Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.selbst wenn hochberühmte Namen ihn zieren, daß er der Insul und nicht dem Schwerte seine Größe verdankt. Damals gab es aber noch eine große Zahl alter und mächtiger Geschlechter, welche die Tugenden, freilich denn auch die meisten Fehler des Lehenadels sorgsam auf ihre Nachkommen fortpflanzten. Sie waren voll unvernutzter Lebenskraft, also sinnlich; voll Muth, also auch übermüthig, herrisch, gewaltsam. Der geistigen Erziehung und Bildung dieser ungestümen Jugend pflegte man eine großartige Anlage zu geben; doch war man weder beharrlich noch sorgfältig in der Befolgung des ersten Planes. Der Lebenslauf jedes Einzelnen war ein Roman voll genialer Züge, anziehender Verwickelungen und Wagestücke; doch ohne Zusammenhang und allgemeinen Guß. Unter solchen Gefährten herrschte der junge Savello durch Muth und Geist; das Alter und Ansehen seines Geschlechtes, der Reichthum und die Macht seiner hochbejahrten Aeltern half ihm, seinen Vorrang fest zu behaupten. Der Herzog und die Herzogin Savello hatten viele Kinder aufgezogen; doch blieb ihnen von Allen nur dieser jüngste Sohn; denn es waren die älteren nach und nach dahingestorben, häufig unerwartet und schrecklich. Der Jüngling war daher der Trost und die Hoffnung ihres Alters, Herr in ihrem Hause, mehr als sie selbst. Schmeichler brachten täglich die Kunde von Dem, was er Glänzendes gethan und gesprochen, sie beschönigten oder verhehlten ihnen die Ausgelassenheit seines Lebens. selbst wenn hochberühmte Namen ihn zieren, daß er der Insul und nicht dem Schwerte seine Größe verdankt. Damals gab es aber noch eine große Zahl alter und mächtiger Geschlechter, welche die Tugenden, freilich denn auch die meisten Fehler des Lehenadels sorgsam auf ihre Nachkommen fortpflanzten. Sie waren voll unvernutzter Lebenskraft, also sinnlich; voll Muth, also auch übermüthig, herrisch, gewaltsam. Der geistigen Erziehung und Bildung dieser ungestümen Jugend pflegte man eine großartige Anlage zu geben; doch war man weder beharrlich noch sorgfältig in der Befolgung des ersten Planes. Der Lebenslauf jedes Einzelnen war ein Roman voll genialer Züge, anziehender Verwickelungen und Wagestücke; doch ohne Zusammenhang und allgemeinen Guß. Unter solchen Gefährten herrschte der junge Savello durch Muth und Geist; das Alter und Ansehen seines Geschlechtes, der Reichthum und die Macht seiner hochbejahrten Aeltern half ihm, seinen Vorrang fest zu behaupten. Der Herzog und die Herzogin Savello hatten viele Kinder aufgezogen; doch blieb ihnen von Allen nur dieser jüngste Sohn; denn es waren die älteren nach und nach dahingestorben, häufig unerwartet und schrecklich. Der Jüngling war daher der Trost und die Hoffnung ihres Alters, Herr in ihrem Hause, mehr als sie selbst. Schmeichler brachten täglich die Kunde von Dem, was er Glänzendes gethan und gesprochen, sie beschönigten oder verhehlten ihnen die Ausgelassenheit seines Lebens. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0017"/> selbst wenn hochberühmte Namen ihn zieren, daß er der Insul und nicht dem Schwerte seine Größe verdankt. Damals gab es aber noch eine große Zahl alter und mächtiger Geschlechter, welche die Tugenden, freilich denn auch die meisten Fehler des Lehenadels sorgsam auf ihre Nachkommen fortpflanzten. Sie waren voll unvernutzter Lebenskraft, also sinnlich; voll Muth, also auch übermüthig, herrisch, gewaltsam. Der geistigen Erziehung und Bildung dieser ungestümen Jugend pflegte man eine großartige Anlage zu geben; doch war man weder beharrlich noch sorgfältig in der Befolgung des ersten Planes. Der Lebenslauf jedes Einzelnen war ein Roman voll genialer Züge, anziehender Verwickelungen und Wagestücke; doch ohne Zusammenhang und allgemeinen Guß. Unter solchen Gefährten herrschte der junge Savello durch Muth und Geist; das Alter und Ansehen seines Geschlechtes, der Reichthum und die Macht seiner hochbejahrten Aeltern half ihm, seinen Vorrang fest zu behaupten.</p><lb/> <p>Der Herzog und die Herzogin Savello hatten viele Kinder aufgezogen; doch blieb ihnen von Allen nur dieser jüngste Sohn; denn es waren die älteren nach und nach dahingestorben, häufig unerwartet und schrecklich. Der Jüngling war daher der Trost und die Hoffnung ihres Alters, Herr in ihrem Hause, mehr als sie selbst. Schmeichler brachten täglich die Kunde von Dem, was er Glänzendes gethan und gesprochen, sie beschönigten oder verhehlten ihnen die Ausgelassenheit seines Lebens.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0017]
selbst wenn hochberühmte Namen ihn zieren, daß er der Insul und nicht dem Schwerte seine Größe verdankt. Damals gab es aber noch eine große Zahl alter und mächtiger Geschlechter, welche die Tugenden, freilich denn auch die meisten Fehler des Lehenadels sorgsam auf ihre Nachkommen fortpflanzten. Sie waren voll unvernutzter Lebenskraft, also sinnlich; voll Muth, also auch übermüthig, herrisch, gewaltsam. Der geistigen Erziehung und Bildung dieser ungestümen Jugend pflegte man eine großartige Anlage zu geben; doch war man weder beharrlich noch sorgfältig in der Befolgung des ersten Planes. Der Lebenslauf jedes Einzelnen war ein Roman voll genialer Züge, anziehender Verwickelungen und Wagestücke; doch ohne Zusammenhang und allgemeinen Guß. Unter solchen Gefährten herrschte der junge Savello durch Muth und Geist; das Alter und Ansehen seines Geschlechtes, der Reichthum und die Macht seiner hochbejahrten Aeltern half ihm, seinen Vorrang fest zu behaupten.
Der Herzog und die Herzogin Savello hatten viele Kinder aufgezogen; doch blieb ihnen von Allen nur dieser jüngste Sohn; denn es waren die älteren nach und nach dahingestorben, häufig unerwartet und schrecklich. Der Jüngling war daher der Trost und die Hoffnung ihres Alters, Herr in ihrem Hause, mehr als sie selbst. Schmeichler brachten täglich die Kunde von Dem, was er Glänzendes gethan und gesprochen, sie beschönigten oder verhehlten ihnen die Ausgelassenheit seines Lebens.
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Zitationshilfe: | Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/17>, abgerufen am 16.02.2025. |