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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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tionen, bey steigenden Hülfsmitteln aller Art, nur sich ver-
jüngt habe, also keinem fremden Vorbilde nachgeahmt sey.
Auf der anderen Seite ist es jedoch gleich wahrscheinlich,
daß, bey großer Lebhaftigkeit des levantischen Handels, der
Kreuzzüge nicht zu gedenken, den westlichen Europäern in vie-
len neugriechischen Kirchen die hervorragende Kuppel, oder
das Sinnbildliche ihrer Stellung über dem Hauptaltare, ge-
fallen und sie zur Nachahmung gereizt habe.

Indeß versichert uns Vasari, *) der Dom zu Pisa sey
nach den Entwürfen eines Griechen aus Dulicchio gebaut
worden.

An der Vorseite des Domes zu Pisa befindet sich zur
Linken der Hauptthüre eine Denkschrift in eigener Einfassung
und in kleineren Buchstaben, welche das mechanische, sey es
Genie, oder Wissen eines sonst ganz unbekannten Busketus
anpreiset. Es wird darin gerühmt, daß er Säulen von gro-
ßer Schwere durch mechanische Kräfte mit Leichtigkeit be-
wegt und an ihre Stelle versetzt habe. Im Fortgang aber
wird auch eine Kriegesthat angeführt, sonst weder das Va-
terland, noch genau das Zeitalter. **) Denn es entspringt
die Behauptung, daß Busketus, oder, wie Vasari den Na-
men schreibt, Buschetto, ein Grieche sey, aus dem Mißver-
ständniß der Vergleichung des Künstlers mit dem Ulysses zu

*) Vas . ed. P. cc. p. 78. -- Questo tempio, il quale fu fatto
con ordine e disegno di Buschetto Greco da Dulicchio, architettore
di quell' eta rarissimo. --
**) S. Morrona, la Pisa ill. To. I. Ed. sec. p. 122., wo indeß
die Andeutung der Abkürzungen mangelhaft und die ersten, beschädigten
Verse nicht durchaus znverlässig sind. Die letzten Zeilen: Explendis
a fine decem de mense diebus, Septembris gaudens deserit exilium.

tionen, bey ſteigenden Huͤlfsmitteln aller Art, nur ſich ver-
juͤngt habe, alſo keinem fremden Vorbilde nachgeahmt ſey.
Auf der anderen Seite iſt es jedoch gleich wahrſcheinlich,
daß, bey großer Lebhaftigkeit des levantiſchen Handels, der
Kreuzzuͤge nicht zu gedenken, den weſtlichen Europaͤern in vie-
len neugriechiſchen Kirchen die hervorragende Kuppel, oder
das Sinnbildliche ihrer Stellung uͤber dem Hauptaltare, ge-
fallen und ſie zur Nachahmung gereizt habe.

Indeß verſichert uns Vaſari, *) der Dom zu Piſa ſey
nach den Entwuͤrfen eines Griechen aus Dulicchio gebaut
worden.

An der Vorſeite des Domes zu Piſa befindet ſich zur
Linken der Hauptthuͤre eine Denkſchrift in eigener Einfaſſung
und in kleineren Buchſtaben, welche das mechaniſche, ſey es
Genie, oder Wiſſen eines ſonſt ganz unbekannten Buſketus
anpreiſet. Es wird darin geruͤhmt, daß er Saͤulen von gro-
ßer Schwere durch mechaniſche Kraͤfte mit Leichtigkeit be-
wegt und an ihre Stelle verſetzt habe. Im Fortgang aber
wird auch eine Kriegesthat angefuͤhrt, ſonſt weder das Va-
terland, noch genau das Zeitalter. **) Denn es entſpringt
die Behauptung, daß Buſketus, oder, wie Vaſari den Na-
men ſchreibt, Buſchetto, ein Grieche ſey, aus dem Mißver-
ſtaͤndniß der Vergleichung des Kuͤnſtlers mit dem Ulyſſes zu

*) Vas . ed. P. cc. p. 78. — Questo tempio, il quale fu fatto
con ordine e disegno di Buschetto Greco da Dulicchio, architettore
di quell’ età rarissimo. —
**) S. Morrona, la Pisa ill. To. I. Ed. sec. p. 122., wo indeß
die Andeutung der Abkürzungen mangelhaft und die erſten, beſchädigten
Verſe nicht durchaus znverläſſig ſind. Die letzten Zeilen: Explendis
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[203/0225] tionen, bey ſteigenden Huͤlfsmitteln aller Art, nur ſich ver- juͤngt habe, alſo keinem fremden Vorbilde nachgeahmt ſey. Auf der anderen Seite iſt es jedoch gleich wahrſcheinlich, daß, bey großer Lebhaftigkeit des levantiſchen Handels, der Kreuzzuͤge nicht zu gedenken, den weſtlichen Europaͤern in vie- len neugriechiſchen Kirchen die hervorragende Kuppel, oder das Sinnbildliche ihrer Stellung uͤber dem Hauptaltare, ge- fallen und ſie zur Nachahmung gereizt habe. Indeß verſichert uns Vaſari, *) der Dom zu Piſa ſey nach den Entwuͤrfen eines Griechen aus Dulicchio gebaut worden. An der Vorſeite des Domes zu Piſa befindet ſich zur Linken der Hauptthuͤre eine Denkſchrift in eigener Einfaſſung und in kleineren Buchſtaben, welche das mechaniſche, ſey es Genie, oder Wiſſen eines ſonſt ganz unbekannten Buſketus anpreiſet. Es wird darin geruͤhmt, daß er Saͤulen von gro- ßer Schwere durch mechaniſche Kraͤfte mit Leichtigkeit be- wegt und an ihre Stelle verſetzt habe. Im Fortgang aber wird auch eine Kriegesthat angefuͤhrt, ſonſt weder das Va- terland, noch genau das Zeitalter. **) Denn es entſpringt die Behauptung, daß Buſketus, oder, wie Vaſari den Na- men ſchreibt, Buſchetto, ein Grieche ſey, aus dem Mißver- ſtaͤndniß der Vergleichung des Kuͤnſtlers mit dem Ulyſſes zu *) Vas . ed. P. cc. p. 78. — Questo tempio, il quale fu fatto con ordine e disegno di Buschetto Greco da Dulicchio, architettore di quell’ età rarissimo. — **) S. Morrona, la Pisa ill. To. I. Ed. sec. p. 122., wo indeß die Andeutung der Abkürzungen mangelhaft und die erſten, beſchädigten Verſe nicht durchaus znverläſſig ſind. Die letzten Zeilen: Explendis a fine decem de mense diebus, Septembris gaudens deserit exilium.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/225>, abgerufen am 29.11.2024.