die Person Seiner Heiligkeit, von der standhaften Ergebenheit des Thronfolgers in den Willen und die Lenkung der Kirche, den Papst von jenem mißlichen Gegenstande abzuleiten. Denn es lag nicht in ihrer Aufgabe, die tieferen Geheimnisse des kaiserlichen Hofes vor seinen Augen bloßzulegen, oder die bleibende Stütze der vorübergehend gebrechlichen eines Greises aufzuopfern, welcher bereits mehr als ein Mal dem Grabe so nahe gekommen war, daß man um ihn schon alle Hoffnung aufgegeben. Das Geheimniß und die ungewöhnliche Dauer dieser Audienz ward bemerkt und zu Rom in den nachfolgenden Tagen vielfältig besprochen. Nur um so mehr suchte man der Prinzessin sich bemerklich zu machen, beeiferte sich nur um so mehr, durch glänzende Feste ihr die Freude zu zeigen, welche man über die Rückkunft der ungewohntem Charakter entgegen. Ohne Leidenschaft, ohne Unbesonnenheit; überzeugt von der unmittelbaren Sendung seines Berufes; in seinen Fehlern und Mißgriffen standhaft, wie in dem Rechten, was er wählen werde; eine andere Person als Mensch und als Regent, ein fortgehendes Räthsel, schwer und leicht zu lösen, je nachdem man den Schlüssel gefunden oder nicht. Viele unter den Fragen des Papstes waren auf diesen wichtigen Gegenstand gerichtet. Margaretha beantwortete sie zum Theil durch leichte Andeutungen voll Anstand und Rücksicht, suchte indeß durch gewandte Einführung lockender und einwiegender Kunden, von der Verehrung des Kaisers für die Person Seiner Heiligkeit, von der standhaften Ergebenheit des Thronfolgers in den Willen und die Lenkung der Kirche, den Papst von jenem mißlichen Gegenstande abzuleiten. Denn es lag nicht in ihrer Aufgabe, die tieferen Geheimnisse des kaiserlichen Hofes vor seinen Augen bloßzulegen, oder die bleibende Stütze der vorübergehend gebrechlichen eines Greises aufzuopfern, welcher bereits mehr als ein Mal dem Grabe so nahe gekommen war, daß man um ihn schon alle Hoffnung aufgegeben. Das Geheimniß und die ungewöhnliche Dauer dieser Audienz ward bemerkt und zu Rom in den nachfolgenden Tagen vielfältig besprochen. Nur um so mehr suchte man der Prinzessin sich bemerklich zu machen, beeiferte sich nur um so mehr, durch glänzende Feste ihr die Freude zu zeigen, welche man über die Rückkunft der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0035"/> ungewohntem Charakter entgegen. Ohne Leidenschaft, ohne Unbesonnenheit; überzeugt von der unmittelbaren Sendung seines Berufes; in seinen Fehlern und Mißgriffen standhaft, wie in dem Rechten, was er wählen werde; eine andere Person als Mensch und als Regent, ein fortgehendes Räthsel, schwer und leicht zu lösen, je nachdem man den Schlüssel gefunden oder nicht. Viele unter den Fragen des Papstes waren auf diesen wichtigen Gegenstand gerichtet. Margaretha beantwortete sie zum Theil durch leichte Andeutungen voll Anstand und Rücksicht, suchte indeß durch gewandte Einführung lockender und einwiegender Kunden, von der Verehrung des Kaisers für die Person Seiner Heiligkeit, von der standhaften Ergebenheit des Thronfolgers in den Willen und die Lenkung der Kirche, den Papst von jenem mißlichen Gegenstande abzuleiten. Denn es lag nicht in ihrer Aufgabe, die tieferen Geheimnisse des kaiserlichen Hofes vor seinen Augen bloßzulegen, oder die bleibende Stütze der vorübergehend gebrechlichen eines Greises aufzuopfern, welcher bereits mehr als ein Mal dem Grabe so nahe gekommen war, daß man um ihn schon alle Hoffnung aufgegeben.</p><lb/> <p>Das Geheimniß und die ungewöhnliche Dauer dieser Audienz ward bemerkt und zu Rom in den nachfolgenden Tagen vielfältig besprochen. Nur um so mehr suchte man der Prinzessin sich bemerklich zu machen, beeiferte sich nur um so mehr, durch glänzende Feste ihr die Freude zu zeigen, welche man über die Rückkunft der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
ungewohntem Charakter entgegen. Ohne Leidenschaft, ohne Unbesonnenheit; überzeugt von der unmittelbaren Sendung seines Berufes; in seinen Fehlern und Mißgriffen standhaft, wie in dem Rechten, was er wählen werde; eine andere Person als Mensch und als Regent, ein fortgehendes Räthsel, schwer und leicht zu lösen, je nachdem man den Schlüssel gefunden oder nicht. Viele unter den Fragen des Papstes waren auf diesen wichtigen Gegenstand gerichtet. Margaretha beantwortete sie zum Theil durch leichte Andeutungen voll Anstand und Rücksicht, suchte indeß durch gewandte Einführung lockender und einwiegender Kunden, von der Verehrung des Kaisers für die Person Seiner Heiligkeit, von der standhaften Ergebenheit des Thronfolgers in den Willen und die Lenkung der Kirche, den Papst von jenem mißlichen Gegenstande abzuleiten. Denn es lag nicht in ihrer Aufgabe, die tieferen Geheimnisse des kaiserlichen Hofes vor seinen Augen bloßzulegen, oder die bleibende Stütze der vorübergehend gebrechlichen eines Greises aufzuopfern, welcher bereits mehr als ein Mal dem Grabe so nahe gekommen war, daß man um ihn schon alle Hoffnung aufgegeben.
Das Geheimniß und die ungewöhnliche Dauer dieser Audienz ward bemerkt und zu Rom in den nachfolgenden Tagen vielfältig besprochen. Nur um so mehr suchte man der Prinzessin sich bemerklich zu machen, beeiferte sich nur um so mehr, durch glänzende Feste ihr die Freude zu zeigen, welche man über die Rückkunft der
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Zitationshilfe: | Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/35>, abgerufen am 17.07.2024. |