abgesägt und gegenwärtig in der Wohnung der Familie Sa- lozio, wenn ich den Namen richtig schreibe; in einem anderen Hause derselbe Gegenstand a Tempera; endlich in S. Francesco ein Altarblatt, Maria auf dem Throne, umgeben von vier Heiligen, Johannes B., Franciscus, Sebastian und Hierony- mus. Neben dem letzten knieet angeblich die Familie des Sanzio, der kleine Raphael zur Seite der Mutter. Vielleicht war das Gemälde ein Geschenk des Künstlers an das unver- mögende Kloster, was ihm das Recht geben konnte, seine Fa- milie darin einzuführen.
Durch eigene Besichtigung wurden mir zwey Gemälde von ungleichem Verdienste, doch ähnlichem, bleygrauem Tone bekannt, beide mit Aufschriften. Deren eine, auf einem Bilde der öffentlichen Gallerie zu Mayland, ist freylich an vielen Stellen unreinlich nachgeholt und lautet verdächtig, wie folgt: IOHANNES SANTIS VRB. P. Die Charaktere der an- deren, auf dem ungleich schöneren Bilde der königl. Gallerie zu Berlin, Nro. 215 der ersten Abtheilung, haben ein ächte- res Ansehn; auch scheint der anmuthsvolle Knabe zur Rech- ten in seinem Hemdchen den späteren Bildnissen Raphaels in etwas zu gleichen, was auch für die Echtheit der Aufschrift eine günstige Stimmung erweckt.
Ferner zeigt man zu Urbino in der Sacristey des Kirch- leins S. Andrea ein rundes Bild auf Holz, welches Raphael noch in der Schule seines Vaters gemalt haben soll: eine heilige Familie, S. Joseph eingeschlossen. In diesem Bilde glaubt Herr Metzger, bey den jugendlichsten Unvollkommen- heiten, doch den Genius Raphaels und sogar bestimmte, in späterer Zeit wiedereingekehrte Eigenthümlichkeiten, besonders der Färbung, wahrgenommen zu haben.
abgeſaͤgt und gegenwaͤrtig in der Wohnung der Familie Sa- lozio, wenn ich den Namen richtig ſchreibe; in einem anderen Hauſe derſelbe Gegenſtand a Tempera; endlich in S. Francesco ein Altarblatt, Maria auf dem Throne, umgeben von vier Heiligen, Johannes B., Franciscus, Sebaſtian und Hierony- mus. Neben dem letzten knieet angeblich die Familie des Sanzio, der kleine Raphael zur Seite der Mutter. Vielleicht war das Gemaͤlde ein Geſchenk des Kuͤnſtlers an das unver- moͤgende Kloſter, was ihm das Recht geben konnte, ſeine Fa- milie darin einzufuͤhren.
Durch eigene Beſichtigung wurden mir zwey Gemaͤlde von ungleichem Verdienſte, doch aͤhnlichem, bleygrauem Tone bekannt, beide mit Aufſchriften. Deren eine, auf einem Bilde der oͤffentlichen Gallerie zu Mayland, iſt freylich an vielen Stellen unreinlich nachgeholt und lautet verdaͤchtig, wie folgt: IOHANNES SANTIS VRB. P. Die Charaktere der an- deren, auf dem ungleich ſchoͤneren Bilde der koͤnigl. Gallerie zu Berlin, Nro. 215 der erſten Abtheilung, haben ein aͤchte- res Anſehn; auch ſcheint der anmuthsvolle Knabe zur Rech- ten in ſeinem Hemdchen den ſpaͤteren Bildniſſen Raphaels in etwas zu gleichen, was auch fuͤr die Echtheit der Aufſchrift eine guͤnſtige Stimmung erweckt.
Ferner zeigt man zu Urbino in der Sacriſtey des Kirch- leins S. Andrea ein rundes Bild auf Holz, welches Raphael noch in der Schule ſeines Vaters gemalt haben ſoll: eine heilige Familie, S. Joſeph eingeſchloſſen. In dieſem Bilde glaubt Herr Metzger, bey den jugendlichſten Unvollkommen- heiten, doch den Genius Raphaels und ſogar beſtimmte, in ſpaͤterer Zeit wiedereingekehrte Eigenthuͤmlichkeiten, beſonders der Faͤrbung, wahrgenommen zu haben.
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[23/0045]
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ein Altarblatt, Maria auf dem Throne, umgeben von vier
Heiligen, Johannes B., Franciscus, Sebaſtian und Hierony-
mus. Neben dem letzten knieet angeblich die Familie des
Sanzio, der kleine Raphael zur Seite der Mutter. Vielleicht
war das Gemaͤlde ein Geſchenk des Kuͤnſtlers an das unver-
moͤgende Kloſter, was ihm das Recht geben konnte, ſeine Fa-
milie darin einzufuͤhren.
Durch eigene Beſichtigung wurden mir zwey Gemaͤlde
von ungleichem Verdienſte, doch aͤhnlichem, bleygrauem Tone
bekannt, beide mit Aufſchriften. Deren eine, auf einem Bilde
der oͤffentlichen Gallerie zu Mayland, iſt freylich an vielen
Stellen unreinlich nachgeholt und lautet verdaͤchtig, wie folgt:
IOHANNES SANTIS VRB. P. Die Charaktere der an-
deren, auf dem ungleich ſchoͤneren Bilde der koͤnigl. Gallerie
zu Berlin, Nro. 215 der erſten Abtheilung, haben ein aͤchte-
res Anſehn; auch ſcheint der anmuthsvolle Knabe zur Rech-
ten in ſeinem Hemdchen den ſpaͤteren Bildniſſen Raphaels in
etwas zu gleichen, was auch fuͤr die Echtheit der Aufſchrift
eine guͤnſtige Stimmung erweckt.
Ferner zeigt man zu Urbino in der Sacriſtey des Kirch-
leins S. Andrea ein rundes Bild auf Holz, welches Raphael
noch in der Schule ſeines Vaters gemalt haben ſoll: eine
heilige Familie, S. Joſeph eingeſchloſſen. In dieſem Bilde
glaubt Herr Metzger, bey den jugendlichſten Unvollkommen-
heiten, doch den Genius Raphaels und ſogar beſtimmte, in
ſpaͤterer Zeit wiedereingekehrte Eigenthuͤmlichkeiten, beſonders
der Faͤrbung, wahrgenommen zu haben.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/45>, abgerufen am 16.02.2025.
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