an die Köpfe des Sposalizio erinnert, ist in den so viel grö- ßeren Gemälden nicht allein, wie bey eigener Ausführung hätte eintreten müssen, nicht weiter gebildet, sogar durchaus verwischt. Die jugendliche Figur zu Pferde, welche für Ra- phaels Bildniß gilt, hat in der Zeichnung (der florentini- schen) eine durchaus verstandene, schön motivirte Bekleidung; in dem Gemälde hingegen sinnloses, steifmaniertes Gefälte. Besser ist allerdings die Ausführung des anderen Bildes, des- sen Zeichnung zu Perugia; ich glaube, daß Pinturicchio darin selbst Hand angelegt habe. Dessenungeachtet treffen auch diese manche der obigen Vorwürfe, sind darin Zusätze und Abän- derungen des ursprünglichen Entwurfes enthalten, welche deut- lich an den Tag legen, daß Raphael weder die Zeichnung selbst in Siena gemacht, noch deren vergrößerte Ausführung geleitet haben konnte.
Der Gegenstand des letzten ist: die erste Begegnung Kai- ser Friedrichs III. mit seiner Braut, einer Prinzessin von Por- tugall. Dieses Ereigniß fand an einem Thore von Siena statt, wo man zu dessen Andenken eine Säule aufgerichtet hat. Pinturicchio ließ diese Stelle, sogar das Denkmal, auf- nehmen und im Hintergrunde der Darstellung anbringen; im Vorgrunde führte er Bildnisse ein, von ausgezeichneten siene- sischen Personen. Allein die raphaelische Zeichnung im Hause Baldeschi enthält, weder die Andeutung der Bildnisse, noch im Hintergrunde Anderes, als die einfachste Andeutung von Linien der Gegend von Perugia. Es hätte, wäre diese Zeich- nung in Siena entstanden, nahe gelegen, alsbald den Hinter- grund anzudeuten, wie der Unternehmer ihn wollte. Die Com- position der Figuren mußte so eingerichtet werden, daß nahe Gebäude nicht gänzlich verdeckt wurden. Daß man die neuen
an die Koͤpfe des Spoſalizio erinnert, iſt in den ſo viel groͤ- ßeren Gemaͤlden nicht allein, wie bey eigener Ausfuͤhrung haͤtte eintreten muͤſſen, nicht weiter gebildet, ſogar durchaus verwiſcht. Die jugendliche Figur zu Pferde, welche fuͤr Ra- phaels Bildniß gilt, hat in der Zeichnung (der florentini- ſchen) eine durchaus verſtandene, ſchoͤn motivirte Bekleidung; in dem Gemaͤlde hingegen ſinnloſes, ſteifmaniertes Gefaͤlte. Beſſer iſt allerdings die Ausfuͤhrung des anderen Bildes, deſ- ſen Zeichnung zu Perugia; ich glaube, daß Pinturicchio darin ſelbſt Hand angelegt habe. Deſſenungeachtet treffen auch dieſe manche der obigen Vorwuͤrfe, ſind darin Zuſaͤtze und Abaͤn- derungen des urſpruͤnglichen Entwurfes enthalten, welche deut- lich an den Tag legen, daß Raphael weder die Zeichnung ſelbſt in Siena gemacht, noch deren vergroͤßerte Ausfuͤhrung geleitet haben konnte.
Der Gegenſtand des letzten iſt: die erſte Begegnung Kai- ſer Friedrichs III. mit ſeiner Braut, einer Prinzeſſin von Por- tugall. Dieſes Ereigniß fand an einem Thore von Siena ſtatt, wo man zu deſſen Andenken eine Saͤule aufgerichtet hat. Pinturicchio ließ dieſe Stelle, ſogar das Denkmal, auf- nehmen und im Hintergrunde der Darſtellung anbringen; im Vorgrunde fuͤhrte er Bildniſſe ein, von ausgezeichneten ſiene- ſiſchen Perſonen. Allein die raphaeliſche Zeichnung im Hauſe Baldeſchi enthaͤlt, weder die Andeutung der Bildniſſe, noch im Hintergrunde Anderes, als die einfachſte Andeutung von Linien der Gegend von Perugia. Es haͤtte, waͤre dieſe Zeich- nung in Siena entſtanden, nahe gelegen, alsbald den Hinter- grund anzudeuten, wie der Unternehmer ihn wollte. Die Com- poſition der Figuren mußte ſo eingerichtet werden, daß nahe Gebaͤude nicht gaͤnzlich verdeckt wurden. Daß man die neuen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0068"n="46"/>
an die Koͤpfe des Spoſalizio erinnert, iſt in den ſo viel groͤ-<lb/>
ßeren Gemaͤlden nicht allein, wie bey eigener Ausfuͤhrung<lb/>
haͤtte eintreten muͤſſen, nicht weiter gebildet, ſogar durchaus<lb/>
verwiſcht. Die jugendliche Figur zu Pferde, welche fuͤr <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Ra-<lb/>
phaels</persName> Bildniß gilt, hat in der Zeichnung (der florentini-<lb/>ſchen) eine durchaus verſtandene, ſchoͤn motivirte Bekleidung;<lb/>
in dem Gemaͤlde hingegen ſinnloſes, ſteifmaniertes Gefaͤlte.<lb/>
Beſſer iſt allerdings die Ausfuͤhrung des anderen Bildes, deſ-<lb/>ſen Zeichnung zu <placeName>Perugia</placeName>; ich glaube, daß <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118792261">Pinturicchio</persName> darin<lb/>ſelbſt Hand angelegt habe. Deſſenungeachtet treffen auch dieſe<lb/>
manche der obigen Vorwuͤrfe, ſind darin Zuſaͤtze und Abaͤn-<lb/>
derungen des urſpruͤnglichen Entwurfes enthalten, welche deut-<lb/>
lich an den Tag legen, daß <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> weder die Zeichnung<lb/>ſelbſt in <placeName>Siena</placeName> gemacht, noch deren vergroͤßerte Ausfuͤhrung<lb/>
geleitet haben konnte.</p><lb/><p>Der Gegenſtand des letzten iſt: die erſte Begegnung Kai-<lb/>ſer <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118535773">Friedrichs <hirendition="#aq">III.</hi></persName> mit ſeiner Braut, einer Prinzeſſin von <placeName>Por-<lb/>
tugall</placeName>. Dieſes Ereigniß fand an einem Thore von <placeName>Siena</placeName><lb/>ſtatt, wo man zu deſſen Andenken eine Saͤule aufgerichtet<lb/>
hat. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118792261">Pinturicchio</persName> ließ dieſe Stelle, ſogar das Denkmal, auf-<lb/>
nehmen und im Hintergrunde der Darſtellung anbringen; im<lb/>
Vorgrunde fuͤhrte er Bildniſſe ein, von ausgezeichneten ſiene-<lb/>ſiſchen Perſonen. Allein die raphaeliſche Zeichnung im Hauſe<lb/>
Baldeſchi enthaͤlt, weder die Andeutung der Bildniſſe, noch<lb/>
im Hintergrunde Anderes, als die einfachſte Andeutung von<lb/>
Linien der Gegend von <placeName>Perugia</placeName>. Es haͤtte, waͤre dieſe Zeich-<lb/>
nung in <placeName>Siena</placeName> entſtanden, nahe gelegen, alsbald den Hinter-<lb/>
grund anzudeuten, wie der Unternehmer ihn wollte. Die Com-<lb/>
poſition der Figuren mußte ſo eingerichtet werden, daß nahe<lb/>
Gebaͤude nicht gaͤnzlich verdeckt wurden. Daß man die neuen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[46/0068]
an die Koͤpfe des Spoſalizio erinnert, iſt in den ſo viel groͤ-
ßeren Gemaͤlden nicht allein, wie bey eigener Ausfuͤhrung
haͤtte eintreten muͤſſen, nicht weiter gebildet, ſogar durchaus
verwiſcht. Die jugendliche Figur zu Pferde, welche fuͤr Ra-
phaels Bildniß gilt, hat in der Zeichnung (der florentini-
ſchen) eine durchaus verſtandene, ſchoͤn motivirte Bekleidung;
in dem Gemaͤlde hingegen ſinnloſes, ſteifmaniertes Gefaͤlte.
Beſſer iſt allerdings die Ausfuͤhrung des anderen Bildes, deſ-
ſen Zeichnung zu Perugia; ich glaube, daß Pinturicchio darin
ſelbſt Hand angelegt habe. Deſſenungeachtet treffen auch dieſe
manche der obigen Vorwuͤrfe, ſind darin Zuſaͤtze und Abaͤn-
derungen des urſpruͤnglichen Entwurfes enthalten, welche deut-
lich an den Tag legen, daß Raphael weder die Zeichnung
ſelbſt in Siena gemacht, noch deren vergroͤßerte Ausfuͤhrung
geleitet haben konnte.
Der Gegenſtand des letzten iſt: die erſte Begegnung Kai-
ſer Friedrichs III. mit ſeiner Braut, einer Prinzeſſin von Por-
tugall. Dieſes Ereigniß fand an einem Thore von Siena
ſtatt, wo man zu deſſen Andenken eine Saͤule aufgerichtet
hat. Pinturicchio ließ dieſe Stelle, ſogar das Denkmal, auf-
nehmen und im Hintergrunde der Darſtellung anbringen; im
Vorgrunde fuͤhrte er Bildniſſe ein, von ausgezeichneten ſiene-
ſiſchen Perſonen. Allein die raphaeliſche Zeichnung im Hauſe
Baldeſchi enthaͤlt, weder die Andeutung der Bildniſſe, noch
im Hintergrunde Anderes, als die einfachſte Andeutung von
Linien der Gegend von Perugia. Es haͤtte, waͤre dieſe Zeich-
nung in Siena entſtanden, nahe gelegen, alsbald den Hinter-
grund anzudeuten, wie der Unternehmer ihn wollte. Die Com-
poſition der Figuren mußte ſo eingerichtet werden, daß nahe
Gebaͤude nicht gaͤnzlich verdeckt wurden. Daß man die neuen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/68>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.