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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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Schon in dem Sposalizio zeigt es sich deutlich, daß Ra-
phael
über den eingeschränkten Kreis peruginischer Stellungen
hinausstrebte, daß er seinen Gestalten leichtere, belebtere Wen-
dungen zu geben trachtete, mit den Gelenken sich ernstlich be-
schäftigte, auf deren Kenntniß so Vieles beruht: Anmuth der
Lage und Wendung, gegenseitige Beziehung und richtiger Aus-
druck der einzelnen Gestalten. Gelenkigkeit wird aber durch
einen schlanken Bau begünstigt; daher gleichzeitig selbst bis
zur Uebertreibung schlanke Figuren, in den Studien, wie in
den ausgeführten Gemälden. Gleichzeitig streift die Anmuth
seiner Lagen und Wendungen nicht selten an das Gezierte.
Es lag dem herrlich begabten, allein noch unerfahrenen Jüng-
linge nahe, diese Richtung, deren endliches Ziel unverwerflich
ist, vorübergehend bis über die Grenze des Möglichen und
Gefälligen hinauszuführen.

Die äußeren Grenzen der Epoche, in welcher Raphael
jene flüchtigen, etwas gezierten, doch geistreich entworfenen
Gemälde hervorbrachte, können mit Zuversicht angegeben wer-
den. Das Wandgemälde im Kloster S. Severo zu Perugia
hat das Jahr 1505 *). Das Altargemälde der Ortschaft
Pescia blieb aber, als Raphael 1508 in Rom sich niederließ,
noch unvollendet zu Florenz zurück. Freylich nun umfaßt der
bezeichnete Zeitraum, von 1505 bis 1508, zugleich mit diesen
etwas flüchtigen Werken jene emsigen, überlegten, gründlichen

*) Zur linken der Ergänzungen Perugins liest man: Rafael de
Urbino
domino Octaviano Stephani Volaterrani priore sanctam Tri-
nitatem angelos astantes sanctosque pinxit A. D. M. D. V.;
und gegen-
über Petrus de Castro Plebis Perusinus tempore domini Silvestri Ste-
phani Volaterrani
ad dextris et sinistris dive ........ sanctos san-
ctasque pinxit A. D. M. D. XXI.

Schon in dem Spoſalizio zeigt es ſich deutlich, daß Ra-
phael
uͤber den eingeſchraͤnkten Kreis peruginiſcher Stellungen
hinausſtrebte, daß er ſeinen Geſtalten leichtere, belebtere Wen-
dungen zu geben trachtete, mit den Gelenken ſich ernſtlich be-
ſchaͤftigte, auf deren Kenntniß ſo Vieles beruht: Anmuth der
Lage und Wendung, gegenſeitige Beziehung und richtiger Aus-
druck der einzelnen Geſtalten. Gelenkigkeit wird aber durch
einen ſchlanken Bau beguͤnſtigt; daher gleichzeitig ſelbſt bis
zur Uebertreibung ſchlanke Figuren, in den Studien, wie in
den ausgefuͤhrten Gemaͤlden. Gleichzeitig ſtreift die Anmuth
ſeiner Lagen und Wendungen nicht ſelten an das Gezierte.
Es lag dem herrlich begabten, allein noch unerfahrenen Juͤng-
linge nahe, dieſe Richtung, deren endliches Ziel unverwerflich
iſt, voruͤbergehend bis uͤber die Grenze des Moͤglichen und
Gefaͤlligen hinauszufuͤhren.

Die aͤußeren Grenzen der Epoche, in welcher Raphael
jene fluͤchtigen, etwas gezierten, doch geiſtreich entworfenen
Gemaͤlde hervorbrachte, koͤnnen mit Zuverſicht angegeben wer-
den. Das Wandgemaͤlde im Kloſter S. Severo zu Perugia
hat das Jahr 1505 *). Das Altargemaͤlde der Ortſchaft
Peſcia blieb aber, als Raphael 1508 in Rom ſich niederließ,
noch unvollendet zu Florenz zuruͤck. Freylich nun umfaßt der
bezeichnete Zeitraum, von 1505 bis 1508, zugleich mit dieſen
etwas fluͤchtigen Werken jene emſigen, uͤberlegten, gruͤndlichen

*) Zur linken der Ergänzungen Perugins lieſt man: Rafael de
Urbino
domino Octaviano Stephani Volaterrani priore sanctam Tri-
nitatem angelos astantes sanctosque pinxit A. D. M. D. V.;
und gegen-
über Petrus de Castro Plebis Perusinus tempore domini Silvestri Ste-
phani Volaterrani
ad dextris et sinistris dive ........ sanctos san-
ctasque pinxit A. D. M. D. XXI.
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[50/0072] Schon in dem Spoſalizio zeigt es ſich deutlich, daß Ra- phael uͤber den eingeſchraͤnkten Kreis peruginiſcher Stellungen hinausſtrebte, daß er ſeinen Geſtalten leichtere, belebtere Wen- dungen zu geben trachtete, mit den Gelenken ſich ernſtlich be- ſchaͤftigte, auf deren Kenntniß ſo Vieles beruht: Anmuth der Lage und Wendung, gegenſeitige Beziehung und richtiger Aus- druck der einzelnen Geſtalten. Gelenkigkeit wird aber durch einen ſchlanken Bau beguͤnſtigt; daher gleichzeitig ſelbſt bis zur Uebertreibung ſchlanke Figuren, in den Studien, wie in den ausgefuͤhrten Gemaͤlden. Gleichzeitig ſtreift die Anmuth ſeiner Lagen und Wendungen nicht ſelten an das Gezierte. Es lag dem herrlich begabten, allein noch unerfahrenen Juͤng- linge nahe, dieſe Richtung, deren endliches Ziel unverwerflich iſt, voruͤbergehend bis uͤber die Grenze des Moͤglichen und Gefaͤlligen hinauszufuͤhren. Die aͤußeren Grenzen der Epoche, in welcher Raphael jene fluͤchtigen, etwas gezierten, doch geiſtreich entworfenen Gemaͤlde hervorbrachte, koͤnnen mit Zuverſicht angegeben wer- den. Das Wandgemaͤlde im Kloſter S. Severo zu Perugia hat das Jahr 1505 *). Das Altargemaͤlde der Ortſchaft Peſcia blieb aber, als Raphael 1508 in Rom ſich niederließ, noch unvollendet zu Florenz zuruͤck. Freylich nun umfaßt der bezeichnete Zeitraum, von 1505 bis 1508, zugleich mit dieſen etwas fluͤchtigen Werken jene emſigen, uͤberlegten, gruͤndlichen *) Zur linken der Ergänzungen Perugins lieſt man: Rafael de Urbino domino Octaviano Stephani Volaterrani priore sanctam Tri- nitatem angelos astantes sanctosque pinxit A. D. M. D. V.; und gegen- über Petrus de Castro Plebis Perusinus tempore domini Silvestri Ste- phani Volaterrani ad dextris et sinistris dive ........ sanctos san- ctasque pinxit A. D. M. D. XXI.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/72>, abgerufen am 23.11.2024.