Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Allein auch, wenn man Alles ihnen gesagt und verrathen hätte, möchten sie nur dazu gelächelt haben. Machte ich es doch nicht anders, als ich jung war, pflegte der Herzog zu sprechen, wenn die Ausschweifungen seines Sohnes ihm zufällig zu Ohren kamen. Er war zu entschuldigen. Die freie Sitte der ganzen Zeitgenossenschaft, die weite Kluft, der Abstand unter den verschiedenen Stellungen des Lebens, ließ damals Vieles als verzeihlich erscheinen, was bei strengerer Ordnung schon für ein Verbrechen gilt. Durften die Aeltern doch nachsichtig auffassen, was ganz Rom dem Jüngling verzieh; denn es liebten ihn die Damen, es ehrte, fürchtete, suchte ihn die ritterliche Jugend der Stadt. Man glaubte, daß selbst Margaretha vor Anderen ihn auszeichne, und nicht ohne Rücksicht auf diesen Umstand ward er von seinen Genossen zum Anführer und Vorredner des Zuges bestimmt.

Eine schönere Jugend, einen reicheren Aufzug vermochte jene Zeit nicht hervorzubringen; doch blickten die Damen wie durch Verabredung nur auf den Savello, welcher, das Barett in der Hand, den Uebrigen voranging. Panzerähnlich, vielfach durchnäht und überall in Gold und Perlen gestickt war sein Bruststück; auf der rechten Schulter trug er einen kurzen Mantel, an der linken Seite glänzte das reichbesetzte Heft und Gehänge seines Degens. Sein Barett schmückte ein glänzender Rubin von milchweißen zartglänzenden Perlen eingeschlossen. Die Feder, ohne welche dazumal ein vor-

Allein auch, wenn man Alles ihnen gesagt und verrathen hätte, möchten sie nur dazu gelächelt haben. Machte ich es doch nicht anders, als ich jung war, pflegte der Herzog zu sprechen, wenn die Ausschweifungen seines Sohnes ihm zufällig zu Ohren kamen. Er war zu entschuldigen. Die freie Sitte der ganzen Zeitgenossenschaft, die weite Kluft, der Abstand unter den verschiedenen Stellungen des Lebens, ließ damals Vieles als verzeihlich erscheinen, was bei strengerer Ordnung schon für ein Verbrechen gilt. Durften die Aeltern doch nachsichtig auffassen, was ganz Rom dem Jüngling verzieh; denn es liebten ihn die Damen, es ehrte, fürchtete, suchte ihn die ritterliche Jugend der Stadt. Man glaubte, daß selbst Margaretha vor Anderen ihn auszeichne, und nicht ohne Rücksicht auf diesen Umstand ward er von seinen Genossen zum Anführer und Vorredner des Zuges bestimmt.

Eine schönere Jugend, einen reicheren Aufzug vermochte jene Zeit nicht hervorzubringen; doch blickten die Damen wie durch Verabredung nur auf den Savello, welcher, das Barett in der Hand, den Uebrigen voranging. Panzerähnlich, vielfach durchnäht und überall in Gold und Perlen gestickt war sein Bruststück; auf der rechten Schulter trug er einen kurzen Mantel, an der linken Seite glänzte das reichbesetzte Heft und Gehänge seines Degens. Sein Barett schmückte ein glänzender Rubin von milchweißen zartglänzenden Perlen eingeschlossen. Die Feder, ohne welche dazumal ein vor-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0018"/>
Allein auch, wenn man Alles ihnen gesagt und verrathen hätte, möchten sie nur dazu                gelächelt haben. Machte ich es doch nicht anders, als ich jung war, pflegte der                Herzog zu sprechen, wenn die Ausschweifungen seines Sohnes ihm zufällig zu Ohren                kamen. Er war zu entschuldigen. Die freie Sitte der ganzen Zeitgenossenschaft, die                weite Kluft, der Abstand unter den verschiedenen Stellungen des Lebens, ließ damals                Vieles als verzeihlich erscheinen, was bei strengerer Ordnung schon für ein                Verbrechen gilt. Durften die Aeltern doch nachsichtig auffassen, was ganz Rom dem                Jüngling verzieh; denn es liebten ihn die Damen, es ehrte, fürchtete, suchte ihn die                ritterliche Jugend der Stadt. Man glaubte, daß selbst Margaretha vor Anderen ihn                auszeichne, und nicht ohne Rücksicht auf diesen Umstand ward er von seinen Genossen                zum Anführer und Vorredner des Zuges bestimmt.</p><lb/>
        <p>Eine schönere Jugend, einen reicheren Aufzug vermochte jene Zeit nicht                hervorzubringen; doch blickten die Damen wie durch Verabredung nur auf den Savello,                welcher, das Barett in der Hand, den Uebrigen voranging. Panzerähnlich, vielfach                durchnäht und überall in Gold und Perlen gestickt war sein Bruststück; auf der                rechten Schulter trug er einen kurzen Mantel, an der linken Seite glänzte das                reichbesetzte Heft und Gehänge seines Degens. Sein Barett schmückte ein glänzender                Rubin von milchweißen zartglänzenden Perlen eingeschlossen. Die Feder, ohne welche                dazumal ein vor-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0018] Allein auch, wenn man Alles ihnen gesagt und verrathen hätte, möchten sie nur dazu gelächelt haben. Machte ich es doch nicht anders, als ich jung war, pflegte der Herzog zu sprechen, wenn die Ausschweifungen seines Sohnes ihm zufällig zu Ohren kamen. Er war zu entschuldigen. Die freie Sitte der ganzen Zeitgenossenschaft, die weite Kluft, der Abstand unter den verschiedenen Stellungen des Lebens, ließ damals Vieles als verzeihlich erscheinen, was bei strengerer Ordnung schon für ein Verbrechen gilt. Durften die Aeltern doch nachsichtig auffassen, was ganz Rom dem Jüngling verzieh; denn es liebten ihn die Damen, es ehrte, fürchtete, suchte ihn die ritterliche Jugend der Stadt. Man glaubte, daß selbst Margaretha vor Anderen ihn auszeichne, und nicht ohne Rücksicht auf diesen Umstand ward er von seinen Genossen zum Anführer und Vorredner des Zuges bestimmt. Eine schönere Jugend, einen reicheren Aufzug vermochte jene Zeit nicht hervorzubringen; doch blickten die Damen wie durch Verabredung nur auf den Savello, welcher, das Barett in der Hand, den Uebrigen voranging. Panzerähnlich, vielfach durchnäht und überall in Gold und Perlen gestickt war sein Bruststück; auf der rechten Schulter trug er einen kurzen Mantel, an der linken Seite glänzte das reichbesetzte Heft und Gehänge seines Degens. Sein Barett schmückte ein glänzender Rubin von milchweißen zartglänzenden Perlen eingeschlossen. Die Feder, ohne welche dazumal ein vor-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/18
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/18>, abgerufen am 24.11.2024.