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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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den eigentlichen Körper, den Haupttheil des Ganzen zu bil-
den scheint, zur nothdürftigen Bezeichnung und Andeutung
des geheiligten Mittelpunktes eingeschwunden war.

Von Herrn Professor Hübsch zu Frankfurth erhielt ich,
kurz nach Beendigung seiner fruchtbaren Reise durch Grie-
chenland
, die Seitenansicht einer Kirche in den Umgebungen
von Athen, mit dem Bedeuten, daß in jenen Gegenden die-
selbe Anlage sich häufig wiederhole. In der Mitte des Ge-
bäudes erhebt sich eine Kuppel von geringem Durchmesser
auf einer Trommel, welche über die Seitentheile ansehnlich
erhöht und durch angelehnte, vielleicht antike, Säulen geziert
ist. Kirchen von dieser Anlage werden, vornehmlich wenn sie
viele Fragmente antiker Bauwerke enthalten, im Durchschnitt
einer älteren Epoche des Mittelalters beyzumessen seyn. *)
Hingegen gehören solche, in denen auch die Seitentheile über-
wölbt sind, wahrscheinlich den späteren, schon ungleich mehr
barbarisirten Jahrhunderten. Ein Beispiel dieser letzten Art
zu Misitra. **)

Dieser Gebrauch des vorgerückten griechischen Mittelal-

*) Spon, voyage etc. T. II. p. 77. vom Kloster des heil. Lu-
cas, unweit des alten Stiri: "l'Eglise est bien batie en croix Grecque,
avec un Dome mediocre au milieu --"
Romanus Sohn Constantin VII.
habe sie gegründet. Spon sah: une vieille pancarte, qui parloit de
cette fondation.
**) S. Chateaubriand, Itin. de Jerusalem, Vol. 1. 1811. p.
97. s. -- "Misitra -- eglise de l'archeveche -- Quant a l'architec-
ture, ce sont des domes plus ou moins ecrases, plus ou moins mul-
tiplies. Cette cathedrale a pour sa part sept de ces domes."
Vgl.
Willmann, travels, und Olivier, über ein Kloster in Chios. Mit
Ausnahme des Mariti, lassen die levantischen Reisenden den Grundriß,
auf welchen es ankommt, ganz aus den Augen.
13 *

den eigentlichen Koͤrper, den Haupttheil des Ganzen zu bil-
den ſcheint, zur nothduͤrftigen Bezeichnung und Andeutung
des geheiligten Mittelpunktes eingeſchwunden war.

Von Herrn Profeſſor Huͤbſch zu Frankfurth erhielt ich,
kurz nach Beendigung ſeiner fruchtbaren Reiſe durch Grie-
chenland
, die Seitenanſicht einer Kirche in den Umgebungen
von Athen, mit dem Bedeuten, daß in jenen Gegenden die-
ſelbe Anlage ſich haͤufig wiederhole. In der Mitte des Ge-
baͤudes erhebt ſich eine Kuppel von geringem Durchmeſſer
auf einer Trommel, welche uͤber die Seitentheile anſehnlich
erhoͤht und durch angelehnte, vielleicht antike, Saͤulen geziert
iſt. Kirchen von dieſer Anlage werden, vornehmlich wenn ſie
viele Fragmente antiker Bauwerke enthalten, im Durchſchnitt
einer aͤlteren Epoche des Mittelalters beyzumeſſen ſeyn. *)
Hingegen gehoͤren ſolche, in denen auch die Seitentheile uͤber-
woͤlbt ſind, wahrſcheinlich den ſpaͤteren, ſchon ungleich mehr
barbariſirten Jahrhunderten. Ein Beiſpiel dieſer letzten Art
zu Miſitra. **)

Dieſer Gebrauch des vorgeruͤckten griechiſchen Mittelal-

*) Spon, voyage etc. T. II. p. 77. vom Kloſter des heil. Lu-
cas, unweit des alten Stiri: „l’Eglise est bien bâtie en croix Grecque,
avec un Dôme médiocre au milieu —“
Romanus Sohn Conſtantin VII.
habe ſie gegründet. Spon ſah: une vieille pancarte, qui parloit de
cette fondation.
**) S. Chateaubriand, Itin. de Jérusalem, Vol. 1. 1811. p.
97. s. — „Misitra — église de l’archeveché — Quant à l’architec-
ture, ce sont des dômes plus ou moins écrasés, plus ou moins mul-
tipliés. Cette cathédrale a pour sa part sept de ces dômes.“
Vgl.
Willmann, travels, und Olivier, über ein Kloſter in Chios. Mit
Ausnahme des Mariti, laſſen die levantiſchen Reiſenden den Grundriß,
auf welchen es ankommt, ganz aus den Augen.
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[195/0217] den eigentlichen Koͤrper, den Haupttheil des Ganzen zu bil- den ſcheint, zur nothduͤrftigen Bezeichnung und Andeutung des geheiligten Mittelpunktes eingeſchwunden war. Von Herrn Profeſſor Huͤbſch zu Frankfurth erhielt ich, kurz nach Beendigung ſeiner fruchtbaren Reiſe durch Grie- chenland, die Seitenanſicht einer Kirche in den Umgebungen von Athen, mit dem Bedeuten, daß in jenen Gegenden die- ſelbe Anlage ſich haͤufig wiederhole. In der Mitte des Ge- baͤudes erhebt ſich eine Kuppel von geringem Durchmeſſer auf einer Trommel, welche uͤber die Seitentheile anſehnlich erhoͤht und durch angelehnte, vielleicht antike, Saͤulen geziert iſt. Kirchen von dieſer Anlage werden, vornehmlich wenn ſie viele Fragmente antiker Bauwerke enthalten, im Durchſchnitt einer aͤlteren Epoche des Mittelalters beyzumeſſen ſeyn. *) Hingegen gehoͤren ſolche, in denen auch die Seitentheile uͤber- woͤlbt ſind, wahrſcheinlich den ſpaͤteren, ſchon ungleich mehr barbariſirten Jahrhunderten. Ein Beiſpiel dieſer letzten Art zu Miſitra. **) Dieſer Gebrauch des vorgeruͤckten griechiſchen Mittelal- *) Spon, voyage etc. T. II. p. 77. vom Kloſter des heil. Lu- cas, unweit des alten Stiri: „l’Eglise est bien bâtie en croix Grecque, avec un Dôme médiocre au milieu —“ Romanus Sohn Conſtantin VII. habe ſie gegründet. Spon ſah: une vieille pancarte, qui parloit de cette fondation. **) S. Chateaubriand, Itin. de Jérusalem, Vol. 1. 1811. p. 97. s. — „Misitra — église de l’archeveché — Quant à l’architec- ture, ce sont des dômes plus ou moins écrasés, plus ou moins mul- tipliés. Cette cathédrale a pour sa part sept de ces dômes.“ Vgl. Willmann, travels, und Olivier, über ein Kloſter in Chios. Mit Ausnahme des Mariti, laſſen die levantiſchen Reiſenden den Grundriß, auf welchen es ankommt, ganz aus den Augen. 13 *

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/217>, abgerufen am 30.11.2024.